Auch das "Goldene Buch" der Stadt Bamberg gefertigt
Autor: Redaktion
Bamberg, Sonntag, 03. Januar 2016
1966 hat Helmut Weise seine Ausbildung als Buchbinder begonnen. Später übernahm er seinen Lehrbetrieb in Bamberg. Seit Weihnachten ist seine Werkstatt in der Hauptwachstraße nur noch Geschichte.
Er hatte das Alter. Aber die Konkurrenz für Bücher in der Zeit der modernen Medien wie Smartphones, Tablets und eBook-Readern hat ihm die Entscheidung zum Aufhören leichter gemacht: Helmut Weise hat seine versteckt liegende Buchbinderei und Bilderrahmerei in der Hauptwachstraße 26 an Weihnachten für immer geschlossen.
Das Unternehmen wurde 1835 gegründet und war bis 1998, als Helmut Weise seinen ehemaligen Lehrbetrieb übernahm, im Familienbesitz. Heute sei der Beruf des Buchbinders am Aussterben, sagt er. "Lehrlinge sind zwar da, aber immer weniger Ausbildungsbetriebe."
In der Folge schwinden auch die Berufsschulen. Als Weise 1966 seine Lehre begann, gab es noch eine eigene Buchbinder-Berufschule in Bamberg. Später musste der Berufs-Nachwuchs nach Nürnberg, heute findet die theoretische Ausbildung der Lehrlinge in Blockunterricht in München statt.
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Er selbst hatte nie Lehrlinge, weil er aus finanziellen Gründen seinen Buchbindermeister nicht gemacht hat. Aber es habe immer wieder Praktikanten gegeben, die bei ihm Einblick in die geheimnisvoll erscheinende Welt des Buchbinders bekommen wollten.
Der Bamberger hat nach der Volksschule die Ausbildung zum Buchbinder bei der Firma Metzner begonnen. Da habe er viel gelernt. Sein Gesellenstück war eine Schatulle aus Papier, verziert mit Pergament und ausgelegt mit Samt. Wer die Prüfung bestehen wollte, musste außerdem Bücher auf verschiedene Art binden können.
Und natürlich erst recht die Entstehung eines Buches vom Anfang bis zum Ende beherrschen: Zunächst werden die Buchseiten zusammen geheftet, verleimt und schließlich in den Einband gelegt. Der Buchblock wird dann mit dem Deckel verbunden und mit Stoff bezogen oder verziert.
In Helmut Weises Buchbinderei ließen die Kunden meist alte Bücher restaurieren. Oft reparierte er die Buchrücken betagter Kinderbücher, die jemand auf dem Dachboden gefunden oder geerbt hat. Teilweise mussten Bücher komplett auseinander genommen und neu gebunden werden. Auch Fachzeitschriften, Urkunden, Bibeln, Gebetbücher und Amtsblätter der Kirche band, restaurierte und verzierte der Bamberger in seiner kleinen Werkstatt am Rand der Fußgängerzone.
Bei der Restauration mussten meist Buchrücken repariert oder gerissene Seiten mit einem speziellen Material verstärkt werden. Weise erinnert sich an ein durch einen Wasserschaden in Mitleidenschaft gezogenes Buch; jede Seite habe er vorne und hinten mit Japanpapier bekleben müssen, um das Buch neu binden zu können.
Zu seinen Kunden zählten auch viele Studierenden, die ihre Bachelor- und Masterarbeiten binden ließen.
Auch ein Sammler, der alte Bücher im Internet kauft, brachte sie gerne in die Werkstatt der Hauptwachstraße 26. Das älteste Buch, das Weise jemals in den Händen hielt, stammte aus dem Jahr 1769, erinnert sich der Buchbinder.
Besonders stolz ist Helmut Weise auf seine Arbeiten im Auftrag der Stadt Bamberg. Unter seinen Händen entstand zum Beispiel das aktuelle "Goldene Buch".
Weise erinnert sich, dass der damals erst 25 Jahre alte Buchbindermeister Fritz Metzner 1898 den Auftrag für die Anfertigung eines "Goldenen Buches" bekommen habe. Es habe aus feinem Dokumentenpapier in blauem, mit Handvergoldungen verzierten Saffianleder bestanden. Metzner habe damals 14 Tage an dem "Goldenen Buch" gearbeitet, das vier Zentimeter hoch, 43 Zentimeter lang und 29 Zentimeter breit Buch gewesen sei. Es sei feierlich auf der Altenburg durch den Prinzregenten Luitpold "eingeweiht" und unterzeichnet worden.
Damals wie heute dürfen sich im "Goldenen Buch" der Stadt besonders wichtige und bekannte Persönlichkeiten verewigen. Zu ihnen gehören auch die Deutschen Meister der Brose Baskets.