"Anwesenheit" an der Uni Bamberg gekippt
Autor: Sebastian Martin
Bamberg, Mittwoch, 05. August 2015
Schon länger gab es an der Uni Bamberg eine Diskussion um das "Transcript of Records". Dieses bescheinigt Absolventen unter anderem ihre besuchten Lehrveranstaltungen. Bisher aber nur, wenn sie nicht zu oft gefehlt haben. Nach Kritik vom Ministerium hat die Uni die Regelung überarbeitet.
Die Studierendenvertreter haben die Praxis der Universität Bamberg schon länger als "Anwesenheitspflicht durch die Hintertür" kritisiert. Erst zum Wintersemester 2014 hatte die Uni eingeführt, dass neben den Noten unter anderem auch die besuchten Lehrveranstaltungen im Abschlussdokument "Transcript of Records" festgehalten werden. Allerdings nur dann, wenn Studenten den Kurs oder das Seminar regelmäßig besucht haben. Das wurde teilweise mit Anwesenheitslisten kontrolliert.
Wer in Seminaren oder Vorlesungen zu oft fehlte, bei dem tauchte die Lehrveranstaltung im Abschlussdokument nicht auf. Was Kritiker als Eingriff in die Freiheit des Studiums ansahen. Deshalb ist diese Praxis bereits wieder Geschichte: Das bayerische Kultusministerium in München stufte das Vorgehen der Uni Bamberg als "rechtswidrig" ein. Daraufhin hat die Hochschulleitung sich nun auf eine neue Regelung festgelegt.
Neue Bedingungen der Uni Bamberg
Am Mittwoch gab die Universität bekannt, dass man die Bedingungen ändern werde: Damit Seminare oder Vorlesungen namentlich in dem Abschlussdokument auftauchen, soll nun ab dem kommenden Wintersemester nicht mehr entscheidend sein, ob man eine Lehrveranstaltung regelmäßig besucht hat, sondern vielmehr, welche Veranstaltungen belegt wurden.
"Grundsätzlich finde ich die neue Regelung gut - es sind jedoch noch Detailfragen zu klären", sagt die studentische Senatorin Johanna Lerke. Beispielsweise war ihr am Mittwoch noch unklar, ob dies auch rückwirkend gelte. Sie sei deshalb momentan "vorsichtig optimistisch".
Die Studierendenvertreter hatten seit längerem gegen die alte Regelung protestiert. Die Begründung: Es treffe wieder einmal die sozial Schwächeren, sagt Studierendenvertreterin Sophia Lösche. So zum Beispiel Studierende mit Kind, die aufgrund der Belastung nicht jede Veranstaltung besuchen könnten. Die Befürchtungen waren groß, dass gerade diese Gruppe benachteiligt werde. Etwa, wenn sich Absolventen um eine Stelle bewerben, in der es auf die Auflistung der Veranstaltungen ankommen könnte.
"Zur Anwesenheit gezwungen"
Vor Wochen sprang den Studierenden auch das Ministerium zur Seite: "Durch die Praxis der Universität Bamberg könnten die Studierenden quasi zur Anwesenheit gezwungen werden", erklärte Sprecher Henning Gießen. Anwesenheitspflichten in Lehrveranstaltungen bestehen nach dem bayerischen Hochschulgesetz nicht. Die Anwesenheitspflicht gilt in Bayern nur dort, wo der Einzelne dabei sein muss - beispielsweise beim Sport oder bei Laborübungen.
Die Uni wollte nach Angaben von Vizepräsident Sebastian Kempgen den Studierenden, die Veranstaltungen regelmäßig besuchten, mehr bescheinigen als nur die erzielten Leistungspunkte und die Note in den Modulen (Gruppen von Lehrveranstaltungen). Deshalb habe man in den Human- sowie den Geistes- und Kulturwissenschaften die Regelung eingeführt. Das sei teilweise selbst der Wunsch von Studenten gewesen.
Auch nach Änderung der Bedingungen wolle die Universität den Absolventen ein aussagekräftiges "Transcript of Records" aushändigen, in dem weiterhin die Lehrveranstaltungstitel enthalten sind, so Kempgen.
Johanna Lerke fragt sich, warum sich die Uni nicht vor Einführung der alten Regelung beim Ministerium nach der rechtlichen Grundlage erkundigt hatte: "Die Dokumentation bedeutet schließlich einen enormen Verwaltungsaufwand."