Am Anfang war das Schweinsohr
Autor: Rudolf Görtler
Bamberg, Freitag, 07. Dezember 2018
Ihren Geburtstag feiert die Bamberger Band mit zwei Konzerten im Jazzclub - wo vor 40 Jahren alles begann.
Wie lange gibt es jetzt die "Rolling Stones"? Gefühlt immer (es sind ¬ 56 Jahre). Deren in der Band-Frühzeit größte Konkurrenten, die "Pretty Things" (gegründet 1963), gaben vor einigen Jahren in Bamberg ein grandioses Konzert; die Bandleader waren damals schon über 70. Mit solchen Rock-Methusalems, Ausnahmen im schnelllebigen Musikgeschäft, können die Lokalheroen von "Schweinsohr Selection" noch nicht ganz mithalten. Wer weiß, was noch kommt? Aber 40 Jahre hat die Formation nun auch schon auf dem imaginären Buckel, und das muss gefeiert werden: mit einem Doppelkonzert im Jazzclub.
Dort begann alles mit einem Auftritt am 11. August 1978 (der Mitschnitt eines Songs aus diesem Auftritt ist nebst vielen Informationen und teils anrührenden Fotos auf der Band-Homepage www.schweinsohrselection.de zu finden). Alles - und doch nicht ganz.
Denn der Nukleus der Formation, die im Lauf der Jahre rund 100 Musiker durchliefen, liegt im Café Beckstein. Eines Tags vor 40 Jahren trafen sich dort Engelbert "Place" Platz, schon zu dieser Zeit fast ein Veteran Bamberger Popmusik, Rainer Rumpel, der heute u. a. als Schlagzeuglehrer arbeitet, und Ernst Kroker, Ausnahmetalent an der Gitarre, 1999 unter mysteriösen Umständen gestorben. Zum Kaffee genossen die Drei das in Bamberg geschätzte Gebäck Schweinsohren, und siehe: Der Bandname ward geboren.
Diese Anekdote geben Irmgard Klarmann und Walter "Waldi" Bauer gern zum Besten. Die beiden waren beim Gründungstreffen zwar nicht dabei, doch man tut ihnen nicht unrecht, ihnen das Etikett "Schweinsohr-Urgestein" zu verpassen. Dabei waren sie, wiewohl noch jung an Jahren, auch damals keine musikalisch unbeschriebenen Blätter mehr.
Klarmann, aus Eltmann stammend, hatte sich früh für "schwarze" Musik begeistert, in diversen Bands gesungen und auch bei "Jessica", wo Ernst Kroker die Gitarrensaiten traktierte. Erinnert sich noch jemand an den Rosenmontag 1976?
Damals spielte "Jessica" (benannt nach einem Song der "Allman Brothers Band", der immer im Abspann des Club 16 auf Bayern 2 aufgelegt wurde) im "Mondschein", die Stimmung war gut, die Musik laut, und schließlich tauchte die Polizei auf. Für Bamberger Verhältnisse uferte das aus zu einem regelrechten "riot", und im FT kam das "Mondschein"-Publikum, meist Schüler und Studenten, gar nicht gut weg ... Ja, so war das damals.
Waldi Bauer, unwilliger Klavierschüler, heute fit an Schlagzeug, Keyboards, E-Bass und Gitarre und der "Manager" der sonst absolut gleichberechtigten Band, hatte ebenfalls schon eine kleine Laufbahn als Musiker in Gruppen wie "Reverb" und "Charity" zusammmen mit Place oder auch mal einen Auftritt als 15-Jähriger in der legendär-berüchtigten Citybar in der Kleberstraße hinter sich. Dass ihn das nicht vom Lernen abhielt, beweist seine weitere Karriere: Bis voriges Jahr war er Professor für Organische Chemie an der Uni Erlangen mit dem Spezialgebiet Kernresonanzspektroskopie. Und er hat es irgendwie geschafft, die Atomkerne zum S(ch)wingen zu bringen, etwa im Song "500 Miles" von Peter, Paul & Mary.