Alice im Knochenland
Autor: Natalie Schalk
, Dienstag, 16. November 2010
Rock'n'Roll bedeutet bei Alice Cooper: Die Band rockt und Coopers Kopf rollt. Theatralisch, wunderbar übertrieben und mit den Requisiten eines Horrorfilms inszeniert er seine skurrile Rockoper "Theatre of Death". Den Bühnentod starb er am Montag in Bamberg gleich mehrmals.
Dem macht das einfach Spaß. Da fegt ein 62-Jähriger über die Bühne, und er trägt die Show, er reißt die Leute mit und zeigt kein Anzeichen von Müdigkeit. Er fängt an mit "School's Out" und spielt eineinhalb Stunden einen Hit nach dem anderen. Die Leute singen mit, wie er es will. Wie ein Tambourmajor im Spielmannszug dirigiert er Band und Publikum mit dem Stab - nur dass dieser bei ihm ein Gerippe ohne Kopf ist. Er piekst den Bassisten mit dem Knochen und jagt maskierte Horrorfiguren über die Bühne. Und natürlich die Krankenschwester. Ein mörderisches Weib! Zu "Poison" killt sie ihn mit einer metallisch-glänzenden Riesenspritze. Ein goldener Schuss.
Aber er kommt wieder. Er kommt immer wieder. Scharf und klar schallt der Sound durch die Stechert-Arena. "Krrakrs" ist ein recht anschauliches Geräusch für das brechende Genick des Rockstars, als er gehängt wird. Viel leiser klingt die Guillotine, kaum hörbar plumpst Alice' Kopf herunter. Zu dreschenden Gitarren ersteht er auf, greift den Kopf vom Boden und schleudert ihn an den Haaren herum. Grotesk, unterhaltsam, rasant - die Mischung aus Tricks und Hits ist einfach ein Mordsspaß.
Wenn er stirbt, verschwindet er von der Bühne und die Band rockt alleine weiter. Cooper ruht sich derweil nicht aus, sondern schlüpft in ein neues Kostüm: mal Uniform, mal Zwangsjacke, mal Riesenspinne. In der Zugabe trägt er ein Trikot der Brose Baskets. Hinten drauf steht Alice Cooper und die Nummer 18. Etwa eine Stunde vorher hat er "I'm Eighteen" gesungen, dazwischen zu "Dirty Diamonds" Perlenketten ins Publikum geworfen, eine Krankenschwester stranguliert und eine Menge Kunstblut verarbeitet. Danach wirkt er amüsiert und immer noch frisch. Kraftvoll. Lebendig - je öfter er stirbt, umso lebendiger. Einmal kommt er nicht wieder. "Theatre of Death" geht leider nicht ewig. Aber ein paar Tausend Besuchern wird dieser Theaterbesuch lange im Gedächtnis bleiben.