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Axt-Attacke in Forchheim: 45-Jährigem droht lange Haftstrafe


Autor: Sebastian Martin

Bamberg, Mittwoch, 19. Oktober 2016

Ein 45-Jähriger muss sich vor dem Landgericht wegen versuchten Totschlags verantworten. Er hatte mit einem Beil eine Frau und ihren Freund verletzt.
Der Angeklagte, der am Mittwoch mit Fußfesseln im Gerichtssaal in Bamberg saß, wehrt sich gegen die Vorwürfe und spricht von Notwehr. Symbolbild: P. Groscurth


Über den genauen Tathergang wird derzeit vor der Zweiten Strafkammer des Landgerichts Bamberg verhandelt, denn der Angeklagte spricht von Notwehr, die beiden betroffenen Zeugen von einem Angriff. Die Verletzung, die der heute 45-Jährige seinem Opfer zugefügt hat, ist dagegen unstrittig: Durch die kleine Axt, die der Angeklagte bei sich führte, wurde dem 29-Jährigen die Blutader an der Hand sowie die Sehne am Daumen durchtrennt. "Es hat wie aus einer Fontäne geblutet", beschreibt das Opfer die Sekunden danach, bevor er und seine Freundin wieder durch die Gasse ins Haus rannten. Auch der Angeklagte ließ ab und rannte in der entgegengesetzten Richtung davon. Dann rief die 37 Jahre alte Frau den Notarzt.



Tat hat sich im Januar ereignet

Äußerlich gehe es ihm wieder gut, doch sein Daumen sei nicht mehr richtig bewegungsfähig, erklärte das Opfer am Mittwoch vor dem Schwurgericht am Landgericht. Wegen dieser Tat, die sich am späten Abend des 29. Januar in Forchheim in einer Seitengasse der Hornschuchallee mitten in der Stadt ereignet hatte, muss sich nun der mutmaßliche Angreifer verantworten.

Ihm wirft die Staatsanwaltschaft Bamberg versuchten Totschlag und gefährliche Körperverletzung vor. Letztere auch in einem zweiten Fall, denn auch die Freundin des Opfers klagte, dass sie eine Schnittwunde zwischen dem Zeige- und Mittelfinger erlitten hatte. Auf sie soll der 45-Jährige zuerst losgegangen sein. Der Mann hatte die Frau und dessen Freund zu Hause aufgesucht. Er forderte jeweils 50 Euro von den beiden späteren Opfern zurück. Geld, das sie von ihm geliehen haben sollen.

Zunächst hatte der Angeklagte versucht, die späteren Geschädigten aus dem Haus zu klingeln, er hatte auch Geldstücke gegen das Fenster geworfen. Doch öffnete keiner die Tür. Als dann die 37-Jährige zehn Minuten später zum Zigarettenholen das Haus verlassen hatte, soll es in dem schmalen Gässchen zu der Auseinandersetzung gekommen sein.

Von einer Rangelei berichtet die junge Frau, in deren Verlauf sie von einem scharfen Gegenstand an der Hand verletzt worden war. Der Angeklagte soll die 37-Jährige mit dem insgesamt 30 Zentimeter langen "Outdoor-Beil", das eine elf Zentimeter lange, scharfe Klinge besitzt, attackiert haben. Das Beil trägt der 45-Jährige nach eigenen Angaben immer um den Hals, da er hobbymäßig Wurzeln im Wald sammelt und abhackt.

Nachdem die Frau verletzt worden war und um Hilfe schrie, kam ihr Freund aus dem Haus in die enge Gasse gestürmt. Dann soll es schnell gegangen sein. Auch er erlitt im Gerangel einen Schnitt, der gefährlich, aber nicht lebensgefährlich war. Damit war die Auseinandersetzung abrupt beendet.

Der Angeklagte stellt die Situation anders dar: Er habe sich nur verteidigen wollen, denn es sei aus dem Nichts Pfefferspray gegen ihn eingesetzt worden. Glaubt man ihm, so ist er angegriffen worden. Das Beil habe er zum Schutz nach oben gerissen. Er blieb nahezu unverletzt.


Widersprüchliche Angaben

Die Verhandlung ist für das Gericht um Vorsitzenden Richter Manfred Schmidt nicht einfach. Denn die Aussagen des Angeklagten und der beiden Opferzeugen widersprechen sich immer wieder. Auch ihre ursprünglichen Aussagen bei der Polizei waren zum Teil anderslautend. Erschwerend kommt hinzu, dass alle drei beteiligten Personen alkoholisiert waren. Die Frau hatte an dem Tag zwischen zwölf und dreizehn Bier getrunken. Der Angeklagte soll Stunden nach der Tat noch über zwei Promille gehabt haben - er trinkt nach eigenen Angaben an manchen Tagen einen Kasten Bier und eineinhalb Flaschen Wodka.

Der Forchheimer ist ohnehin kein unbeschriebenes Blatt: Er hat wegen verschiedenster Taten insgesamt zwölf Jahre hinter Gittern verbracht. Der arbeitslose Mann, der schwerster Alkoholiker ist, stammt, wie er dem Gericht schildert, aus schwierigsten Verhältnissen. Schon seine Eltern waren beide schwerstabhängig, sie sind, ebenso wie ein Großteil seiner sieben Geschwister, bereits an ihrer Alkoholsucht gestorben. Er lebt von Hartz IV. Seine fünf Kinder - er ist geschieden - kennt er kaum.

Er sieht sich wohl selbst als Chaot, folgt man seinen Ausführungen: Nach seiner Festnahme hatte er in der Arrestzelle versucht, sich das Leben zu nehmen. Als der Richter ihn darauf anspricht, winkt der 45-Jährige nur ab und sagt, das sei nur ein Versuch gewesen, um in die Bamberger Nervenklinik zu kommen, damit er besser untergebracht wäre.

In dem Prozess wird auch die Version des Angeklagten genau geprüft, wonach ihm Pfefferspray in die Augen gesprüht worden sein soll. Was dafür spräche, ist eine Jacke, die bei ihm sichergestellt worden war. Diese wurde kriminaltechnisch untersucht, an ihr haben sich Spuren gefunden, die typisch für Pfefferspray seien. Die beiden Geschädigten bestreiten aber, ein solches Mittel eingesetzt, geschweige denn, überhaupt besessen zu haben.

Am Donnerstag, 20. Oktober, sollen weitere Zeugen gehört werden. Unter anderem hatte ein Mann das Geschehen, das sich gegen 21.40 Uhr ereignet hatte, vom Balkon aus beobachtet. Möglicherweise fällt dann auch schon das Urteil. Dem Angeklagten droht eine Freiheitsstrafe von mehreren Jahren.