Druckartikel: 37-Jähriger ging auf türkischen Familienvater los

37-Jähriger ging auf türkischen Familienvater los


Autor: Jutta Behr-Groh

Bamberg, Freitag, 19. Sept. 2014

Ein Übergriff, der vor knapp einem Jahr vor der Sporthalle am Bamberger Georgendamm passiert ist, beschäftigt seit Freitag das Landgericht. Der Beschuldigte ist krank und wohl schuldunfähig.
Vor der Sporthalle am Georgendamm in Bamberg spielte sich der Vorfall ab, um den es bei Gericht geht. Foto: Ronald Rinklef


"Leben Ihre Eltern noch?" fragte Vorsitzender Richter Manfred Schmidt zu Prozessbeginn. Die Antwort von Markus P. (Name von der Redaktion geändert) warf ein erstes Licht auf seine Persönlichkeit: "Ich weiß es nicht. Ich habe keinen Kontakt zu ihnen."

Der 37 Jahre alte Mann aus Baden-Württemberg, der seit Freitag wegen Bedrohung, versuchter gefährlicher Körperverletzung und Volksverhetzung vor der Zweiten Strafkammer des Landgerichts sitzt, ist ein psychisch kranker Einzelgänger.

Er lebt seit Jahren am Rande der Gesellschaft, war immer wieder obdachlos. Sein Alltag wird einem Gutachten zufolge von bizarren Wahnvorstellungen und Ängsten geprägt. Ob diese beim Vorfall am 7. Oktober 2013 eine Rolle spielten, um den es nun im Prozess geht, ist noch fraglich. P. sagte bisher nichts zur Sache.



Nach den Ermittlungen der Polizei scheint gewiss, dass er gegen 19.45 Uhr vor der Sporthalle am Georgendamm einen Familienvater übel beleidigt und mit einem Teppichmesser bedroht hat. Der Mann aus Nürnberg hatte mit Frau und Kleinkind hinunter ans Kanal-Ufer gehen wollen, als er von P. angesprochen wurde.
Dieser saß auf auf einer Bank am Georgendamm und wollte wissen, ob der Mann Türke ist. Als der Familienvater dies bejahte, wurde er von P. attackiert - vor allem verbal, aber auch körperlich.

Zum Glück griffen Dritte ein

Knapp ein Jahr später steht der Geschädigte noch unter dem Eindruck des Erlebten. "Es war wie im Horrorfilm", sagte er in der Verhandlung. Er und seine Frau sprachen von Glück, dass Dritte aufmerksam geworden und eingeschritten waren: "Wenn ich allein gewesen wäre, wäre die Sache anders ausgegangen, da bin ich sicher", so das Opfer.

Bei den Tatzeugen handelte es sich um zwei Handballerinnen und einen Übungsleiter, die vor der Halle auf den Beginn ihres Trainings warteten. Die Frauen riefen die Polizei an, der Trainer ging schreiend auf P. zu und veranlasste ihn zum Aufhören.

Alle Drei empfanden P. als seltsam. Dem Trainer war er schon vorher aufgefallen, weil er auf einer Bank sitzend Selbstgespräche geführt hatte. Die jungen Frauen wunderte es, dass er nach dem Vorfall "ganz normal" weg gegangen sei, als sei nichts passiert.

Das mögliche Tatmotiv brachte ein Polizeibeamter als Zeuge ins Spiel: P. will am selben Nachmittag an der Oberen Brücke von einem Türken angegriffen worden sein.

Weil die angebliche Schlägerei nie angezeigt wurde, ist nichts weiter darüber bekannt. Doch wie es der Zufall will, hatten das spätere Opfer und seine Frau die Auseinandersetzung gesehen: Später erkannten sie im Angreifer am Georgendamm einen der beiden Kontrahenten wieder.

Unterbringung statt Haft?

P. leidet schon Jahre lang an einer schizophrenen Psychose. Wenn überhaupt, war er am 7. Oktober 2013 wohl nur eingeschränkt schuldfähig.
Für ihn geht es in Bamberg um die Frage der erneuten Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus.

Er weiß, was ihn erwartet: Das Landgericht Stuttgart brachte ihn nach früheren Straftaten schon einmal für mehrere Jahre unter. Seit seiner Festnahme im März 2014 befindet er sich in der Forensik der Klinik am Europakanal in Erlangen.