Artenschützer fürchten um das Bamberger Naturparadies Flugplatz
Autor: Michael Wehner
Bamberg, Dienstag, 30. April 2019
Der Bund Naturschutz Bamberg befürchtet eine schleichende Entwertung des Flugplatzes an der Breitenau. Ein Naturschutzgebiet soll dem einen Riegel vorlegen.
Es sind unscheinbare Raritäten, auf die wir an diesem sonnigen Frühlingstag am Bamberger Flugplatz treffen. Polsterförmige Heidekrautmatten und Sandnelken, deren Blüten die Wiesenflächen in einen Hauch von Rosa tauchen. Doch wenn Biologen wie Martin Bücker und Erich Spranger vom Bund Naturschutz vom Bamberger Flugplatz sprechen, kommen sie ins Schwärmen. Der 85 Hektar große Landeplatz ist für viele Arten wie eine Arche Noah - ein einmaliges Rückzugsgebiet in Franken. 300 Nachtfalterarten haben Experten gezählt, 17 Heuschreckenarten leben hier und 15 Fledermausarten flattern durch die Lüfte, wenn es dunkel wird. Auch die stark gefährdete Kreuzkröte findet am Flugplatz eine Heimat.
Leider scheint es ein bedrohtes Paradies: Glaubt man dem Bund Naturschutz, dann gibt es zwei Gründe, die Naturliebhabern die Sorgenfalten auf die Stirn treiben. Der eine ist der auch bei Anwohnern umstrittene Antrag auf Instrumentenflugtauglichkeit für die Flieger des Automobilzulieferers Brose. Sollte es dazu kommen, verbreitert sich der Schutzstreifen links und rechts der Landebahn auf insgesamt 150 Metern. Der BN fürchtet, dass dort beheimatete wertvolle Zwergstrauchheiden aus Sicherheitsgründen gemäht werden müssen. Der geplante Ausgleich an anderer Fläche ist für die BN-Vorstände kein Allheilmittel. Sie bezweifeln, dass gewachsene Biotope in ihrer Komplexität gleichwertig umgepflanzt oder neu angelegt werden können.
Auch die geplante Erweiterung der Firma Brose nimmt der BN nicht auf die leichte Schulter. Wie Bücker und Spranger monieren, reicht der Geltungsbereich des Bebauungsplanverfahrens weit über den Seebach hinaus, der vor einigen Jahren im Auftrag der Stadt mit hohem Aufwand renaturiert wurde. Der BN befürchtet, dass die Parkflächen, die heute schon einen Großteil des Brose-Areals an der Breitenau einnehmen, sich noch weiter Richtung Flugplatz verschieben werden - zum Nachteil weiterer Sandmagerrasenflächen. "Die Überplanung hochwertigster Biotopflächen zugunsten von Parkplätzen ist jedoch völlig inakzeptabel", sagt Bücker.
Veränderungssperre verhängt
Bisher galt in Bamberg die Annahme, dass der Flugbetrieb der beste Schutz der wertvollen Sandmagerrasenflächen darstellt, was historisch betrachtet unzweifelhaft ist. Ohne Flugplatz gäbe es an dieser Stelle gar keinen Sandmagerrasen. Deshalb verhängte der Stadtrat 2012 eine Veränderungssperre, sprach sich aber auch gegen ein Naturschutzgebiet aus. Damals war klar: Die Expansionsbestrebungen der Firma Brose sollten nicht behindert werden.
Auch heute sieht die Stadt die scheinbar widerstrebenden Ziele als gut vereinbar an. "Die geplante Erweiterung der Firma Brose führt zu keiner anderen Bewertung. Es gilt, dass Eingriffe in Naturflächen auf dem Gelände selbst ausgeglichen werden müssen. Damit bleibt der naturschutzfachlich wertvolle Zustand des gesamten Areals erhalten", teilt die Sprecherin der Stadt, Ulrike Siebenhaar, mit. Es sei ein Gewinn für Bamberg, dass Brose im Endausbau eine Erweiterung für bis zu 2400 Mitarbeitende plant.
Dennoch sieht es nun so aus, als würde der Streit um ein Naturschutzgebiet Flugplatz Bamberg erneut hochkochen. Jedenfalls will der Bund Naturschutz den Streit um die Instrumentenflugtauglichkeit nutzen, um seinen beiden Anträge auf Unterschutzstellung von 1998 und 2012 zu erneuern.
Seine Forderung nach einer schnellstmöglichen Ausweisung als Naturschutzgebiet, gerichtet an die Regierung von Oberfranken in diesem Monat, wird auch durch die Entwicklungen der letzten Jahre begründet, Bücker spricht von einer offenkundigen Salamitaktik: Den Landebahnverlängerungen 1998 und 2004 sei eine Verbreiterung 2013 gefolgt. 2017 seien Flugzeuge bis zu zehn Tonnen Gewicht zugelassen worden. Nach dem Antrag auf Instrumentenflug für Hubschrauber sei schließlich 2019 ein Antrag für Instrumentenflug für Flugzeuge gestellt worden. Bücker kommt zu dem Ergebnis, dass die Selbstverpflichtung, die sich die Stadt selbst auferlegt hat, "offensichtlich nicht mehr greift".