Am Ende eine teure Dummheit
Autor: Udo Güldner
Bamberg, Montag, 17. Sept. 2018
Ein 46-jähriger Berufskraftfahrer ärgerte sich über ein Bußgeld wegen Tempoüberschreitung und wollte der Polizei einen üblen Streich spielen.
Aus Wut über einen Bußgeldbescheid hatte ein 46-jähriger Bamberger das Gesetz in die eigenen Hände genommen. Mit einem selbst gebastelten Nagelbrett hatte er ein Dienstfahrzeug der Verkehrspolizei zwei platte Reifen verpasst. Das brachte ihn nun vor Strafrichter Matthias Schmolke. Auf die Spur kam man dem Täter durch eine Fotofalle für Wildtiere, auf der er mit seinem Fahrzeug zufällig aufgenommen worden war.
Wieder einmal ist Peter O. (Name geändert) im Oktober 2017 mit seinem Lkw rund um Bamberg unterwegs. Als Berufskraftfahrer für ein Bauunternehmen. Wieder einmal hat er es eilig: 17 Stundenkilometer zu eilig. Dass er dabei "geblitzt" wird, erfährt er erst zwei Wochen später per Post. 30 Euro Geldbuße soll er zahlen, schon wieder. Doch anstatt in sich zu gehen und das eigene Fahrverhalten zu hinterfragen, greift Peter O. kurzerhand zum Hammer. In seiner Werkstatt treibt er eine ganze Reihe an Nägeln durch eine Holzlatte und bastelt in kürzester Zeit in ansehnliches Nagelbrett. "Da hat er sich sehr viel Mühe gemacht," klangen die Worte eines Polizeibeamten beinahe anerkennend.
Dann erkundigt Peter O. sich über die Blitzer-Meldungen der Polizei Oberfranken, wo und wann das nächste Mal eine Geschwindigkeitsmessung durchgeführt wird. Auf der B 505 bei Pettstadt wird er fündig. Aus der jahrelangen Erfahrung auf der Strecke weiß er, wo das Einsatzfahrzeug wohl stehen wird. Also macht er sich einige Meter neben der Bundesstraße auf einem Forstweg an die Arbeit. Dort gräbt er eine Furche, in die er sein Nagelbrett versenkt. Zur Tarnung der "heimtückischen Falle", so Staatsanwältin Andrea Götz, streut er Erde und Laub darüber. Es ist ja Herbst. Als die Polizeistreife eintrifft, ist alles vorbereitet. Prompt fährt der 58-jährige Beamte über das Nagelbrett. "Mir ist nichts aufgefallen. Ich hatte die schönsten Chancen, da beim Ausladen der Geräte arglos hineinzustiefeln, wenn das Holz nicht an einem der Reifen hängengeblieben wäre."
Keinerlei Verständnis
Für die öffentlich angekündigten Blitzer-Stellen hatte der betroffene Polizeibeamte keinerlei Verständnis. Nicht nur wegen solcher Sabotage-Aktionen. Auch weil dann immer wieder Verkehrsschilder von der Strecke verschwänden, die das Tempolimit anzeigten. Einmal habe sogar jemand das sonst offene Wildtor zugeschweißt, um die Zufahrt unmöglich zu machen. Damit wolle man ihnen das Leben schwer machen. "Die Leute denken immer, damit machten wir das große Geld. Wir von der Polizei sind aber keine Raubritter und Provisionen bekommen wir schon gar nicht." Es gehe nicht ums Geld, sondern um die Verkehrssicherheit. Da suche jeder die Schuld beim anderen, obwohl er selber gerast sei. Schließlich habe es kurz zuvor ganz in der Nähe wieder einen schweren Unfall gegeben, "wo wir wieder einen wegtragen mussten".
Sein Mandant habe nur die Polizeibeamten ärgern, nicht aber jemanden verletzen wollen, erklärte Rechtsanwalt Jochen Kaller (Bamberg). "Solche Akte der Selbstjustiz sind ihm ansonsten völlig fremd." Peter O. habe gedacht, das Fahrzeug führe über das Nagelbrett, es mache Zisch, die Reifendruckkontrolle melde sich und dann müsse der Abschleppwagen kommen. Dass der Verkehrspolizist aussteigen würde und in das Nagelbrett treten könnte, das habe er nicht bedacht - und auch nicht gewollt. Eine konkrete Gefahr für Fußgänger oder Autofahrer habe nie bestanden, zumal das Gelände so abgelegen sei, dass nicht mit viel Frequenz zu rechnen gewesen sei.
Milderne Umstände
Mit seiner Verteidigungsstrategie hatte Rechtsanwalt Kaller Erfolg. Die von Staatsanwältin . Götz beantragten acht Monate Freiheitsstrafe zur Bewährung wegen eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr, einer versuchten gefährlichen Körperverletzung und einer Sachbeschädigung blieben reines Wunschdenken. "Nur eine Sachbeschädigung ist nachweisbar", so Amtsrichter Schmolke.
Zugunsten des Angeklagten wertete Strafrichter Schmolke das Geständnis, die fehlenden Vorstrafen und den geringen Sachschaden von gerade einmal 500 Euro für zwei defekte Autoreifen. Mit 70 Tagessätzen à 65 Euro Geldstrafe wegen Sachbeschädigung wurde es allerdings eine teure Dummheit. Ärgerlicher für den Berufskraftfahrer ist indes, dass er einen Monat lang nicht mehr hinter dem Steuer sitzen darf. Zumindest kann er in dieser Zeit nicht wieder geblitzt werden.