50 Millionen: Bamberg macht Ernst mit dem Quartier an der Mauer
Autor: Michael Wehner
Bamberg, Freitag, 09. Oktober 2015
Weihnachten 2017 soll Bambergs neue Flaniermeile fertig sein. Die Sparkasse setzt auf Handel, Wohnen und Hotel. Und lässt sich auch den städtebaulichen Anspruch etwas kosten. Was bringt das Quartier an der Mauer den Bambergern? Was kostet es und was wird für den Denkmalschutz getan? Eine Bilanz.
Gibt es Neues zum Dauerbrenner Quartier an der Stadtmauer? Bambergs Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) fasste den Stand der Dinge am Freitag so zusammen: "Ich traue mich fast nicht mehr zu sagen, dass wir so weit sind, wie noch nie zuvor. Aber jetzt stimmt es wirklich."
Was ist passiert? Der Bausenat hat am Mittwoch einstimmig ein Bebauungsplanverfahren gebilligt und damit die juristische Grundlage gelegt, um bis Sommer 2016 Baurecht zu schaffen. Diesmal soll es keine Verzögerungen mehr geben, versprachen die Vertreter der Sparkasse Bamberg und von Projektentwickler Sontowski und Partner aus Erlangen.
1.Warum kam es erst so spät zur Einigung?
Politischer Druck, der Niedrigzins, der zu alternativen Anlagen zwingt, und ein Umdenken in der Sparkasse ließen nach 17 Jahren ergebnislosen Ringens den gordischen Knoten platzen. Mit der Sparkasse Bamberg lässt sich ein renommiertes heimisches Kreditinstitut das Projekt Millionen kosten. "Maximale Rendite ist nicht unser Ziel. Hier geht es auch um Stadtreparatur", sagte der neue Sparkassenchef Stephan Kirchner. Über das Ende des "Dornröschenschlafs" freut sich auch OB Starke.
2. Was bedeutet das Quartier an der Mauer für die Bamberger Innenstadt?
Eine langjährige Brache wird wieder zum Leben erweckt. Zusammen mit dem Projekt der Mediengruppe Oberfranken, die auf der gegenüberliegenden Straßenseite zwei marode Anwesen sanieren will, blickt die gesamte Lange Straße einer umfassenden Aufwertung entgegen. Für ungewohnte Attraktivität wird auch die Passage zum ZOB sorgen.
3. Was für Magneten erwarten die Bamberger?
An der Langen Straße soll ein Lebensmittelmarkt mit Vollsortiment entstehen, darüber ein Drei-Sterne-Hotel mit 139 Zimmern und zehn Wohnungen. In einem neuen Gebäude am ZOB wird es ebenfalls Handelsflächen geben - Marken wie Hervis, TK Maxx, Vögele und s.Oliver werden genannt. In den oberen Geschossen soll gewohnt werden. Besonders im Rückraum der Hellerstraße wird Platz für Dienstleistungen aller Art sein.
4. Was tut die Sparkasse für den Denkmalschutz?
Die ungeteilte Zustimmung im Stadtrat beruht auf den Bekundungen, mit der gefundenen Denkmalsubstanz respektvoll umzugehen. Dabei geht es vor allem um die jüdische Mikwe, ein rituelles Tauchbad in einem Hinterhaus der Hellerstraße, das ebenso sichtbar gemacht werden soll wie die auch die bisher verborgenen Teile der Stadtmauer aus dem 13. und 15. Jahrhundert. Auch die denkmalgeschützten Häuser in der Hellerstraße mit ihrer barocken Stuckdecke sollen saniert und für Dienstleistung und Wohnen genutzt werden. Besonders hervorgehoben wurde die gegenüber früheren Dimensionen neue Kleinteiligkeit, die auch auf Vorbedingungen der Fraktionen im Stadtrat zurückgeht. Sie lässt sich bereits an der Dachlandschaft ablesen.
5. Was passiert mit der ehemaligen Sparkasse an der Langen Straße?
Das aus den 70er-Jahren stammende Gebäude wird voraussichtlich im August 2016 abgebrochen. Gründe liegen in den energetischen Vorteilen eines Neubaus und den besonderen Anforderungen für Hotel und Lebensmittelhandel. Zur Gestaltung will der Investor Anfang 2016 einen Fassadenwettbewerb ausschreiben.
6.Müssen die Anwohner neuen Lieferverkehr befürchten?
Der Supermarkt wird zwar durch die Hellerstraße beliefert. Doch durch eine eingehauste Entladestation möchten die Investoren, den Lärm auf ein Minimum begrenzen. Auch zusätzlicher Parksuchverkehr sei durch das Quartier an der Mauer nicht zu befürchten, sagt Stephan Kirchner von der Sparkasse. Die entstehenden 100 Parkplätze sind reine Quartiersplätze für Anwohner, Hotelbesucher und ansässige Dienstleister.
7. Wird es während des Neubaus Staus in der Langen Straße geben?
Oberbürgermeister Andreas Starke stimmte bereits am Mittwoch im Bausenat auf alle möglichen Beeinträchtigungen ein. Während der zeitgleich ablaufenden Großprojekte rechts und links der Langen Straße werde es für die Zeit des Umbaus, 2016 bis Weihnachten 2017, Zeiten mit Halbsperrung, Vollsperrung oder Sperrung für den Individualverkehr geben.
8. Bleibt die Straße nach dem Umbau die alte?
Sicher nicht. Eine umfassende verkehrspolitische Grundsatzdiskussion im Stadtrat soll dem Großvorhaben vorangehen, kündigte der OB an. Es müsse ein Weg gefunden werden, wie der Verkehrsbedeutung der Langen Straße Rechnung getragen werden könne und dem Anspruch einer gestalterischen Aufwertung. Im Klartext bedeutet dies: Eine höhengleiche Ausführung der Langen Straße, möglicherweise auch eine Verkehrsberuhigung könnte nun angestoßen werden.
9. Wie hoch sind die Kosten des Projekts?
Die Sparkassen investiert nach eigenen Angaben 50 Millionen Euro. Darin enthalten sind auch die über Jahre aufgelaufenen Kosten für das 5000 Quadratmeter große Baugrundstück, acht Millionen Euro.