Bamberg: Angeklagter hat Partnerin "zur Beruhigung" gebissen
Autor: Anna Lienhardt
Bamberg, Montag, 10. Juli 2017
Die Beziehung zwischen einem 34-Jährigen und seiner Partnerin war schwierig, vor allem, wenn Alkohol im Spiel war. Versuchte der Mann, sie zu töten?
Es ist der Arbeitgeber von Abbas T. (Name geändert), der an diesem Tag im Bamberger Landgericht am längsten vernommen wird. Fast eine ganze Stunde berichtet er davon, wie er den Angeklagten und dessen Lebensgefährtin erlebt hat, die zeitweise ebenfalls bei dem Zeugen angestellt war.
Abbas T. soll laut Anklageschrift am 23. Dezember 2016 versucht haben, seine 36-jährige Freundin umzubringen. Ein Abend, an dem beide betrunken waren. Der Pakistani soll sie geschlagen, getreten, gebissen, an den Haaren geschleift und schließlich massiv gewürgt haben. Sie werde Weihnachten nicht erleben, habe er angekündigt.
In der Tat wurde am zweiten Verfahrenstag klar: Das hätte passieren können. Denn der Sachverständige aus dem Rechtsmedizinischen Institut Erlangen erläuterte anhand drastischer Bilder nicht nur die stumpfen Verletzungen am Körper der Frau, die "von Faustschlägen oder Fußtritten herrühren können".
Auch die deutlich sichtbaren Würgemale am Hals des Opfers, dunkel verfärbt, seien "massiv" gewesen. "Jeder Angriff gegen den Hals ist potenziell lebensbedrohlich. Es kann zu einem Herzstillstand kommen", sagte der Sachverständige. "Wenn jemand den Hals zudrückt, kann man das nicht mehr beeinflussen." Doch warum der Angriff? Abbas T. schildert in seiner Version der Geschichte, dass ihn seine Lebensgefährtin mit einer spitzen Kartoffelgabel zu Hause erwartet und versucht habe, ihn damit anzugreifen. Sie sei betrunken gewesen und habe herum geschrien.
Sorge vor Wohnungskündigung
Der Angeklagte habe befürchtet, dass sie wegen des regelmäßigen Lärms aus der Wohnung fliegen, also habe er sie an Händen und Hals gepackt und auf das Sofa geworfen. Eine Tötungsabsicht stritt er bereits am ersten Verhandlungstag ab. Stattdessen hat "er wohl versucht, sie zur Beruhigung in die Backen zu beißen, wie er mir erzählt hat". Dieser Satz stammt von Abbas T.s Arbeitgeber, dem Leiter einer Flüchtlingsunterkunft im Landkreis Bamberg. Dort habe sich der Asylbewerber als Hausmeister etabliert, "er hat sich ganz gut gemacht", sagte sein Chef. In dem Flüchtlingsheim lernte der Angeklagte seine Lebensgefährtin kennen, die dort für die Essensausgabe zuständig war.
Allerdings: "Es gab Probleme mit der Frau, so dass wir das Angestelltenverhältnis beendet haben. Sie wurde unzuverlässig, alkoholbedingt ausfällig. Teilweise mussten die Securityleute das Essen austeilen", sagte der Chef.
Wie es denn mit Abbas T. und dem Alkohol war, wollte Vorsitzender Richter Manfred Schmidt wissen. "Anfangs ist er recht zurückhaltend damit umgegangen, dann wurde es mehr."
Trotz der gelegentlichen Querelen verlobte sich das Paar. "Die beiden haben sich unheimlich gern gehabt, wenn sie nüchtern waren", deutete der Chef an. "Es war eine schwierige Beziehung. Ich hätte ihm so eine Tat nicht zugetraut."
Aggressiv gegenüber Polizei
Von einer anderen Seite haben Polizeibeamte den Angeklagten erlebt. Diese waren wegen "Angstschreien" zu der Wohnung in Bamberg-Ost gerufen worden, wie ein Polizist aussagte. An dem Tag vor Heiligabend habe die Frau die Drohungen ihres Partners, dass sie Weihnachten nicht mehr erleben werde, sehr ernst genommen. Ein anderer Zeuge der Polizei berichtet vom schwierigen Transport von Abbas T. "Er wollte nicht in den Bus einsteigen und hat sich so lange gewehrt, bis wir ihn an der Wand fixieren mussten." Auf der Wache habe man den Angeklagten ebenfalls zu Boden bringen müssen, um ihn überhaupt durchsuchen zu können. "Sein Verhalten war aggressiv und aufbrausend."
Auf der Fahrt im Polizeibus habe sich der betrunkene Mann immer wieder beschwert, dass er schon fünf Jahre in Deutschland sei und sich immer schlecht behandelt fühle. Dann soll er noch hinzugefügt haben: "Denkt an Berlin! Wenn ich raus komme, werdet ihr schon sehen!" Ob es sich dabei um eine ernstzunehmende Drohung handelte, die im Zusammenhang mit dem Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt 2016 steht, blieb unklar.
Der Angeklagte sagte später in der Verhandlung, sein Ausspruch sei auf ein Video bezogen, das er von seiner betrunkenen Lebensgefährtin in Berlin gefilmt haben will. Abbas T. wird noch einmal die Möglichkeit haben, das Wort zu ergreifen: Heute wird der Prozess gegen ihn ab neun Uhr im Bamberger Landgericht fortgesetzt. Die Wahrscheinlichkeit, dass auch das Urteil fällt, ist groß.