Druckartikel: Angeklagter in Bamberg: Pornos als Ersatz für Freundin

Angeklagter in Bamberg: Pornos als Ersatz für Freundin


Autor: Anna Lienhardt

Bamberg, Dienstag, 20. Mai 2014

Ein 22-Jähriger muss für eine Woche ins Gefängnis: Er hatte ein Video im Internet versendet, das den schweren sexuellen Missbrauch eines Mädchens zeigt. Es war das wohl einzige Video dieser Art in der Pornosammlung des Mannes.
Sybolfoto: dpa


Warum hat er 40 bis 50 Pornofilme auf seinem Computer? "Ich hatte noch nie eine Freundin. Die Filme habe ich angeschaut, um das auszugleichen." Das sagt der 22-jährige Angeklagte vor dem Bamberger Amtsgericht. Außerdem erklärt er, dass er sich bei einer Online-Partnerbörse im Internet angemeldet, dies aber nicht den gewünschten Erfolg gebracht habe.

Wegen seiner Pornosammlung sitzt der junge Mann nicht vor Gericht. Sondern deshalb, weil sich unter den zahlreichen Filmen sexuellen Inhalts eine Videodatei befundet hat, die den schweren sexuellen Missbrauch an einem zehn- bis zwölfjährigen Mädchen zeigt, "das sich einen Gegenstand in die Vagina einführt", wie es in der Anklageschrift heißt.

Dieses Video hat Kilian P.

(Name geändert) nach Ansicht des Gerichts an einen Chatpartner im Online-Dienst "icq" versendet und sich damit der Verbreitung kinderpornographischer Schriften schuldig gemacht.
Dass er die Datei verschickt hat, bestritt der Student aus dem Landkreis Bamberg gar nicht. Mit seinen Chatpartnern habe er häufiger Pornofilme ausgetauscht. Aber: "Ich wusste in diesem Fall nicht, dass es sich um so brisantes Material handelt. Sonst hätte ich das sofort von meinem Computer gelöscht."

Dateien mit kryptischen Namen

Als Begründung gab er an, dass er sich nicht alle Filme bis zum Ende ansehe. Außerdem habe er die Dateien nicht umbenannt, um sie etwa nach einem System zu ordnen. Vielmehr bestünden die Namen der Filme aus Zahlen- und Zeichen. Auch das kinderpornographische Filmmaterial war mit einer Nummern-Buschstaben-Kombination gekennzeichnet, den Inhalt habe er nicht gekannt.

Doch genau das war die Kernfrage der Verhandlung: "Hat der Angeklagte mit Vorsatz gehandelt? Wusste er, dass es sich um eine kinderpornographische Datei handelt?", fragte Staatsanwalt Matthias Kröner.
Kilian P. betonte immer wieder, er könne sich an den Inhalt der Datei nicht erinnern. Das hielt Richter Martin Waschner allerdings für eine Schutzbehauptung. "Im Chatverlauf wird ein Video mit ,jung und weiblich' gesucht. Es ging darum, dass das Mädchen besonders jung sein sollte", sagte der Richter in der Urteilsbegründung. Deswegen gehe das Gericht nicht von Fahrlässigkeit, sondern Vorsatz aus. Ähnlich äußerte sich der Staatsanwalt: Der Angeklagte habe überlegt, welche Datei er sendet. "Ich gehe davon aus, dass er den Inhalt kannte."

Auf den Angeklagten selbst, der noch keine Vorstrafen hat, war die Polizei erst durch Ermittlungen in einem anderen Fall aufmerksam geworden. Das sagte ein Polizist aus, der als Zeuge geladen war. Laut seiner Erläuterung war in Bonn ein Mann aufgeflogen, bei dem kinderpornographische Dateien vermutet wurden. Da dieser mit Kilian. P. auf "icq" gechattet habe, sei man schließlich auf letzteren gekommen.

"Die Polizei hat alle Speichermedien des Angeklagten mitgenommen, dort aber keine kinderpornographischen Medien fest gestellt", sagte der Zeuge der Polizei vor Gericht. Das bestätigte auch ein Sachverständiger, der Laptop, Computer und Handy von Kilian P. untersucht hatte.

Nach Jugendstrafrecht verurteilt

Richter Martin Waschner verurteilte den 22-Jährigen zu einem Dauerarrest von einer Woche, 30 Stunden gemeinnütziger Arbeit nach Weisung durch das Kreisjugendamt, sowie drei Gesprächen bei "Pro Familia" binnen sechs Monaten.

Das Urteil für den zum Tatzeitpunkt 20-Jährigen fiel nach Jugendstrafrecht, weil das Gericht die Kriterien dafür erfüllt sah. So sei Kilian P. etwa finanziell und emotional noch in seine Familie eingebunden. Zudem war er offenbar während seiner Schulzeit gemobbt worden und hatte wenig soziale Kontakte, wie aus der Urteilsbegründung hervor ging. Beim Verlesen des Jugendgerichtshilfe-Berichts war die Öffentlichkeit ausgeschlossen worden, da es um die "persönlichen Umstände, insbesondere den Sexualbereich des Angeklagten" gegangen war, wie Richter Waschner erläuterte.