Bamberg gegen Hallstadt: Handelsstreit um Decathlon und Ertl geht in die nächste Runde
Autor: Sebastian Schanz
Hallstadt, Freitag, 06. November 2020
Im Handelsstreit zwischen Bamberg und Hallstadt bestätigt das Bundesverwaltungsgericht die Auffassung Bambergs. Stein des Anstoßes ist der Bebauungsplan rund ums Ertl-Zentrum - und speziell der Sportladen Decathlon.
HallstadtVorhang auf für den nächsten Akt in der Lokalposse um einen kommunalen Nachbarschaftsstreit. In den Hauptrollen: Bamberg und Hallstadt. Ob es der letzte Akt sein wird, ist noch offen. Ein Happy-End ist jedoch nicht in Sicht.
Das durch die Stadt Bamberg im Jahr 2017 eingeleitete Verfahren zur Überprüfung des Hallstadter Bebauungsplans "Neuordnung Ertl-Zentrum" habe nunmehr seinen rechtskräftigen Abschluss gefunden, schreibt die Bamberger Pressestelle. Ergebnis: Der angegriffene Bebauungsplan der Stadt Hallstadt ist unwirksam. "Die Auffassung der Stadt Bamberg, dass der Hallstadter Plan berücksichtigungswürdige Interessen der Nachbarkommune im Hinblick auf die Bamberger Einzelhändler nicht ordnungsgemäß abbildet, wurde damit sowohl auf Landes- wie auch auf Bundesebene in vollem Umfang bestätigt", heißt es von Bamberger Seite freudig. Es folgt ein Hinweis, der in Hallstadt Zähneknirschen verursachen dürfte: "Trotz des juristischen Erfolgs setzt die Stadt Bamberg auch in Zukunft auf gut nachbarschaftliche Beziehungen zu Hallstadt und bietet den Dialog ausdrücklich an", sagt Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD).
Auf Hallstadter Seite zeigt sich Bürgermeister Thomas Söder (CSU) unbeeindruckt von der Gerichtsentscheidung. Er ärgert sich eher über die "geschönten Formulierungen" in der städtischen Pressemitteilung. "Das Ganze ist ein bisschen wie das Hornberger Schießen. Das ist vielleicht für Juristen oder die eigene Eitelkeit wichtig. Mehr aber auch nicht", frotzelt Söder.
Was bedeutet das Urteil für Hallstadt? "Es bedeutet vom Ergebnis her nichts, weil der Bestand ist da", antwortet Söder. Er meint damit das Ertl-Zentrum und den Sportriesen Decathlon, die ja nun mal faktisch stehen und wo die Kunden ein- und ausgehen, um zum Beispiel Klimmzugstangen zu kaufen - unbeeindruckt von den juristischen Muskelspielen. "Dementsprechend wird sich weder für die Kunden noch für die Eigentümerfamilie etwas ändern." Söders Argumentation: Die Unwirksamkeit des neuen Bebauungsplanes habe auf die bestehenden Hallstadter Läden keine negativen Auswirkungen. Im Gegenteil: Nun gelte wieder der alte Bebauungsplan - und der biete der Unternehmerfamilie Ertl theoretisch weitaus mehr Möglichkeiten als der alte.
"Das ist für die Stadt Bamberg ein Pyrrhussieg", schlussfolgert der Hallstadter Bürgermeister. "Die Firma Ertl hat jetzt wieder mehr Baurechte als zuvor." Und er und seine Kommune hätten durch das Urteil keinerlei "Bedürfnis, etwas zu ändern". Vielmehr entstehe nun wieder mehr Unsicherheit, die Hallstadt durch den neuen Bebauungsplan habe abstellen wollen. Es gebe momentan wirklich wichtigere Probleme. "Es wird auch von unserer Seite keine Revanche geben. Man wird von uns zum Beispiel keine Klage gegen das Atrium erleben, auch wenn wir das könnten. Das ist nicht unser Stil."
Der Auslöser für den Streit
Die juristischen Hintergründe und Einzelheiten des Streits und des neuerlichen Urteils sind kompliziert. Im Kern geht es darum, dass Bamberg es nicht gern sah, dass in Hallstadt ein großes Einkaufszentrum inklusive Sportartikelriese wächst und mutmaßlich noch mehr Kunden aus der Bamberger Innenstadt zieht. In Bamberger Wirtschaftskreisen ist es ein offenes Geheimnis, dass Decathlon zunächst auf Bamberger Seite des Laubangers ansiedeln wollte, aber von der Stadt abgelehnt wurde. Mit Hinweis auf die Innenstadt. Ein paar hundert Meter weiter in Hallstadt hat man den Riesen mit offenen Armen empfangen. Hallstadt und Bamberg stritten sich - juristisch.
Bereits im November des vergangenen Jahres hatte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof als höchstes Verwaltungsgericht im Freistaat mit seinem Urteil festgestellt, dass der beanstandete Hallstadter Bebauungsplan zum Ertl-Zentrum nicht mit den Zielen der Landesplanung vereinbar sei. Insbesondere seien Kaufkraftabflüsse für den Bamberger Handel nicht ordnungsgemäß durch die Stadt Hallstadt ermittelt und in die Planungserwägungen eingebracht worden.
"Die Stadt Bamberg hatte Klage gegen genehmigte Nutzungsänderungen im dortigen Fachmarktzentrum erhoben", erklärt die Stadt - und lässt eine Art Mahnung folgen: "Angesichts der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts können diese Baugenehmigungen keinen Bestand haben." Wie OB Starke mitteilt, will die Stadt Bamberg nun im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft Bamberg, Bischberg, Hallstadt, Hirschaid "über die weitere Vorgehensweis beraten". Juristische Klarheit sei nun geschaffen worden, und es gelte weiterhin, die Innenstädte zu schützen und "den Dialog innerhalb der kommunalen Familie zu verbessern", so der Bamberger Oberbürgermeister.
Die Formulierungen deuten an, dass der Streit weitergeht. Welche Auswirkungen der Richterspruch haben wird und welche juristischen Folgeprozesse dieser nach sich ziehen könnte, ist weiter offen. Wir werden die Entwicklungen in den kommenden Wochen weiter beobachten.