77-Jähriger wollte Ehefrau in Bamberg mit Kabel erdrosseln
Autor: Anna Lienhardt
Bamberg, Dienstag, 24. November 2015
Ein 77-Jähriger hat versucht, seine Ehefrau mit einem Stromkabel zu erdrosseln und sich selbst zu erhängen. Beides misslang. Der Senior wollte seine Partnerin nicht alleine lassen - aber auch die Kinder sollten sie nicht "am Hals haben". Für Freitag wird ein Urteil erwartet.
Er hat nichts geleugnet. Auf Wunsch des Richters hält der Angeklagte das weiße Elektrokabel sogar noch einmal so, wie er es getan hat, als er seine Frau erdrosseln wollte. Am 14. Januar dieses Jahres, morgens um viertel zehn, am Frühstückstisch in der gemeinsamen Wohnung.
Rudolf K. (Name von der Redaktion geändert) weiß, dass sein eigenes Leben jeden Tag vorbei sein kann. Der 77-jährige Bamberger klagt über Herz-Kreislauf-Beschwerden, Blutverlust, und seine Nieren seien kurz vor dem Versagen, wie er vor dem Bamberger Landgericht aussagte. Hinzu kommen Tinnitus, Diabetes und Bluthochdruck.Während seiner Zeit in U-Haft musste er zwischenzeitlich ins Krankenhaus, hat 15 Kilo abgenommen.
Schon einmal hat er versucht, sich wegen seines gesundheitlichen Zustandes beziehungsweise der Behandlung, mit der er nicht zufrieden war, das Leben zu nehmen. 20 Jahre ist das her.
Umso mehr tat es ihr Mann. Ihn habe belastet, dass seine Partnerin "alle negativen Gedanken aufgefangen" und sie ihm diese "um die Ohren gehaut" hätte. Weihnachten 2014 habe es zudem Verwerfungen mit den gemeinsamen Kindern gegeben, weil das Ehepaar K. krank geworden sei und die Kinder - wiederholt - nicht hätte besuchen können. Und dann war da noch das schlechte nachbarschaftliche Verhältnis zu einer Wohnungseigentümerin auf der gleichen Etage des Mehrparteienhauses.
"Ich wollte meine Wohnung fast schon verkaufen", sagte die 47-Jährige vor Gericht. Sie sei sich vorgekommen wie "die Auserwählte, an der man alles auslassen kann". An ihrem Geburtstag hörte sie plötzlich Hilfeschreie: Es waren die von Gerda K. (Name geändert), der Ehefrau des Angeklagten.
Ursprünglich hatte Rudolf K. seine Frau bereits am Vorabend umbringen wollen, aber sie habe sich "nicht in der Position dafür" befunden. Also wollte er es am nächsten Morgen versuchen. Doch seine Frau, die nichtsahnend beim Frühstücken überrascht wurde, wehrte sich heftig. Der 77-Jährige stellte fest, dass er zu schwach war. Er ließ von der Frau ab, die sich nach draußen retten konnte, ihr Mann holte sich ein anderes Stromkabel und zog sich auf den Dachboden zurück. Dort versuchte er, sich aufzuhängen. Es klappte nicht. Drei Mal.
"Abnormes Verhalten"
Heute sagt er: "Irgendeine Störung muss da gewesen sein, das ist ja ein abnormes Verhalten." Er habe sich mittlerweile per Brief bei seiner Frau - die er liebe - entschuldigt, wiederholte dies auch noch einmal öffentlich im Gerichtssaal während ihrer kurzen Anwesenheit. Bei seiner vorhergehenden Vernehmung hatte er erläutert, er hatte sie "aus Liebe und Fürsorge mitnehmen wollen". Gleichzeitig sagte der ältere Herr aber auch: "Ich war verzweifelt und habe an Suizid gedacht. Ich wollte meine Frau nicht umbringen. Aber dann hätten meine Kinder sie am Hals gehabt mit den gleichen Problemen." Ein Oberarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Michelsberg, der das Ehepaar nach der Tat untersucht hatte, konnte immerhin ein paar Einblicke in die Gefühlswelt der Ehefrau liefern. Die 73-Jährige sei extrem aufgelöst gewesen, habe sich in Todesangst befunden. "Sie hat von einer 20-jährigen Ehehölle gesprochen und dass er sie an Weihnachten aufgefordert hätte, den Kontakt zu den Kindern abzubrechen." Gerda K. habe sich sogar scheiden lassen wollen.
Der Ehemann sei dagegen der Überzeugung gewesen, seine Frau könne ohne ihn nicht leben. Ihm bescheinigte der Sachverständige, ein Facharzt für Psychiatrie und Psychologie aus Würzburg, "eine mittelgradige depressive Episode zum Tatzeitpunkt", die eine Rolle gespielt habe. Den Paragraphen 21 des Strafgesetzbuches - verminderte Schuldfähigkeit - bejahte der Fachmann. Wie das Gericht dessen Gutachten wertet, wird sich am Freitag zeigen, dann soll das Urteil fallen. Die Anklage lautet auf versuchten Mord.