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8000 Stunden Arbeit: Ehepaar saniert altes Haus in Strullendorf


Autor: Bertram Wagner

Strullendorf, Mittwoch, 19. November 2014

Bereits 8000 Stunden haben sie in ihre "neue Lebensaufgabe" investiert: Berthold und Christine Schubert sorgen für ein bauliches Vorzeigeobjekt im Strullendorfer Ortskern.
Links gut zuerkennen der bereits sanierte ehemalige Kuhstall, rechts das alte Hauptgebäude, das noch arbeitsintensive Jahre fordert. Im Moment ist der Dachstuhl dran. Fotos: Bertram Wagner


Ortstermin Bamberger Straße 15 an der B 4: denkmalgeschütztes Haus, erbaut 1796, Ziegel aus dem 17. Jahrhundert, 1350 Quadratmeter, Gasthaus und Wohnhaus, von Kriegsschäden verschont und nun seit drei Jahren die "neue Lebensaufgabe" von Berthold und Christine Schubert. Das Ehepaar - ausgestattet mit viel "baulicher Lust" und voller Ideen - will in Eigenregie und unterstützt von einem Architekturbüro mit viel Denkmalschutzerfahrung sowie in guter Zusammenarbeit mit dem Denkmalamt das alte Anwesen schräg gegenüber der Laurentius-Kirche zu ihrem zukünftigen Zuhause herrichten. Die Eigentümer planen, das Obergeschoss zu bewohnen und das Erdgeschoss gewerblich zu vermieten.

Synergieeffekt für die Gemeinde: Der Ort erhält ein bauliches Schmuckstück der ganz besonderen Art. "Das ist sehr wertvoll, wenn solche Projekte wiederhergestellt werden. Da wird das gesamte Ortsbild aufgewertet.

Man muss dankbar sein für solche Leute wie die Familie Schubert", begeistert sich Erster Bürgermeister Wolfgang Desel (CSU) über das laufende Bauvorhaben.

"Objekt der Begierde"

Die Schuberts, die vor 32 Jahren nach Strullendorf zogen, hatten schon bei früheren Spaziergängen diesen Bau-Traum ("das kaufen wir mal, wenn es möglich ist"), der sich 2011 dann bewahrheitete. Sie staunten nicht schlecht, als sie im Internet dieses "Objekt der Begierde" sahen und der Zufall wollte es so, dass die früheren Eigentümer nur einen Katzensprung von der Familie Schubert, die im "normalen" Leben in Buttenheim ein Metallbau-Unternehmen betreiben, entfernt wohnen.

Letztlich ist es ein Kraftakt in vielerlei Hinsicht, der "anspruchsvolle Ur-Zustand" fordert die neuen Bauherren Tag für Tag. Baustelle statt Bierkeller oder statt gemütlicher Fernsehabende, lautet das Motto. Aber kein Laut des Wehklagens, im Gegenteil: Es wurde aber auch schon des Öfteren gegrillt und zünftig gefeiert. "Ein traumhaftes Ambiente, einfach aus der Zeit gefallen; es hat was", beschreibt Christine Schubert voller Begeisterung, auf einer Wirtsbank sitzend, die über 100 Jahre alt ist, das "neue Leben".

Nostalgie pur

Begonnen hatte alles mit dem Entfernen des Efeus ("sogar die Küche war begrünt"), das Tieferlegen des ehemaligen Kuhstalls (100 qm) um 70 Zentimeter in Handarbeit war der bislang größte Kraftakt. Nachdem lange geprüft wurde, ob der 1967 errichtete Schweinestall auch ein "Denkmal" ist, konnten die Schuberts nach dem "Nein" hier ganze Arbeit leisten; die bereits fertiggestellte Terrasse und ein Nutzgarten sorgen schon für Gemütlichkeit mit dem Blickfang eines renovierten Taubenschlags.

Aber auch die Nebengebäude, früher Kleintierstall und Traktor-Garage, sind schon restauriert. Da so viel wie möglich erhalten werden soll, wurde viel Zeit in den Wiederaufbau investiert. Ein Blick ins Dachgeschoss (vom Holzwurm zerfressen und dem Regen ausgespült) offenbart Nostalgie pur: Wagenräder, Eggen, Wasserflaschen und Butterfässer als echte Hingucker!

Die Sanierung ohne Zeitdruck (Berthold Schubert: "wenn es gut läuft 2017") vollzieht sich zuverlässig wie ein Schweizer Urwerk: Tag für Tag (im Winter mit Flutlicht), Wochenende für Wochenende - Kanalarbeiten, das Errichten einer Ferienwohnung (im ehemaligen Kuhstall), das Erstellen eines Freisitzes und des Carports, Arbeiten an der Scheune und die Planung des Großprojekts "Dachstuhl" prägten das bisherige Jahr. Seit Sommer ist das Gerüst für alle Strullendorf-Besucher und-Bewohner ein Indiz dafür, dass nun die Dach- und Außenarbeiten in Angriff genommen werden. Abhängig von der Außentemperatur, vor allem beim Firstmauern, ist die Dauer der Arbeiten am Hauptgebäude.

Ein Rundgang durch das Haus, das von Lorenz Fink, einem fürstlichen Hofbaumeister errichtet wurde, hat Museumscharakter: gestapelte Steine, Ziegel (mit eingravierten Daten, 1648 als "Rekord"), Blechbadewannen, Balken, Öfen mit Wasserschiffen, Kachelöfen, dazu noch der Fußboden im Urzustand. Apropos Steine: Einige sind mit Ruß geschwärzt - ein Hinweis auf einen Ortsbrand Ende des 18. Jahrhunderts.
Emotional sehr verbunden mit diesem Projekt ist Rosemarie Neundörfer, die 1935 im ersten Oberschoss geboren wurde und mit ihrer Familie an die zwei Jahrzehnte dort lebte. Als sie die Mitbewohner in diesem Stockwerk aufzählt, ist schnell das Dutzend voll. "Das war eine Gemeinschaft, es gab keinen Streit, mit den Müllers hatten wir tolle Hausleute!", so Neundörfer, die sich gut daran erinnern kann, dass der Kachelofen nur an Feiertagen geschürt wurde und im Winter die Fenster total vereist waren. Da kommen wieder die alten Materialen ins Spiel: "Die roten Backsteine und Ziegel wurden in der Röhre des Holzofens erwärmt, in Zeitungspapier gerollt und ins Bett gelegt. Wunderbar warm!" Sie gerät ins Schwärmen über ihre "glückliche Kindheit" in diesem Haus, auch wenn alle Bewohner bei Fliegeralarm in den Keller mussten.

Bertold und Christine Schubert wurden ins "kalte Wasser" geworfen, haben sich längst frei geschwommen, ihr Elan ist ungebrochen, unabhängig davon welche finanzielle Zuwendungen sie erhalten. Im Rahmen der kommunalen Städtebauförderung "Alter Ortskern" und sonstigen Förderprogrammen können die Bauherren Unterstützung erwarten.

Eine Herausforderung

Allein handwerkliches Geschick - wie es bei einem Metallbauer wohl vorhanden ist - genügt sicher nicht, ein in der jüngsten Geschichte Strullendorfs wohl einmaliges privates Bauprojekt voranzutreiben. Auch wenn nicht genau Buch geführt wurde, ist die Grobschätzung von Berthold Schubert atemberaubend: " An die 8000 Stunden!"

Und den Schuberts stehen noch mindestens drei Jahre bevor, die - obwohl die allergrößten Erd- und Bauschuttarbeiten erledigt sind - eine kaum nachvollziehbare Herausforderung werden, zumal auch viel Planungsarbeit mitübernommen wird.