Balkanzentrum in Bamberg: 70 Mitarbeiter verlieren Job
Autor: Michael Wehner
Bamberg, Mittwoch, 22. Juni 2016
An der Pödeldorfer Straße steht ein Umbruch an: Sicherheitskräfte und Küchenmitarbeiter müssen gehen. Rund 70 Arbeitsplätze fallen weg.
So umstritten das Balkanzentrum in den letzten Monaten auch war. Es ist zur Jobmaschine geworden. 110 Beschäftigte arbeiten derzeit in den Behörden vor Ort. Dazu kommen 70 weitere Beschäftigte im Wachdienst und in der großen Küche, die zeitweise über 1200 Menschen mit drei Mahlzeiten versorgten.
Bei letzteren hat sich die Freude über den Job im Osten Bambergs mittlerweile ins Gegenteil verkehrt. Sie blicken von einen auf dem anderen Tag der Arbeitslosigkeit entgegen.
Wie die Regierung von Oberfranken auf Nachfrage bestätigt hat, müssen sowohl der bislang tätige Wach- und Sicherheitsdienst Sennefelder aus Viereth-Trunstadt als auch die Arbeiterwohlfahrt Bamberg (Awo) die Aufnahmeeinrichtung wieder verlassen. Letzter Tag wird für die Mitarbeiter der beiden Organisationen der 30. Juni sein.
Ausschreibung verlief negativ
Doch ein Rauswurf ist es nicht. Nach Angaben der Regierung gab es an der Zusammenarbeit mit Awo und Sennefelder nichts zu beanstanden. Grund, dass es dennoch zur Trennung kommt, ist das negative Ergebnis einer gesetzlich vorgeschriebenen Ausschreibung. Wie die Regierung mitteilt, waren weder Awo noch Sennefelder die wirtschaftlichsten Anbieter der Ausschreibung für beide Dienstleistungen. Den Zuschlag erhielten ein Nürnberger Catering-Unternehmen, das nach FT-Informationen seine Speisen in Nürnberg kochen und dann nach Bamberg fahren will, sowie ein Sicherheitsdienstleister, der von außerhalb Bayerns kommt. Die Folgen dieser Entscheidung sind zumindest in Bamberg einschneidend: Awo und Sennefelder verlieren den Großauftrag im Volumen von etlichen Hunderttausend Euro mit Wirkung zum 1. Juli, also bereits nächste Woche.
Dabei geht es nicht nur ums Geld. Werner Dippold, Geschäftsführer der Awo Bamberg, sah sich letzte Woche gezwungen, 30 Mitarbeitern, darunter vielen Frauen mitzuteilen, dass sie in zwei Wochen auf der Straße stehen. Der neue Unternehmer habe eine Übernahme abgelehnt. "Das war für mich kaum auszuhalten. Für viele Mitarbeiterinnen ist es existenziell."
Dippold kritisiert die Regierung dennoch nicht. Er wusste, dass die Ausschreibung auch negativ ausgehen konnte. Andererseits spricht er davon, dass sich die Partnerschaft mit den Behörden vor Ort und auch die Zusammenarbeit mit Sennefelder so gut gestaltet habe, dass das Balkanzentrum davon stark profitiert habe. "Unsere Mitarbeiter kommen ja aus Bamberg. Sie waren Multiplikatoren auch für die Einrichtung, sie waren vor Ort anzutreffen und haben mehr geleistet als nur gekocht."
Frust auch bei Georg Sennefelder. Auch der Wachdienst aus dem Landkreis Bamberg verliert mit der Regierung einen potenten Kunden und muss ebenfalls Kündigungen aussprechen. "Das ist wirklich traurig, weil uns viele im Umfeld bestätigt haben, dass sie zufrieden mit uns waren", sagt Sennefelder. Auch er zweifelt daran, dass die Entscheidung für den preisgünstigsten Anbieter auch langfristig die beste sein wird: Künftig wird ein Unternehmen für Sicherheit sorgen, das weniger Geld nimmt, aber nicht einmal aus Bayern kommt.
Gebrochene Versprechen
Die Nachricht vom überraschenden Ausscheiden zweier bekannter Bamberger Organisationen aus der Are dürfte auch aus anderem Grund auf Missfallen stoßen. Die Entscheidung des Stadtrats zugunsten der Aufnahmeeinrichtung wäre nicht ohne eine Vielzahl von Versprechungen des Freistaats zustande gekommen, mit denen die Bamberger für ihre Bereitschaft zu helfen belohnt werden sollten. Dazu gehörte die Unterstützung der Bamberger Interessen bei der Umwandlung der Kaserne (Stichwort "Turbokonversion"), aber auch die Aussicht auf Aufträge für die Bamberger Wirtschaft. Bambergs Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) nahm die Entscheidung mit Bedauern zur Kenntnis. "Ich kann die Enttäuschung bei der Awo und bei Sennefelder gut verstehen. Beide Organisationen haben in der Flüchtlingseinrichtung sehr gute Arbeit geleistet und dem Freistaat bei der Bewältigung einer schwierigen Aufgabe geholfen", sagte der OB. Er versprach sich mit der Regierungspräsidentin Heidrun Piwernetz in Verbindung zu setzen, um mehr über die Gründe der Entscheidung zu erfahren und die "Bamberger Interessen einzubringen".
Die liegen bestimmt nicht darin, dass in einer ohnedies umstrittenen und allgemein als sensibl erachteten Einrichtung überraschende Verwerfungen entstehen, weil Küchen- und Sicherheitskräfte sich auf die neue Situation erst einstellen müssen.
Das ist auch die Ansicht des Ombudsrats der Stadt Bamberg für die Aufnahmeeinrichtung. Sprecherin Ursula Redler (Freie Wähler) war vor allem vom Ausscheiden der Firma Sennefelder überrascht. Sie bestätigt, dass beide Organisationen sehr zur Zufriedenheit des Ombudsrates, aber auch der Polizei gearbeitet hätten. Sie versteht dennoch, dass eine Ausschreibung, die ja den sorgsamen Umgang von Steuergeldmillionen zum Ziel hat, keine Ermessensentscheidung zulasse. Dennoch hofft die Stadträtin, dass die Regierung den Spagat zwischen sparsamem Wirtschaften und einem vernünftigem Betrieb der Are hinbekommt. "Ich hoffe sehr, dass wir kein neues Problemfeld in der Küche oder im Sicherheitsdienst bekommen."