Auf den Spuren der sieben Synagogen
Autor: Petra Mayer
Bamberg, Montag, 04. Februar 2013
Bei den ersten Kreuzzüglern beginnt die Geschichte von Juden und Christen in Bamberg. Ein Stadtführer, den der gerade verstorbene Herbert Loebl initiierte, umfasst jenes Jahrtausend. Einzelne Stationen erinnern an Kriege, Zeiten der Pest und den Holocaust.
Fast ein Jahrtausend umfasst in Bamberg der gemeinsame Weg von Juden und Christen. Mal lebten Familien friedlich Seite an Seite. Dann wieder verfolgte, vertrieb und ermordete man Menschen mosaischen Glaubens aus religiösen Gründen, politischer Motivation oder einfach nur Habgier. Sieben Synagogen symbolisieren Perioden in jener gemeinsamen Geschichte, an deren Anfang die erste jüdische Gemeinde unterhalb des Stephans- und Kaulbergs entstand: Eine Gemeinde, die Rabbiner Samuel ben Baruch im 12. Jahrhundert weit über regionale Grenzen hinaus bekannt machte. Und hier beginnt der "Gang durch die Stadt", zu dem Ortwin Beisbart, Rudolf Daniel und A. Yael Deusel historisch interessierte Leser in "Jüdisches Bamberg" einladen.
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Es war der gerade verstorbene Autor Herbert Loebl, der Bambergern, aber auch Besuchern aus aller Welt Spuren jüdischen Lebens zeigen wollte.
Zur Taufe gezwungen
Zurück ins 11. Jahrhundert, aus dem erste gesicherte Zeugnisse einer jüdischen Gemeinde stammen. Mit römischen Legionen waren diese Menschen wohl als Kaufleute gekommen. Dokumentiert sind Verfolgungen von Bamberger Juden durch die ersten 1096 mainaufwärts ziehenden Kreuzzügler. "Mit der Schärfe des Schwertes" predigten Christen die "Religion der Liebe" und zwangen Familien, sich taufen zu lassen.
Die jüdische Gemeinde wuchs dennoch weiter und beeindruckte zu Samuel ben Baruchs Zeit den spanischen Reisenden Benjamin von Tudela so, dass er Bamberg in einem Bericht als "fränkisches Jerusalem" bezeichnete. Zwischen Pfahlplätzchen und Schranne lag der "Judenhof", während sich die erste Synagoge auf dem Areal der späteren Marienkapelle (Judenstraße 1) befand. Lange waren die dort lebenden Familien geduldet, nachdem die Andersgläubigen von jeher hohe Steuern, Schutzgelder und andere Sonderabgaben wie fürs "Bleiberecht" später auch den "Gedinckten Zins" an die geistliche und weltliche Obrigkeit zu zahlen hatten. Wegen angeblicher Hostienschändung endete das friedliche Miteinander allerdings 1298.
Ausgehend von Röttingen erfasste den gesamten Raum eine Welle der Gewalt, wie ein Heilsbronner Chronist schrieb: "Da die Bauern und das gemeine Volk hörten, das Sakrament des Fronleichnams werde [...] geschändet, kamen sie einmütig [...] von allen Seiten zusammen und griffen zuerst im Lande in kleinen Städten, hernach in Würzburg, Nürnberg, Rothenburg und den übrigen Städten bis Amberg die Juden an [...] zwangen sie, sich selbst zu morden und zu verbrennen" ( www.juden-in-bamberg.de ). 3441 Opfer aus 44 "Blutstädten" wurden im Nürnberger Memorbuch namentlich aufgelistet, wobei weitaus mehr Tote zu beklagen waren. Allein in Bamberg starben 135 Juden während der Ausschreitungen. Zumal man den Menschen ihren Glauben ansah, nachdem sie ab 1215 im Reich einen gelben spitzen Hut und ab Mitte des 15. Jahrhunderts einen gelben Ring auf Brusthöhe zu tragen hatten.
1349: Pestpogrome. Auch in Bamberg beschuldigte man die Juden, Brunnen vergiftet zu haben, obwohl die Seuche die Stadt nicht mal erreichte. Vertreibungen folgten. Judenhäuser und Synagoge gingen in den Besitz der Kirche über. - Ein neues jüdisches Viertel entstand im frühen 15. Jahrhundert an der heutigen Hellerstraße. Gleich an der Stadtmauer gelegen, unweit einer "öffentlichen Versitzgrube als Toilette" und der Scharfrichterknechtswohnung, so die Autoren von "Jüdisches Bamberg". Schon 1478 aber mussten die Familien den zweiten Judenhof und die zweite Synagoge wieder aufgeben, nachdem erneut aller Besitz beschlagnahmt wurde und man die "Christusmörder" aus dem gesamten Hochstift vertrieb.
"Öde Hofstätten" aufbauen
Willkommen waren die Juden nach dem Dreißigjährigen Krieg, um "öde Hofstätten" im Bereich Lange Straße/Generalsgasse wiederaufzubauen. Die sanierten Anwesen mussten etliche anschließend unter Wert christlichen Bambergern verkaufen. Die dritte und vierte Synagoge entstanden in der Generalsgasse 15. Einen eigenen Friedhof verweigerte man den Andersgläubigen weiterhin, die ihre Toten nach Zeckendorf oder Walsdorf bringen mussten.
"Hep-Hep-Verfolgungen"
Für eine gewisse rechtliche Gleichstellung sorgte das 1813 in Bayern erlassene Judenedikt. Allerdings regelte der "Matrikelparagraph" zunächst noch, wie viele Juden überhaupt in einer Stadt leben durften: 69 Familien waren's in Bamberg - offiziell. "Ordentlich teutsche Familiennamen" hatten sie anzunehmen. Gehasst wurden die Menschen dank ihrer neuen Rechte dennoch, wie Verfolgungen mit dem Schlachtruf "Hep Hep - Jud' verreck!" auch in der Domstadt bewiesen. Dabei bemühte sich Rabbiner Samson Wolf Rosenfeld in jenen Jahren um eine Annäherung an die christliche Gesellschaft, rief einen Leseverein ins Leben und andere Bildungsangebote.
Die größte Gemeinde Oberfrankens
Mit der Aufhebung des "Matrikelparagraphen" (1861) hatte bald auch die vierte Synagoge ausgedient, nachdem sich die jüdische Gemeinde Bamberg zur größten in ganz Oberfranken entwickelte. Ein Prachtbau entstand zwischen 1908 und 1910 an der Herzog-Max-Straße, dem nach dem Krieg zwei weitere Synagogen in der Willy-Lessing-Straße 7 und 7a folgten, wo seit 2005 die israelitische Kultusgemeinde im ehemaligen Gebäude einer Nähseidenfabrik zu finden ist.
Aber lauschen wir zuletzt den feierlichen Worten zur Einweihung der fünften Synagoge. So versicherte OB Franz Michael Lutz dem Gemeindevorstand, das neue Gotteshaus "in Schutz und Obhut" zu nehmen - "bereitwilligst und für alle Zukunft", wie Herbert Loebl in "Juden in Bamberg" berichtete. "Konfessionelle Vorurteile, konfessionelle Einschränkungen in den verschiedenen Arten des öffentlichen Lebens gehören der Vergangenheit an; freuen wir uns deren Überwindung", jubelte das Bamberger Tagblatt am 11. September 1910, wo nur 28 Jahre später am 11. November 1938 nach der Zerstörung der Synagoge durch die Nazis stand: "Sie (die Juden) haben eine Lehre empfangen, die ihnen hoffentlich genügen wird!"
Der Band "Jüdisches Bamberg - Ein Gang durch die Stadt" (104 Seiten), der insgesamt elf Stationen umfasst, erschien im Erich Weiß Verlag (ISBN 978-3-940821-24-9).