Druckartikel: Abrissphantasien: Bamberg bekommt einen achten Hügel

Abrissphantasien: Bamberg bekommt einen achten Hügel


Autor: Michael Wehner

Bamberg, Montag, 22. Dezember 2014

Auch "Lorenzen Architekten" aus Berlin wollen die 400 Wohnungen der Flynn-Area abbrechen. Der Verzicht "am Rand" der Stadt soll helfen, die Lagarde-Kaserne zu einem funktionierenden Stadtteil zu entwickeln.
Auch die Berliner Architekten "Lorenzen" sehen langfristig keine Zukunft für rund 400 Wohnungen auf der Flynn-Areal. Der Plan enthält sie nicht mehr.


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Noch ist es nur ein Plan, aber er hätte interessante Konsequenzen für Bambergs Ruf als fränkisches Rom, das wie die ewige Stadt bekanntlich auf sieben Hügeln gegründet ist. Würde sich die Jury des Konversionswettbewerbs für den Entwurf von "Lorenzen Architekten" aus Berlin entscheiden, bekämen Domberg und Co. Konkurrenz im Osten - den Konversions- oder auch Trümmerberg.

Dieser rund 50 Meter hohe Hügel hätte vermutlich eine grandiose Aussicht zu bieten, denn er würde sich dort erheben, wo eine Geländeterrasse schon heute den Blick auf die Welterbe-Silhouette freigibt.
Freilich gibt es auch kritische Punkte: Der Hügel läge in etwa da, wo sich heute noch die US-Grundschule befindet. Und auch sonst würde er nicht von selbst in die Höhe wachsen, sondern aus all dem gespeist werden, was auf dem Konversionsgelände möglicherweise nicht mehr gebraucht wird.

Das ist eine Vielzahl von technischen Gebäuden, das sind unzählige Hektar zugepflasterter und asphaltierter Fläche. Das sind aber auch Wohnungen! So ist das komplette Flynn-Quartier mit rund 20 Wohnblocks und 400 Wohnungen auf dem Plan von Lorenzen ausradiert, was sich viele Bamberger eher nicht ausmalen wollen (siehe Artikel unten). Auch die Architekten von Lorenzen schließen deshalb eine Zwischennutzung der Wohnblocks nicht aus, wie sie jetzt etwa für Flüchtlinge angestrebt wird. Aber mehr auch nicht. "Leider ist das Areal einfach zu groß für Bamberg. Wir müssen an den Rändern etwas wegnehmen, damit wir in der Lagardekaserne zu funktionierenden städtebaulichen Einheiten kommen", sagt Architekt Reinhard Mayer.

Was er damit meint, haben auch andere schon vorgerechnet: Selbst wenn man bis 2025 von 6500 nach Bamberg zuziehenden Menschen ausgeht, könne man nicht alle bestehenden Wohneinheiten füllen, glaubt Mayer. Freilich geht er wie die Stadt und die meisten anderen Teilnehmer des Konversionswettbewerbs davon aus, dass die Lagardekaserne Vorrang hat. Hier soll rund um die gründerzeitlichen Gebäude quasi als Impulsgeber für die gesamte Konversion ein verdichteter Stadtteil entsteht - mit Geschosswohnungen, mit Reihenhäusern, Innenhöfen und der nötigen Nahversorgung. Die finanzielle und bevölkerungspolitische Dynamik würde an dieser Stelle der Stadt dringend fehlen, würde sie ausschließlich in die Füllung vorhandenen Wohnraums fließen, meint Mayer.

Ein dicht bebautes urbanes Quartier - das ist die Perspektive links vom Berliner Ring. Rechts davon würde nach Lorenzen ein anderes Bamberg dominieren: mit Kurzumtriebsplantagen, also Pappelwäldchen zur Energiegewinnung, mit Photovoltaikflächen und einem großen Stück Weideland im mittleren Teil. Ländliche Romantik am Rande er Stadt? Hier folgen die Planer der Idee der energieautarken Stadt . Andererseits soll das Areal für zukünftige Nutzungen offen gehalten werden, ohne Kosten zu produzieren, wie sie etwa für einen Park anfallen.
Bei der Stadt hat der Entwurf nur mäßigen Beifall gefunden. In der Konversionszeitung der Verwaltung ist die Rede vom Verlust an stadtteilprägenden Bäumen und Häusern; gleichzeitig wünscht man sich "mehr Mut" bei der Einschätzung positiver Impulse für Bamberg. "Es ist schade, dass Bamberg nicht mehr zu getraut wird", sagt Harald Lang vom Konversionsamt.

Eher reserviert zeigt sich auch Jörg Musial von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben. Grundsätzlich finde man die Idee einer preisgünstigen Schuttentsorgung vor Ort nicht schlecht. Andererseits will Musial nicht hinnehmen, dass Hunderte von Wohnungen abgerissen werden, während gleichzeitig hoher Bedarf an bezahlbarem Wohnraum bestehe."Wir kämpfen dafür, dass diese Wohnungen erhalten bleiben", sagt Musial.