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Alt-Erzbischof Karl Braun: Der Mystiker von Wildensorg


Autor: Marion Krüger-Hundrup

Bamberg, Freitag, 11. Dezember 2015

Alt-Erzbischof Karl Braun begeht am 13. Dezember ohne große Feier seinen 85. Geburtstag. Aufmerksam verfolgt er die innerkirchlichen Debatten um die ewig heißen Eisen.
Alt-Erzbischof Karl Braun (sitzend) bei einem Neujahrsempfang der Stadt Bamberg Archivfoto: Ronald Rinklef


Wäre Karl Braun im politischen Leben aktiv gewesen, würde man ihn als "elder statesman" gern um Rat fragen. Doch er ist lediglich ein Kirchenmann, war Bischof von Eichstätt (1984-1995), danach Erzbischof von Bamberg (1995-2001). Dabei könnte Braun, der am Sonntag, 13. Dezember, in geistiger Frische seinen 85. Geburtstag begeht, so einige Ratschläge in der Kirchenkrise erteilen. "Es wäre überheblich, nach Art von Patentrezepten ein Programm zu geben, das für den Augenblick hilfreich sein könnte", wehrt der Jubilar aber ab.

Das bedeutet nun nicht, dass sich der gebürtige Allgäuer von all den innerkirchlichen Diskussionen um die ewigen heißen Eisen völlig abschottet: "Mein Ruhestand bedeutet nicht, dass meine Anteilnahme an allem, was sich in und um die Kirche tut, beendet ist", sagt Braun. Schließlich sei er ja nicht zum "Bischof auf Zeit" geweiht worden. Gleichwohl lebt der Alt-Erzbischof eher zurückgezogen in seinem Haus in Wildensorg. Ein Tribut an das Alter, ein selbst auferlegtes Muss als Emeritus, der seinem Nachfolger auf dem Bischofsstuhl das tägliche Feld zum Beackern überlässt.

Seine profunde Gegenwartsanalyse - etwa "die Partizipation und Mitverantwortung aller Getauften sind noch nicht erreicht" oder "es ist notwendig, von lähmenden Debatten um Strukturen und Kompetenzen zurückzufinden zu Jesus Christus" - paart sich mit einer Ewigkeitsnähe in österlicher Hoffnung. Reife und Friede, Glaube und Treue, Gottvertrauen und Gelassenheit strahlen von diesem alten Herrn aus. Er spricht selbst von seinem steten Bemühen, "tiefer in das Mysterium einzudringen" - im Gebet, in der Kontemplation.

Wenn Karl Braun den Begriff "Spiritualität" gebraucht, öffnet sich dem Zuhörer eine Welt der verborgenen göttlichen Geheimnisse. Er lässt spüren, wie intensiv sein bischöflicher Wahlspruch in sein eigenes Leben ausstrahlt: "Sie werden auf den blicken, den sie durchbohrt haben." Braun übersetzt dieses Leitwort in die Weite hinein: "In aller Unsicherheit der Welt und unseres Lebens, angesichts der Frage, was denn noch sicher ist, dürfen wir vertrauen: Sicher ist die Liebe dieses durchbohrten Herzens, sicher ist seine Barmherzigkeit."

In seinen aktiven Bischofsjahren sah sich Karl Braun dem Vorwurf von Kritikern ausgesetzt, er sei "erzkonservativ". Dieses oberflächliche Schubladendenken mag seiner Geradlinigkeit, marianischen Frömmigkeit und Grundsatztreue geschuldet gewesen sein. Der Emeritus charakterisiert sich selbst als "Konservativen mit Blick nach vorn", als "bewahrenden Beweger" und "bewegenden Bewahrer", der sich um verantwortbare Ausgewogenheit bemüht. Angesichts zunehmender Attacken gegen Gott und die Kirche reklamiert er eine "missionarische Gesinnung" und fordert ein "Ablegen von Kleingläubigkeit und Menschenfurcht". Gerade seinen priesterlichen Mitbrüdern wünscht er nachdrücklich, "dass sie bei Christus bleiben", um den Zölibat "menschlich tragbar" leben zu können.

Karl Braun studierte in Rom Theologie, empfing dort am 10. Oktober 1958 die Priesterweihe, promovierte im Fach Kirchenrecht und war während des Zweiten Vatikanums Konzilssekretär seines Augsburger Heimatbischofs. Weitsichtig bilanziert Braun: "Die vom Konzil initiierte wahre Reform der Kirche kann nicht gelingen ohne die innere Erneuerung und Umwandlung des Geistes und des Herzens." Eine Reform der Kirche habe zu allen Zeiten "mit einem Umbruch im inneren Leben begonnen, oft sogar bei wenigen einzelnen oder in kleinen Gruppen".

Der Weg der Verwandlung müsse von innen nach außen gehen: "Eine andere Abfolge führt nach dem Geist und dem Buchstaben des Konzils nicht zum Ziel", wendet er sich gegen die heutigen Reformforderungen an Papst Franziskus, an die Hierarchie und die Priester, "kaum aber gegen sich selbst". Die Kirche sei schließlich kein "Meinungsclub" oder ein "Supermarkt der Unverbindlichkeiten", sondern eine "Communio", eine Gemeinschaft, die zusammengehalten werde durch die "Bande des Glaubensbekenntnisses, der Sakramente und der kirchlichen Leitung".

Sichtbare und weiterwirkende Stationen des Weges von Karl Braun sind das von ihm ins Leben gerufene "Bamberger Pastoralgespräch" mit dessen Umsetzung in den Pastoralplan, die Errichtung einer Ehrenamtsstiftung, eines Arbeitslosenfonds oder die Förderinitiative für das Jugendbildungshaus "Am Knock" in Teuschnitz. Diese "Erfolgsmeldungen" sind für den Alt-Erzbischof aber zweitrangig, wie er sagt: "Von Gott her bemessen sich Erfolg oder Misserfolg." Erst in der Mitte der Nacht des Todes, des scheinbaren Scheiterns, des totalen Misserfolgs "bricht der Ostermorgen an", erkennt Karl Braun.

Seinen Geburtstag feiert er mit einem Dankgottesdienst, den Erzbischof Ludwig Schick zelebriert, und einem Essen im kleinen Kreis.