Bamberg hofft mit Schaeffler auf den nächsten Weltkonzern
Autor: Michael Wehner
Bamberg, Mittwoch, 02. April 2014
Die Brose-Gruppe beginnt im Mai an der Breitenau mit den Bauarbeiten. Und schon hat die Stadt den nächsten "Fisch" am Haken: Schaeffler. Die Aussichten, dass im ehemaligen Munitionsdepot ein riesiges Logistikzentrum des fränkischen Weltkonzerns gebaut wird, stehen gut. Doch nicht alle freuen sich.
Die Amerikaner sind nach 69 Jahren sichtbar auf dem Rückzug, große Teile der Bamberger Kaserne ähneln bereits einer Geisterstadt. Und auch im Rathaus wird es langsam konkret: Bebauungsplan Nr. 249 ist das planerische Symbol für den Startschuss in die Konversion. Es geht um 260 Hektar Fläche im Osten der Stadt - die ehemalige Muna, den Schießplatz der Amerikaner und den Umgriff des Gewerbeparks "Geisfelder Straße".
Projekt für über 100 Millionen
Anfang März hat der Konversionssenat den Aufstellungsbeschluss für die Nummer 249 getroffen. Ein Jahr soll es dauern, bis Baurecht besteht. Dabei geht es um mehr als die Neuausrichtung eines für die meisten Bamberger unbekannten ehemaligen Munitionsdepots von enormer Fläche: Treibsatz der Entwicklung ist vor allem die Chance Bambergs, nach der Brose-Gruppe einen weiteren Konzern an Land zu ziehen, der in Bamberg plant, eine dreistellige Millionensummen zu investieren.
Harald Lang vom Konversionsamt ist in die Verhandlungen mit dem Zuliefergiganten aus Herzogenaurach eingebunden. Nach dem Weggang des früheren Vorstandsschefs bei Schaeffler, Jürgen Geißinger, war es eine Zeit lang ruhig in Bamberg. Niemand wusste, ob es bei den Plänen für das Logistikzentrum bleiben würde. Doch mittlerweile hat sich der Zug wieder in Bewegung gesetzt. Die Schaeffler-Dependance könnte auf 15 Hektar Fläche im mittleren Teil der "Muna" entstehen.
Freilich. Bamberg ist nicht die einzige Stadt, die sich Hoffnung macht, das Rennen für sich zu entscheiden. Auch Kitzingen und Erfurt haben sich darum beworben, die Warendrehscheibe des Konzerns zu erhalten. Von ihr aus sollen die Schaeffler-Kunden, Automobilhersteller in ganz Mitteleuropa, auf Knopfdruck und "just in Time", wie es in der Logistikbranche heißt, bedient werden.
Ein solches Logistikzentrum mit seinen großen Hallen und den Zufahrten für die an- und abfahrenden Lastkraftwagen, braucht vor allem eines: viel Platz. Aber es steckt auch voller Technik, wie Lang erklärt. "Hier entstehen 150 bis 200 hochqualifizierte Arbeitsplätze, denn diese Technik muss von Spezialisten bedient werden."
Bamberg oder Kitzingen?
Wie groß sind die Chancen Bambergs auf den Zuschlag? In der Stadtverwaltung hat sich der Eindruck verdichtet, dass Erfurt mittlerweile aus dem Rennen ist und auch Schweinfurt, wo sich bereits Konzernteile befinden, nicht zum Zug kommen wird. Zwar lässt sich die Schaeffler AG nicht in die Karten schauen und unsere Anfrage blieb unbeantwortet. Andererseits gibt es klare logistikfachliche Gesichtspunkte für eine Standortentscheidung. "Es geht letztlich um die beste Erreichbarkeit der Lieferstandorte", sagt Lang.
Für die Verwaltung wäre eine Ansiedlung Schaefflers nicht nur wegen damit verbundenen Arbeitsplätze, der steigenden Kaufkraft und der Aussichten auf zusätzliche Gewerbesteuereinnahmen ein Segen. "Schaeffler kann auch der Türöffner für die gesamte Konversion sein", sagt Ruth Vollmar vom Amt für Wirtschaft. Langfristig gesehen gehe es nicht allein um Schaeffler sondern um die gesamte industrielle Entwicklung in Bamberg. Die Stadt habe seit Jahren keinen ausreichenden Platz, um die Wünsche der heimischen Betriebe nach neuen, vor allem auch günstigen Flächen zu bedienen, weiß die Leiterin der Wirtschaftförderung,. "Wir haben jetzt schon genug Anfragen, um 20 Hektar zu füllen", sagt Vollmar.
Umweltverträglicher Ausbau
In dieser Situation kommt die Konversion wie gerufen. Der Flächennutzungsplan sieht annähernd 100 Hektar für Gewerbe vor, wo sich heute noch Schießplatz und Muna befinden. Laut Harald Lang ist dies sogar umweltverträglich möglich.
Doch auf Versprechen wollen sich die Naturschützer nicht mehr verlassen. Heinz Jung vom Bund Naturschutz fordert ein gesamtes Flächenkonzept für die 450 Hektar großen US-Flächen. Es soll sicher stellen, dass der Naturschutz nicht wieder leer ausgeht, wie zuletzt beim Flugplatz an der Breitenau der Fall. Dort hatte unter anderen die Regierung von Oberfranken eine Ausweisung der als hochwertigen Rasenflächen betrieben. Doch es kam nicht dazu, obwohl ein Schutzgebiet den Ausbau der Landebahn nicht gefährdet hätte.
Auch Giftgas war hier gelagert
Ungeachtet dessen wird man auch bei der Muna sehr genau hinsehen müssen. Einer der besten Kenner des Gebiets ist der in US-Diensten stehende Bamberger Helmut Weis. Weis hofft dass sich die Pläne von Schaeffler, zerschlagen, weil er fürchtet, dass genau dort, wo bereits Probebohrungen stattgefunden haben, ein Idyll zerstört wird. "Die Muna ist ein echtes Paradies für Tiere und Pflanzen."
Das nebenbei auch beachtliche historische Hinterlassenschaften birgt. So war es Willy Messerschmitt, der geniale Flugzeugkonstukteur aus Bamberg, der auf der Muna seine Messerschmitt Flugzeugbau GmbH betrieb und sein erstes Flugzeug entwickelte. "Seit den 20er Jahren hat sich wenig verändert.", sagt Weis.
Freilich: Die Muna gilt auch als hochgradig altlastenverseucht. Sie wurde im Krieg bombadiert, überall könnten Blindgänger und Muntitionsreste stecken. Zudem ist bekannt, dass alle möglichen Sorten von Kampfmitteln hier gelagert wurden, auch Nervengift. "Drei Bunker waren voll bis oben mit Granaten", sagt Weis. Wohin die Kampfmittel nach 1947 gebracht wurde, ist nicht bekannt.
