Amtsgericht Bamberg: Vorträge statt Verhandlungen
Autor: Jutta Behr-Groh
Bamberg, Dienstag, 20. Mai 2014
Bis Donnerstag dienen die Sitzungssäle im Bamberger Amtsgericht als Vortragsräume: Rechtspfleger, Staatsanwälte und Richter stellen ihre Arbeit vor. Anlass ist die "Woche der Justiz". Das Angebot nutzten am ersten Tag rund 130 Zuhörerinnen und Zuhörer - trotz besten Sommerwetters.
Für Ines Blechinger, Stefanie Mühlmann und Judith Utz war es der erste Besuch im Amtsgericht überhaupt. Die jungen Frauen interessierten sich für Vorträge zur Frage "Jugendsünde oder Straftat?" und über Drogendelikte. Themen, über die sie für ihre Arbeit mit Schülern bei der Berufseinstiegsbegleitung der Deutschen Angestellten-Akademie (DAA) gern mehr wissen wollten.
Eine 56-jährige Bambergerin, die anonym bleiben will, steckt mitten in einem Rechtsstreit um ein Anwesen. Sie erwartete sich im Amtsgericht Informationen für ihren eigenen "Fall". Damit sie pünktlich zum Vortragsbeginn um 14 Uhr am Synagogenplatz sein konnte, sei sie extra früher von der Arbeit weggegangen, berichtete die Frau.
"Total interessant" findet sie das Vortrags-Angebot, das die Bamberger Justiz noch heute und morgen zur landesweiten "Woche der Justiz" unterbreitet.
Ob bei dem schönen Wetter viele Leute kommen? Amtsgerichtsdirektorin Gudrun Göller und Leitender Oberstaatsanwalt Bardo Backert warteten gespannt, wie viele Bürger die (über Faltblätter, Medien und Internet verbreitete) Einladung annehmen würden. Man hat für die Besucher eigens rot gedeckte Stehtische bereit gestellt, Broschüren und bedruckte Stofftaschen ausgelegt.
Andrang hielt sich am Dienstag in Grenzen
Der Andrang hält sich am Dienstag in Grenzen. Aber keiner der vier Sitzungssäle ist ganz leer; jedes Thema findet Zuhörer, wenn auch in einem Raum nur zwei Interessierte sitzen. Später stürmt eine Klasse ins Haus, gebremst nur durch die Personenkontrolle, die sie dann aber unbürokratisch als Gemeinschaft passieren dürfen.
Am Ende des ersten Tages wird Hausherrin Göller rund 130 Besucher gezählt haben. Ein Ergebnis, mit dem sie zufrieden war. So sei viel Gelegenheit für Einzelfragen gewesen.
In dieser Form wendet sich die Bamberger Justiz erstmals an die Öffentlichkeit. Die Vortragsreihe ist ein gemeinsames Angebot von Amtsgericht und Staatsanwaltschaft.
Die Kooperation liegt für Backert auf der Hand. Er sagt: "Wir sind die Arbeitsebene der Justiz. Wir sind die örtliche Instanz, die für nahezu alles zuständig ist." Entsprechend breit ist das Themenspektrum; es geht zum Beispiel um Verkehrsdelikte und Ermittlungen bei ungeklärten Todesfällen, ums (Ver)Erben und um Grundbuchangelegenheiten.
Letztere gehören zum Alltag an einem Amtsgericht, über den die Medien selten berichten. Deshalb freue es sie, so Direktorin Göller, dass Abteilungen, die nicht so in der Öffentlichkeit stehen, einmal Gelegenheit haben, sich und ihre Aufgaben vorzustellen. Sie findet: Über den Beruf des Rechtspflegers sei eigentlich viel zu wenig bekannt.
Rechtspfleger arbeiten eng mit den Richtern zusammen
Dabei üben ihn mehr Frauen und Männer am Amtsgericht aus, als es Richterinnen und Richter gibt: Das Verhältnis ist 36:21. Rechtspfleger seien beispielsweise allein verantwortlich für das Grundbuch und Zwangsversteigerungen; bei Betreuungen etwa arbeiteten sie eng mit den Richtern zusammen.
Wegen einer Betreuung, die sie für ihre Mutter beantragt aber nicht bekommen habe, kam gestern eine Bambergerin, die nicht genannt werden will. Sie erhoffte sich vom Vortrag Informationen, die ihr weiterhelfen.
Dass Betroffene die Gelegenheit nützen und Ansprechpartner finden, sei durchaus gewollt, sagt Franz Truppei, der Pressesprecher des Oberlandgerichts. Ein weiteres Anliegen sei es, zu zeigen, dass die Justiz "mehr ist als Streit und Straftaten". Ein Bild, das nicht zuletzt die TV-Gerichtsshows vermitteln.
2003 fand zur "Woche der Justiz" am Amtsgericht noch eine gespielte und kommentierte Verhandlung statt. Heuer ist nichts dergleichen geplant; es fände nicht mehr viel Interesse, glaubt Truppei in Anspielung auf die mögliche Übersättigung des potenziellen Publikums.