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Bamberg: Kirchenaustritte steigen "signifikant" - "Verunsicherung und Wut" nach Missbrauchsgutachten


Autor: Isabel Schaffner, Agentur dpa

Bamberg, Donnerstag, 27. Januar 2022

Die Stadt Bamberg erlebte in den vergangenen Jahren eine steigende Anzahl an Austritten aus der katholischen Kirche. Das Missbrauchsgutachten für die Erzdiözese München und Freising heizt diese Entwicklung nun weiter an.
Das Erzbistum Bamberg berichtet nach der Veröffentlichung des Münchner Missbrauchsgutachtens von Enttäuschung und Ärger unter den Gläubigen. Im Januar 2022 sind in Bamberg ungewöhnlich viele Katholiken aus der Kirche ausgetreten.


Die katholische Kirche geriet in der Vergangenheit schon wegen einigen Gutachten zu sexuellem Missbrauch in die öffentliche Kritik. Eine Begleiterscheinung sind Verluste in der Gemeinschaft der Kirchenmitglieder. Das Missbrauchsgutachten für die Erzdiözese München und Freising vom Donnerstag (20. Januar 2022) setzt diesem Negativtrend einen erneuten Schub.

Für die fränkischen Kommunen wird die Flut an Austrittswünschen seit der Veröffentlichung des Gutachtens zur Herausforderung. Auch die Stadt Bamberg erlebt einen deutlichen Anstieg an Kirchenaustritten. 

Bamberg: Über 70 katholische Kirchenaustritte im Januar 2022 - deutliche Steigerung

Wie die Stadt Bamberg am Dienstag (25. Januar 2022) mitteilt, sind nach dem 20. Januar 21 Menschen aus der Kirche ausgetreten, davon 17 katholische. "Die Anfragen nach Terminen für einen Kirchenaustritt sind seit Montag (24. Januar 2022) deutlich gestiegen. Bis Ende Januar wurden bisher weitere 15 Termine vereinbart", heißt es weiter. 

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Insgesamt verzeichnete die Stadt im Januar bereits 83 Kirchenaustritte, 71 davon aus der katholischen Konfession. "Auch das ist signifikant mehr als in den Vorjahren." Wie eine Statistik aus den vergangenen Jahren zeigt, fanden 2011 noch 199 Austritte aus der katholischen Kirche statt, 2017 waren es schon 334 und 2021 642. Vergangenes Jahr belastete ein Missbrauchsgutachten das Erzbistum Köln, in dem von hunderten Missbrauchsopfern und Beschuldigten die Rede war.

Laut dem aktuellen Münchner Missbrauchsgutachten sollen Fälle von sexuellem Missbrauch in der Diözese über Jahrzehnte nicht angemessen behandelt worden sein. Dazu wird dem ehemaligen Erzbischof Friedrich Wetter und dem heute emeritierten Papst Benedikt XVI. Joseph Ratzinger konkretes und persönliches Fehlverhalten in mehreren Fällen vorgeworfen.

Erzbistum Bamberg nimmt "Verunsicherung und Wut" wahr - eigenes Gutachten angekündigt

"Nach der Veröffentlichung des Münchner Gutachtens haben wir bei den Gläubigen verständlicherweise erhebliche Verunsicherung und auch Enttäuschung sowie Ärger und Wut wahrgenommen", teilt Harry Luck, Presseprecher des Erzbistums Bamberg, inFranken.de mit. 

Die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs in der Erzdiözese Bamberg werde ebenfalls einen Auftrag zur Erstattung eines Gutachtens erteilen, heißt es. Es könnten allerdings noch keine genauen Angaben zum Auftraggeber und genauen Inhalt des Auftrags gemacht werden, denn noch viele Detailfragen müssten geklärt werden. 

"Dabei fließen auch die Erkenntnisse aus bereits erstatteten Gutachten mit ein. Wir gehen davon aus, dass diese Fragen in der ersten Jahreshälfte 2022 geklärt werden und dann ein konkreter Auftrag erteilt werden kann. Mit der Präsentation des Gutachtens wird daher frühestens 2023 zu rechnen sein", erklärt der Sprecher des Bamberger Erzbistums.