Abholzung: Das Kahlschlag-Argument
Autor: Sebastian Schanz
Bamberg, Mittwoch, 17. Oktober 2018
In der Ringstraße am MTV-Gelände ärgern sich Anwohner, dass das Gartenamt bis zu 50 Bäume fällt. Andere Nachbarn fordern mehr Abholzung: Denn Wurzeln bilden Stolperfallen. Die Problematik besteht an vielen Stellen in der Stadt.
Ausgerechnet in der Nähe des Hauptsmoorwaldes sorgt eine Baum-Fällaktion für Gesprächsstoff: In der Heinkelmann- und der Hubertusstraße, Teile eines Rings am MTV-Gelände, fielen bereits einige Platanen der Säge zum Opfer. Weitere sollen folgen. Doch während die einen Anwohner den gewohnten Schattenspendern hinterhertrauern, wollen andere am liebsten alle 50 Bäume in der Siedlung fallen sehen, weil die Wurzeln Gehweg-Platten nach oben drücken und Stolperfallen bilden - ein Problem, das in zahlreichen Straßen Bambergs besteht.
"Man geht aus dem Haus und denkt, hier werden die Baumkronen ausgelichtet. Und wenn man heimkommt, liegen drei Platanen flach", ärgert sich Andrea Wachter über die Maßnahme. "Ich finde es total unsensibel, gerade jetzt, wo über den Kahlschlag auf dem nahen Muna-Gelände diskutiert wird, ohne Vorwarnung der Anwohner eine komplette Abholzungsaktion anzuordnen."
Die Bäume wirkten gesund. Die Familie genießt die grüne Gegend mit viel Vogelgezwitzscher und natürlichem Schatten. Sollte es damit bald vorbei sein? Noch etwas anderes ärgert die Bambergerin: Bei privaten Bauprojekten sei es immer heikel, wenn Bäume fallen müssen. Und hier ziehe die Stadt das einfach so durch: "Wenn man die aktuell aufgestellten Parken-Verboten-Schilder sieht, sind es bestimmt um die 15 Bäume, die gefällt werden." Und das sei nur ein Bruchteil der Heinkelmannstraße. Tatsächlich: Mit den anderen Teilen des Rings, der Jahnstraße und der Josef-Manger-Straße droht mehr als 50 Bäumen die Säge. "Für uns Anwohner ist das ein Schock! Ein radikaler Kahlschlag! Und das alles, weil die Bäume den Gehweg kaputt machen?"
Exakt, bestätigt die Stadt Bamberg. Pressesprecher Steffen Schützwohl erklärt: "Es sind auch ein paar geschädigte Bäume dabei, aber der Hauptgrund für die Fällung ist, dass die Bäume den Gehsteig schädigen." In einem ersten Schritt in der Heinkelmann- und der Hubertusstraße wurden deshalb elf Bäume entfernt. Weitere sollen folgen.
Säulenhainbuche statt Platane
Damit würde die Stadt Bamberg die Wünsche von einigen Bürgern erfüllen, betont Schützwohl. "Die ersten Anwohner melden sich schon, warum nicht ihr Baum auch gefällt wurde", hat Schützwohl aus dem Gartenamt der Stadt erfahren. Über die aufgebrochenen Stellen auf dem Gehsteig seien Passanten gestürzt - nur durch Glück sei bisher niemand verletzt worden. Manche Bürger hätten ihre Bitten auch mit Fotos untermauert, berichtet Schützwohl. Wer die betreffenden Stellen sehen will, muss in der Ringstraße nicht lange suchen: Überall rote Steinplatten, die von Wurzeln nach oben gedrückt worden sind. Die Ecken ragen mehrere Zentimeter über das Pflasterniveau hinaus.
Mancher Bürger habe ganz konkret darum gebeten, einzelne Bäume vor bestimmten Hausnummern zu entfernen, auch um künftige Schäden an Haus oder Versorgungsleitungen zu vermeiden. Die Ablehnung gelte dabei nicht Bäumen generell, sondern nur den Platanen - der Vorschlag eines Bürgers: Pfahl- statt Breitwurzler pflanzen.
Diesen Plan verfolgt die Stadt. Zunächst wird der Gehsteig saniert, alle Stolperfallen beseitigt. "Die Fällung ist nötig, um die Hubbel zu begradigen, denn wenn die Wurzeln drin blieben, ließe sich das nicht machen", erklärt Schützwohl. Dann werden neue Bäume gepflanzt - keine Platanen mehr, sondern Säulenhainbuchen und Gleditschien.