Druckartikel: Auch das Modehaus Hartmann in Bamberg hört auf

Auch das Modehaus Hartmann in Bamberg hört auf


Autor: Jutta Behr-Groh

Bamberg, Freitag, 04. Dezember 2015

Mit dem Modehaus Hartmann verabschiedet sich - neben Schuh Limberg - ein weiteres alteingesessenes Geschäft. Das sei bedauerlich, aber eine ganz normale Entwicklung, heißt es dazu bei Stadtmarketing und Einzelhandelsverband.
Der Ausverkauf läuft: Karl-Hans Hartmann schließt sein Damenmodengeschäft in wenigen Wochen. Foto: Barbara Herbst


Nach 110 Jahren am heutigen Standort und 135 Jahre nach der Gründung steht das Modehaus Hartmann vor dem Aus. Am 23. Dezember ist der letzte Verkaufstag, dann setzt sich Karl-Hans Hartmann zur Ruhe. Er ist 77 Jahre.

Sein Alter und einen größeren Modernisierungsbedarf für das Geschäft führt der Inhaber als Hauptgründe für seine Entscheidung an. Er hätte die Investition getätigt, wenn einer seiner beiden Söhne für die Übernahme bereit stünde. Weil das nicht der Fall ist, zögen er und seine Frau jetzt den Schlussstrich. Auch wenn es ihm nicht leicht falle, so der Chef.

Bei den Stammkundinnen - seit 1999 ist Hartmann ein reines Damenmodengeschäft - ist das Bedauern groß. Trotzdem: Glaubt man dem Inhaber, ist das Unternehmen längst auf die Umsätze mit Touristinnen angewiesen.

Er berichtet von auffallend vielen australischen Bamberg-Besucherinnen, die bei ihm eingekauft hätten: "Scheinbar kennen sie einen solchen Laden nicht, denn sie finden alles beautiful: die Beratung, den Laden, die Einrichtung."

Noch gibt es in Bamberg unverwechselbare, vom Inhaber geführte Geschäfte. Doch wie lange noch? Wenige Wochen vor Hartmann starteten Helene und Gerd Limberg den Räumungsverkauf in ihrem alteingesessenen Schuhgeschäft in der Langen Straße. Auch ihr Schritt hat damit zu tun, dass der eigene Nachwuchs fehlt.

Für Alfons Distler, den Vorsitzenden des Stadtmarketingvereins, sind die beiden Geschäftsaufgaben zwar bedauerlich, aber wohl nicht wirklich überraschend: "Die Entwicklung aller deutschen Innenstädte wird leider auch in den kommenden Jahren vom demografischen Wandel mitgeprägt sein." In vielen Fällen fehle entweder ein Nachfolger in der Familie oder die Bereitschaft von Mitarbeitern, ein bestehendes Geschäft fortzuführen.

Ähnlich bewertet Claus Hofmann vom Einzelhandelsverband die Situation. Wenn ein Inhaber geführter Laden keine Nachfolger hat, sei die Schließung als Altersgründen eine ganz normale Sache. Dass sich fast zeitgleich zwei bekannte Häuser "verabschieden" sei ein Zufall und lasse keinesfalls den Schluss zu, es liege in Bamberg etwas im Argen.

Glaubt man Distler, dann steht Bamberg im Vergleich zu anderen Einkaufsstädten sogar vergleichsweise gut da. Seine Begründung: Die Nachfrage nach freien Flächen übersteige nach wie vor das Angebot.

Der Stadtmarketing-Vorsitzende verweist auf einen Kaufkraftindex, der Bamberg einen Spitzenplatz bei der jährlichen Frequenzmessung in deutschen Innenstädten ausweisen würde - der wachsenden Konkurrenz auf der "grünen Wiese" und durch den Internet-Handel zum Trotz.

Veränderungen an sich seien ja nicht schlecht, konstatiert Distler: "Handel bedeutet schon immer auch Wandel und wir werden miterleben, dass sich auch die Bamberger Innenstadt jedes Jahr weiter entwickelt und verändert."

Er macht aber auch deutlich, dass alle an einem Strang ziehen müssten, um den individuellen Bamberger Geschäften das Überleben zu ermöglichen. Die Politik sei genau so gefordert wie der Konsument.

"Einen ,Bonus' von den Einheimischen bekommt man auf keinen Fall", lautet Hartmanns Erfahrung am Ende eines langen Berufslebens im Einzelhandel. Der Unternehmer hätte sich in der Vergangenheit oft mehr Zuspruch regionaler Kundschaft und mehr Unterstützung von Verwaltung und Politik gewünscht.

Noch Anfang 2015 hatte er sich vehement für eine weniger kompakte Aufstellung der Marktstände vor seiner Ladentür eingesetzt - mit einem gewissen Erfolg. Die Beschicker wurden vom städtischen Ordnungsamt angehalten, Durchgänge und Durchblicke zu den Geschäftshäusern und Schaufenstern hinter ihnen zu ermöglichen.

Dieser Hinweis ist auch Ruth Vollmar wichtig. Die Leiterin der städtischen Wirtschaftsförderung mag Hartmanns Kritik nicht unkommentiert stehen lassen. Sie erinnert an einen Besuch des Oberbürgermeisters im Modehaus am Grünen Markt und die Aktivitäten mehrerer Ämter, um den Kompromiss mit den Markthändlern zu erzielen.

Hartmann geht nicht so weit, die Umsatzrückgänge, die er seit einigen Jahren beklagt, auf die Gegebenheiten in der Fußgängerzone zurück zu führen. Das Hauptproblem für den stationären Handel sei der Internet-Handel geworden. Er sagt, jede zweite Damenhose werde heute online gekauft.

Ein neuer Mieter steht für die Geschäftsräume im Anwesen Grüner Markt 6 schon fest. Im Februar wird ein Mobilfunk-Anbieter einziehen - was aus Sicht der Wirtschaftsförderung allerdings kein gleichwertiger Ersatz ist.

Vollmar, die die Geschäftsaufgabe der Familie Hartmann ausdrücklich bedauert, hegt die "Hoffnung, dass sich langfristig ein für diesen Standort angemessener Mieter findet".