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Bamberg: Bewährungsstrafe für Facebook-Hetzer


Autor: Anna Lienhardt

Bamberg, Dienstag, 01. März 2016

Das Amtsgericht verurteilte einen 37-jährigen Mann zu drei Monaten auf Bewährung, weil er in einem Post öffentlich gegen Asylbewerber gehetzt hatte.
Auch für Facebook gilt: Meinungsbeiträge sind erlaubt, doch an die Gesetze müssen sich User trotzdem halten. Symbolbild: dpa


Es waren zwei komplett unterschiedliche Forderungen, und das Ergebnis fiel noch einmal anders aus: Staatsanwältin Kathrin Thal wollte dem Angeklagten eine Geldstrafe von 95 Tagessätzen zu je 25 Euro und die Verfahrenskosten auferlegen.

Der Verteidiger von Kevin D. (Name geändert) plädierte dagegen auf Freispruch: Das Verhalten seines Mandanten erfülle nicht den Tatbestand der Volksverhetzung, argumentierte der Rechtsanwalt Jörg Händler.
Das sah Richter Klaus Schaffranek anders: Es liege ein klares Bild vor, "weit weg von dem, was die Verteidigung ausführt". Der Angeklagte sei der Volksverhetzung schuldig. Worum geht es genau?

Auf der Facebook-Seite "Bamberg wehrt sich - Asylmissbrauch nein Danke" war am 17. Juni 2015 ein Video eingestellt.

Es thematisierte die Vergewaltigung einer 21-Jährigen durch zwei Asylbewerber in Hessen. Die Männer wurden laut Medienberichten zu jeweils siebeneinhalb Jahren Haft verurteilt.

Die Bamberger Staatsanwaltschaft warf Kevin D. nun vor, in einem schriftlichen Kommentar zu dem Video die Asylsuchenden öffentlich als "schwarze Affen" bezeichnet und dazu aufgefordert zu haben, diese zu "erschießen".

Kevin D. hatte an einem vorausgegangenen Prozesstag bereits ein Geständnis abgelegt. Sein Anwalt merkte gestern vor dem Bamberger Amtsgericht an: "Dieser Post war eine Dummheit, ist aber nicht strafbar." Für den Straftatbestand der Volksverhetzung brauche es mehr als einen einmaligen Beitrag. "Nachhaltig war hier gar nichts, es gab auch kein energisches Anstiften", sagte Verteidiger Jörg Händler.

Sein Mandant ist mehrfach wegen Körperverletzungsdelikten vorbestraft, die bereits acht Jahre zurückliegen und nicht mit dem aktuellen Prozess zusammenhängen. Der Anwalt betonte: Kevin D. "gehört keiner nationalistischen Gruppierung an".


Geldstrafe "nicht ausreichend"

Zwar sagte auch Richter Schaffranek an den Angeklagten gewandt: "Ich gehe davon aus, dass Sie in Zukunft straffrei bleiben und aus dem Ganzen lernen." Doch er stellte gleich klar: "Eine Geldstrafe ist hier nicht ausreichend." Seine Urteilsbegründung fiel "im Lichte der aktuellen Entwicklungen" relativ ausführlich aus.
Gerade in Zeiten, in denen jeder glaube, im Internet alles zu dürfen, müsse ein klares Signal gesetzt werden. "Niemand verbietet Ihnen eine zulässige politische Meinung", so Schaffranek, "aber wenn Sie die Dinge zuspitzen wollen, überlegen Sie, was Sie sagen wollen. Es gibt keine grenzenlose Meinungsfreiheit. Sie findet ihre Schranken in den allgemeinen Gesetzen."

Der Angeklagte habe mit seiner Äußerung die beiden afrikanischen Asylbewerber herabgewürdigt und zu "Willkürmaßnahmen" aufgerufen: "Sie haben Lynchjustiz und die Todesstrafe gefordert." Zwar dürfe man generell darüber diskutieren, "ob es die Todesstrafe geben darf/ muss/ kann". Doch darum sei es bei der Äußerung von Kevin D. gar nicht gegangen - sondern um "sofortige Lynchjustiz" ohne rechtsstaatliches Eingreifen.

Der Angeklagte habe die afrikanischen Asylbewerber mit "Affen" gleichgesetzt und mit dieser "bösartigen Beschimpfung" die Menschenwürde angegriffen. Der Richter, selbst Facebook-Nutzer, stellte fest: Gerade in Internetnetzwerken sei man in der öffentlichen Diskussion häufig mit ähnlichem Verhalten konfrontiert. "Es kommt zum Verlust moralischer und sittlicher Grenzen. Es ist ein Überbietungswettbewerb", sagte Schaffranek.

Er verurteilte den 37-Jährigen aus dem Landkreis Bamberg nicht nur zu einer dreimonatigen Bewährungsstrafe mit einer Bewährungszeit von drei Jahren. Der Angeklagte trägt auch die Kosten des Verfahrens und muss 1000 Euro als gemeinnützige Leistung an die Stadt Bamberg für interkulturelle Tätigkeiten zahlen - in Raten.

Kevin D.s Verteidiger kündigte direkt nach der Verhandlung an, das Urteil nicht zu akzeptieren: "Wir legen Rechtsmittel ein."