Ärger um den Radweg in der Langen Straße in Bamberg
Autor: Michael Wehner
Bamberg, Montag, 04. Mai 2015
Fahrradfahrer sollen sich in der Langen Straße künftig den Platz mit Autofahrern und Bussen teilen, wenn sie Richtung Kranen unterwegs sind. Auf Höhe der Hellerstraße kommt es deshalb zu brenzligen Einfädelmanövern.
Eine eigene Spur für Fahrradfahrer? Seit kurzem gehört dieses Privileg in einer der meist frequentierten Straßen der Altstadt der Vergangenheit an. Radfahrer, die auf der Langen Straße in Richtung Kranen fahren, werden in Höhe Hellerstraße durch die neue Gehsteiggestaltung relativ abrupt auf die Fahrbahn gezwungen. Gefährliche Situationen sind beim Einfädeln nicht ausgeschlossen.
Es hat nicht lange gedauert, bis die Neuerung Protest bei Radfahrern ausgelöst hat. Adrian Hillmann etwa. Er ärgert sich, dass zur selben Zeit, in der der Freistaat Bayern zu einer millionenstarken Radwegeoffensive bläst, in Bamberg offenkundig eine wichtige Radwegeverbindung weggenommen wird. Mit unerwünschen Nebenwirkungen: "Als Fahrradfahrer fährt man jetzt direkt auf eine Bordsteinkante zu", sagt Hillmann. Dabei geht es nicht nur um Bequemlichkeit oder den Anspruch der Zweiradfahrer, ohne Stau entlang des Innerstädtischen Rings fahren zu können. "Letzte Woche habe ich selbst erleben müssen, wie vor mir ein Junge beim Einfädeln fast mit einem parallel fahrenden Müll-Laster kollidiert wäre. Das war richtig gefährlich."
Auch im Bamberger Stadtrat hat das plötzliche Ende eines stadtbekannten Radwegs bereits zu Diskussionen geführt. Stadtrat Michael Bosch (Bamberger Realisten) versuchte auf dem Wege eines Dringlichkeitsantrags seine Kollegen davon zu überzeugen, schnell für Abhilfe zu sorgen. Aus seiner Sicht zwingt die erfolgte Umgestaltung die Radfahrer, sich in den Kolonnenverkehr einzufädeln - ein auch wegen des Totwinkels unhaltbarer Zustand. "Das ist brandgefährlich."
Polizei: Noch kein Unfall
Zustimmung erhielt Bosch von Dieter Weinsheimer (FW), der der jetzigen Lösung attestierte, in der Bürgerschaft als Problem angesehen zu werden. Als berechtigt, aber nicht als dringlich bewertet Stadtrat Heinz Kuntke (SPD) den Vorstoß. Noch habe es keinen Unfall gegeben.
Dies bestätigt auch die Bamberger Polizei. Die Stelle in der Langen Straße sei noch nicht negativ in Erscheinung getreten. Vergleichbares Gefahrenpotenzial gebe es in Bamberg an vielen Stellen. Es komme an solchen Orten besonders darauf an, aufeinander Rücksicht zu nehmen.
2012 ist die Neugestaltung des in Fahrtrichtung rechtsseitigen Gehwegs vom Stadtrat einstimmig beschlossen worden. Ziel ist, die Aufenthaltsqualität in der Langen Straße zu verbessern.
Eine Maßnahme: Die zur Verfügung stehenden Verkehrsflächen sollen besser aufgeteilt und voneinander getrennt werden. Dies bedeutet, dass der Gehweg auf Kosten des Radwegs in Fahrtrichtung verbreitert wird. Radfahrer, die in Richtung Kranen unterwegs sind, sollen sich künftig den Platz mit den Autofahrern teilen. Und dies nicht nur für die 100 Meter, die wegen Kabelarbeiten im Untergrund bereits fertig sind sind, sondern für die gesamte Strecke vom Schönleinsplatz bis zum Kranen.
Baureferent Beese sprach sich im Stadtrat dagegen aus, die vor drei Jahren gefundene Kompromisslösung zurückzuziehen, ehe sie erprobt worden sei. Nach seinen Worten soll noch in dieser Woche eine Radmarkierung auf der Fahrbahn aufgebracht werden. Sie wird den zur Verfügung stehenden Platz zwar nicht mehren, soll aber dazu beitragen, dass die Autofahrer weiter links fahren.
Unklar bleibt, ob das mittlerweile fertig gestellte mittlere Teilstück der Gehweggestaltung in naher Zukunft in beide Richtungen ergänzt wird oder vorerst nur ein Torso bleibt. Ein Stadtratsmitglied wies darauf hin, dass das Problem dadurch entschärft werden könnte, wenn sich die Radfahrer bereits bei der Einmündung Promenadestraße in den Verkehr einordnen müssten. Auch Peter Gack von den Bamberger Grünen unterstützt das Ziel, die Lange Straße durch die Auflösung des Radwegs aufzuwerten. Um das Miteinander von Auto- und Fahrradverkehr auf der Fahrbahn verträglich zu gestalten, schlägt er vor, einen so genannten verkehrsberuhigten Geschäftsbereich mit 20 Stundenkilometern Höchstgeschwindigkeit einzuführen.
Ob das die Sturm laufenden Fahrradfahrer beruhigen wird, ist allerdings fraglich: "Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier Radfahrer zu lebenden ,Verkehrsberuhigern' gemacht werden und die Interessen einiger weniger Gastronomen an einer größeren Freischankfläche vorgehen", sagt Adrian Hillmann.
