Das alles findet man in den Biotonnen in Bamberg
Autor: Anna Lienhardt
Bamberg, Mittwoch, 06. Juli 2016
25 Jahre Biotonne in der Stadt Bamberg: Ein Jubiläum, das zu einer Spurensuche veranlasst. Wohin wandert der Inhalt der braunen Tonne eigentlich? Was passiert damit? Und: Was Mitarbeiter alles so herausfischen.
Aufgereiht stehen sie am Straßenrand, den Bauch voll mit den Nudeln von letzter Woche, den verblühten Pfingstrosen - oder etwas ganz anderem: Edmund Wicht deutet mit dem Zeigefinger auf ein "lebendiges" Exemplar: "Die Schwaaßmuggn gehen besonders auf Fleisch."
Wicht, Stadtreinigungmeister beim Entsorgungs- und Baubetreib (EBB), kennt die braunen Tonnen, er kennt ihren Inhalt, die unterschiedlichen Modelle, das Alter. "Die hier ist von 91, eine der ersten", sagt er ein paar Meter weiter mit Blick auf den Deckel, der Aufkleber auf dem Bauch der Tonne ist schon zerfleddert: "Hier kommt der Bioabfall rein, er wird ein guter Kompost sein" - oder Energie, in Form von Methangas.
Doch vorher treten Speisereste und Gemüseabfälle eine Reise mit verschiedenen Stationen an. Die erste: Von der braunen Tonne ins Müllauto. In der Stadt wird diese jede Woche geleert, im Landkreis alle zwei.
Menschen hüpfen in der Tonne
Städtereinigungsmeister Edmund Wicht hat schon Leute beobachtet, die in der Tonne hüpfen, um mehr Platz zu schaffen. Platz für 30 Prozent Biomüll, das ist der Anteil des biologischen Materials am gesamten Abfall, wie Karin Köberlein, Leiterin der Abteilung Abfallwirtschaft im Umweltamt, sagt. Am 3. Juni 1991 wurde in der "Abfallwirtschaftssatzung" der Stadt festgehalten, dass von nun an getrennt werden muss.Eine Folge des Konsumverhaltens: "In den 50er und 60er Jahren wurde Müll ohne Ende produziert, der Müllberg ist gewachsen." Und mit ihm das Personal.
Angelaufen als Pilotprojekt zunächst in Gaustadt, gingen zum Startschuss der braunen Tonne sieben neu eingestellte Abfallberater von Haus zu Haus, drei Jahre lang. Ihre Mission: Beraten, was rein gehört - und was nicht.
Mittlerweile läuft das über Informationsblätter im Rathaus, im Internet oder im Umweltamt - oder heute direkt über den Fränkischen Tag. Der Infokasten gibt einen Überblick.
Doch was ist jetzt eigentlich mit Fleisch? Den abgezausten Knochen könne man durchaus in der braunen Tonne entsorgen, ebenso den Rest vom Schnitzel. Aber bitte in Zeitungspapier einwickeln und die Tonne nicht direkt in die Sonne stellen, merkt Köberlein an. Beide Maßnahmen würden generell gegen Gestank und eine eklige Suppe am Boden der Tonne helfen.
Auf dem liegt unter einem grünen Haufen manch merkwürdiges Fundstück vergraben - eine Bohrmaschine sei zum Beispiel mal aufgetaucht, erzählt Köberlein. Ihr Kollege Edmund Wicht vom EBB erinnert sich an eine Autobatterie. Und: Besonders häufig landen Küchenabfälle verpackt in Plastiktüten in der braunen Tonne - doch die gehören absolut nicht rein.
Köberlein: "Zwar gibt es mittlerweile kompostierbare Plastiktüten. Doch die müssen eh wieder raus, weil die Anlage sie nicht von den normalen unterscheiden kann."
Die Rede ist von der Kompostieranlage in Bamberg-Nord, der zweiten Station des Biomülls. Ab hier liegt die Verwertung in den Händen der Firma Eichhorn, die die Kompostierung übernimmt. "Der Biomüll aus Stadt und Landkreis nimmt den gleichen Weg", sagt Geschäftsführer Manfred Eichhorn zur Einleitung.
Nach dem Abladen wird der Müll in der technischen Anlage sortiert und in einem sogenannten Sternsieb in feines und grobes Material getrennt. "Das Biogas gewinnen wir dann aus Obst, Gemüse, Brötchen, Brot, Fleisch oder Käse", zählt Eichhorn auf. Dafür nicht zu gebrauchen sind Holz, Äste - und Plastiktüten. Ein Teil des Biomülls geht nach Strullendorf in die Vergärungsanlage, wo sich Kleinstlebewesen an die Arbeit machen, die "fressen und pupsen", wie es Eichhorn anschaulich erklärt.
Heraus kommt Gas, das über einen Motor in Energie umgewandelt wird, "die wir ins Stromnetz einspeisen". Die Abwärme kommt direkt einer benachbarten Gärtnerei zu Gute.
Zurück nach Bamberg: Dort liegt der andere Teil des biologischen Materials, das "gerottet" wird und am Ende als Qualitätskompost herauskommt. Ein "Wiederverwertungsspektrum von 100 Prozent", sagt Eichhorn. Er hat noch mehr Zahlen: Pro Jahr landen rund 7500 Tonnen Biomüll aus der Stadt und 12 000 aus dem Landkreis in seinem Betrieb, exklusive Gartenabfall- und Christbaumabfuhr. Für diese gibt es eigens Abholtermine zwei mal jährlich in der Stadt oder Sammelstellen im Landkreis.
Eichhorn bestätigt: In der Biotonne landet auch Abfall, der mit "bio" nicht viel zu tun hat. "Am schwierigsten ist es bei Mehrfamilienhäusern, wo eine gewisse Anonymität herrscht." Gleichzeitig wird er ein Lob los: "80 bis 90 Prozent der Bürger befüllen die Tonne fehlerfrei."
Und die fühlen sich durchaus verantwortlich: Als Reporterin, Fotograf und Stadtreinigungsmeister eine braune Tonne mit Grüngut inspizieren, nähert sich eine ältere Dame und fragt vorsichtig: "Des derf da scho nei, oder?"
Was in die Biotonne gehört – und was nicht
Erlaubt sind Salatblätter, Nuss- und Eierschalen, Gemüse- und Obstabfälle, Kaffeefilter, Teekraut, Zierpflanzen, Schnittblumen, Blumenerde mit Wurzelballen, Gras- und Heckenschnitt, Schalen von Südfrüchten;
Nicht erlaubt sind Plastiktüten, Blumentöpfe, Katzenstreu, Asche, Babywindeln, Hochglanz Werbeprospekte
Verpackung: Der Bioabfall sollte am besten in Zeitungspapier eingewickelt werden.