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Ankerzentrum: Warum in Bamberg die Schmerzgrenze erreicht ist


Autor: Michael Wehner

Bamberg, Freitag, 13. April 2018

Nun kommt der Aufschrei gegen ein mögliches Ankerzentrum auch aus der Bevölkerung: Markus Ritter will ein breites Bündnis gegen ein Großlager schmieden.
Eine weitere Ausweitung der Aufnahmeeinrichtung Oberfranken wollen die Bewohner von Bamberg-Ost nicht hinnehmen. Foto: Ronald Rinklef


Die Pläne von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) treiben nun auch Bewohner von Bamberg Ost auf die Barrikaden. Markus Ritter, der bereits eine Online-Petition für eine Obergrenze von 1500 Flüchtlingen in Bamberg initiiert hatte, hofft auf ein breites gesellschaftliches Bündnis für eine Kundgebung und eine Demonstration. Die Protestaktion sollen ein Zeichen gegen die aus seiner Sicht nicht auszuschließende Vergrößerung der Aufnahmeeinrichtung (AEO) an der Pödeldorfer Straße setzen.

Um sein Vorhaben umzusetzen, steht der 37-Jährige derzeit in Kontakt mit den Fraktionen im Stadtrat. Auch OB Andreas Starke (SPD) ist eingeladen mitzumachen. Gegenüber infranken sicherte Starke seine Unterstützung bereits zu. Er sei gerne bereit, bei einer solchen Kundgebung als Redner aufzutreten. "Ich freue mich über jede Initiative, die mich dabei unterstützt, ein Abschiebezentrum in Bamberg zu verhindern", sagt Starke.


Bamberg als Bauernopfer?

Das Szenario ist ernst: "Man steckt doch nicht zehn Millionen in den Ausbau einer Einrichtung, wenn man nicht vorhat, sie irgendwann zu nutzen", begründet Markus Ritter die Ängste, die vor allem in Bamberg-Ost grassieren. Dort hat man Sorge, dass Bamberg zum Bauernopfer im Wahlkampf Seehofers gegen die AfD werden könnte.


Fragen bleiben unbeantwortet

Für Ritter und seine Mitstreiter sind es vor allem drei Fragen, die sich seit dem Vorpreschen des Innenministers stellen: Wie viele Flüchtlinge wird es in Zukunft in Bamberg geben? Wer trägt dann die Verantwortung für die Aufnahmeeinrichtung, wenn sie ein Ankerzentrum wäre, und was passiert nach 2025, wenn der Vertrag zwischen dem Freistaat und der Stadt ausläuft.

Antworten darauf scheint derzeit niemand geben zu wollen oder zu können - auch keine Entwarnung. Im Innenministerium des Bundes verweist man auf den derzeit laufenden Gesetzgebungsprozess. Eine Anfrage der Redaktion an den bayerischen Innenminister Joachim Herrmann vom Donnerstag blieb bislang unbeantwortet.

Im Bamberger Osten scheint unterdessen klar: "Eine Ausweitung der Aufnahmeeinrichtung würde die Belastbarkeit Bambergs übersteigen." Markus Ritter sieht zudem auch für die Einzelhändler in der Stadt die Schmerzgrenze erreicht, die Zahl der Anzahl der Polizeieinsätze sei extrem. "Bamberg tut schon sehr viel. Mehr als 1500 Flüchtlinge in dieser Einrichtung mag ich mir gar nicht vorstellen."

Verständnis für die Sorgen der Anwohner äußert der Bamberger Polizeichef Thomas Schreiber. Die Ordnungskräfte seien dafür da, die politischen Entscheidungen umzusetzen. Doch aus polizeilicher Sicht müsse man konstatieren, dass sich vor allem der Zuzug junger, perspektiveloser Männern als kritisch erweise. Dies werde bei einen Ankerzentrum nicht anders sein. "Kommen in erster Linie junge Familien mit Hoffnung auf ein Leben in Deutschland, so ist das kein Problem. Sind es aber die alleinreisenden, jungen Männer aus Ländern wie Georgien, Marokko oder Senegal, die hierher kommen und eventuell länger bleiben, würde das einen deutlichen Zuwachs für die Kriminalität bedeuten."


Welle der Kriminalität

Zu einer Häufung von Straftaten ist es rund um die AEO in den vergangenen Jahren immer wieder gekommen. Viele Diebstähle konnten in den letzten Monaten Tätern aus Georgien zugeordnet werden. Flüchtlinge aus dem kaukasischen Land stellen mit 294 Personen derzeit die zweitgrößte Gruppe in der AEO.

Unvergessen ist auch die Vielzahl von Autoaufbrüchen- und Diebstählen, die einer Gruppe von nordafrikanischen Intensivstraftätern zur Last gelegt werden konnte. Die Vorfälle lösten in Bamberg ein verheerendes Echo aus, weil Freistaat aber auch Stadt bei Gründung der Einrichtung stets versichert hatten, dass keine Nordafrikaner in Bamberg untergebracht würden.

Was tut die Politik hinter den Kulissen, um einem noch größeren Abschiebezentrum in Bamberg entgegenzuwirken? "Wir suchen gegenwärtig das Gespräch mit den zuständigen Ministern auf Landes- und Bundesebene, um unseren Forderungen Nachdruck zu verleihen. Briefe reichen nicht, wir setzen alle Hebel in Bewegung", verspricht Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD).