80 Jahre Hainbad - eine alte Liebe der Bamberger
Autor: Anna Lienhardt
Bamberg, Sonntag, 30. August 2015
Schon der Name versprüht ursprünglichen Charme: Es ist Bambergs "Luft- und Sonnenbad", gelegen ganz nah am Stadtkern und trotzdem mitten in der Natur. Das Hainbad zieht in seinem 80. Jahr mehr Gäste an denn je.
Eigentlich ist es eine Frage, die sich mit einem Rundumblick von selbst beantwortet: "Was ist eigentlich das Besondere am Hainbad?" Der Grund, weshalb sie kommen, die rund 50.000 Badegäste, die diese Saison das Flussbad direkt am linken Regnitzarm bevölkerten. Das ist neuer Besucher-Rekord. "Das Hainbad hat das stärkste Wachsstum unter unseren Freibädern", sagt Jan Giersberg, Sprecher der Stadtwerke.
Nun neigt sich der Sommer dem Ende zu, die Massen werden nicht mehr kommen - wie etwa am 4. Juli, als sich 2170 Besucher in dem Kleinod in Bambergs Hain drängten. Doch ein paar werden immer da sein. Es sind Stammgäste wie Ingrid Görtler, die jeden Tag kommt, wenn es das Wetter zulässt. Seit über 30 Jahren. Ihre Termine legt sich die 73-Jährige auf die Vormittage, damit danach Zeit fürs Bad ist.
"Ich würde im Sommer nie in den Urlaub gehen, ich hab meine Erfüllung hier", sagt Ingrid Görtler. Es ist eine Liebeserklärung. "Dieses Flussbad mitten in der Stadt, das ist ein Geschenk." Eines, für das sie jederzeit wieder kämpfen würde, so wie 2009, im "Sommer der Revolte". "Wir waren in jeder Stadtratssitzung, haben Unterschriften gesammelt und an der Sandkerwa ein großes Transparent aufgehängt mit der Forderung: Weg mit dem Badeverbot!", erzählt Görtler.
Badeverbot durchgesetzt
In jenem Sommer wurde das Badeverbot in der Regnitz durchgesetzt, das im Grunde seit den 1970er Jahren besteht. Doch schon viel früher war das Baden im Fluss mehrmals untersagt worden, Nachweise gehen zurück bis ins 18. Jahrhundert. Nicht nur die Historie des Bades ist nachzulesen in der Festschrift "Das Hainbad in Bamberg - Ort des Genusses", herausgegeben von Christiane Hartleitner und Nina Schipkowski von der "Interessengemeinschaft Hainbad" im Jahr 2010.Aus der Broschüre geht hervor: Die verschiedenen Badeanstalten entlang der Regnitz - die 1935 im Hainbad vereinigt wurden - waren in unregelmäßigen Abständen von Badeverboten betroffen. Der meistgenannte Grund: die Wasserqualität.
2009 kam ein juristischer Punkt hinzu. Demnach hätten die Stadtwerke Bamberg als Betreiber des Bades bei einem Unfall haftbar gemacht werden können. Und das, obwohl bereits Schilder angebracht waren, die auf die Gefahren des Flussbadens hinwiesen. Es war das vorläufige Ende des geduldeten Flussbadens. Doch die Bamberger kämpften für ihr "Familienbad", es gründeten sich Initiativen wie die "Hainbadfreunde" und die "Intressengemeinschaft Hainbad".
"Hainbadestelle" statt "Hainbad"
Der Durchbruch gelang am 26. November 2009, als der Stadtrat das Badeverbot aufhob - und die "Hainbadestelle" geboren wurde. Stadtwerke-Sprecher Giersberg erläutert das neue Organisationskonzept: "Wir verantworten das Luft- und Sonnenbad. Wer in die Regnitz springt, tut dies auf eigene Gefahr." Deswegen handelt es sich um eine "Badestelle" und nicht etwa ein "Bad", denn dann müssten die Stadtwerke auch das Wasser überwachen. Dort ist das Baden zumindest begrenzt erlaubt - in einem Streifen entlang des 123 Meter langen Steges. Gekennzeichnet ist der Bereich durch leuchtend gelbe Bojen.Deren ordentliche Verankerung überprüft Ralf Hammerschmidt, der "Kümmerer". Er entfernt außerdem Treibgut, räumt Ästeweg oder fischt schon mal im Kinderbecken nach gewissen Hinterlassenschaften, wenn ein "Malheur" passiert ist.
Seit 1. Oktober 2014 tut der Rettungsschwimmer seinen Dienst. Dazu gehört auch die Verwaltung der begehrten Dauerkabinen für Saisonkartenbesitzer. 126 Holzkabinen gibt es, "sie bleiben oft in der Familie und werden Jahrzehnte lang weitergegeben", weiß Hammerschmidt.
Stammgäste springen ein
Als der neue "Kümmerer" angefangen hat, seien er und sein Kollege von den Stammgästen neugierig beäugt worden, erzählt der 53-Jährige. Die haben ihn jedoch schnell in die Hainbad-Familie aufgenommen. Hammerschmidt seinerseits stellt fest: "Hier hilft man sich gegenseitig. Die Stammgäste springen schon mal ein, wenn eine Tür klemmt."Apropos: Das Drehkreuz ist täglich ab 9 Uhr entsperrt. Schon viel eher, um 6.45 Uhr, beginnt die Frühschicht für den Kümmerer. "Es ist besonders schön, wenn die Sonne aufgeht und die Vögel zwitschern." Und dann schwärmt er vom Blick auf die Villa Concordia, der "nicht zu toppen sei", die Regnitz, in der man manchmal die Forellen stehen sieht. Alles mitten im Grün, der Blick der Gäste schweift über den Fluss auf den bewaldeten Leinritt, wenn sie auf dem Holzsteg direkt am Wasser liegen.
An diesem, wie auch dem Rest der Architektur, werden die Stadtwerke so wenig wie möglich verändern. Das betont Sprecher Jan Giersberg. Man wolle den Charme der Gebäude aus den 1930er Jahren erhalten. Alles andere würde auch zwangsläufig zum Aufschrei führen, wenn man Stammgast Ingrid Görtler erzählen hört. Etwa von der Rundbogendusche, die kaputt war und durch eine neuere hätte ersetzt werden sollen. "Da haben wir ganz schnell klar gemacht, dass die alte repariert werden soll!" Sie steht bis heute.
Was wünscht sich die Bambergerin für die Hainbadestelle, zu der immer noch jeder "Hainbad" sagt? "Dass das Bad immer offen bleibt und wir unsere zwei ,Kümmerer‘ behalten", antwortet sie. Und fügt hinzu: "Wenn irgendjemand noch mal kommt und zumachen will, stehen wir sofort wieder da und gehen auf die Barrikaden!"