35-Jähriger wurde vom Pilzzüchter zum Autodieb
Autor: Sebastian Martin
Bamberg, Montag, 18. November 2013
Ein 35-Jähriger ist am Montag von der ersten Strafkammer des Landgerichts Bamberg zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt worden. Für das Gericht war erwiesen, dass der Mann Mitglied einer Bande war, die geklaute Autos aus Scheßlitz und Forchheim in Polen verkauft hatte.
Ein ehemaliger Champignonzüchter ist von der ersten Strafkammer des Landgerichts Bamberg am Montag zu einer Haftstrafe von vier Jahren wegen schweren bandenmäßigen Autodiebstahls verurteilt worden. Der 35-jährige Pole ist als Unternehmer in die Pilze und damit ein enormes finanzielles Risiko eingegangen - was ihn letztlich in die Schulden und dann in die Kriminalität trieb.
Der 35-Jährige musste 2008 seine Pilzzucht aufgeben. Er schlug sich in der Folge auf Baustellen und als Baumfäller durch. Da er auch Alimente an seine geschiedene Frau für seine Tochter bezahlen muss, habe er kaum mehr Möglichkeiten gesehen, einer legalen Arbeit nachzukommen, sagte er. Schließlich drückte ihn ein Schuldenberg von fast 250.000 Euro. Dann kam ein Anruf eines Bekannten. Der vermittelte ihn zu einem Mann, der sich als Kopf der polnischen Autoschieberbande herauskristallisieren sollte.
Vor allem Audi und VW gestohlen
In der Folge war der Angeklagte mehrmals nach Deutschland mit der Bande unterwegs, um Autos zu knacken. Der 35-Jährige war als Kurier dafür zuständig, die Autos nach Polen zu fahren. Vor allem die Marken VW und Audi waren im Fokus der Diebe. Im Zeitraum von Juni bis August 2011 war auch der Angeklagte mit auf dem Diebeszug. Und das in einigen Fällen in Forchheim und Scheßlitz, aber auch in Jena. "Warum haben Sie hier zugeschlagen?", fragte Vorsitzender Richter Uwe Bauer. Der Bandenchef habe Beziehungen nach Forchheim gehabt, auch einen VW Golf mit Forchheimer Kennzeichen habe dieser gefahren, antwortete der geständige Angeklagte.
Die geknackten Autos waren nicht mehr ganz neu, das sei unauffälliger. Teilweise wurden die Autos in Zeitungsannoncen angeboten. Darin sei auch gestanden, dass keine Papiere vorhanden sind - die Pkw wurde die Bande trotzdem los.
Wenn ein Auto also 15.000 Euro wert war, konnte es für 5000 Euro in Polen verkauft werden. Die Kuriere, die den Pkw nach Polen gebracht hatten, also auch der Angeklagte, bekamen rund 250 Euro pro Auto. Der Kopf der Bande mindestens 1500 Euro. Insgesamt sind Fahrzeuge mit einem Gesamtwert von bis zu 500.000 Euro in 55 Fällen gestohlen worden. Der 35-Jährige war in zwölf Fällen wegen schweren und in zwei Fällen wegen versuchten schweren Autodiebstahls angeklagt.
Bereits im Jahr 2012 war der Mann an der tschechischen Grenze, über die die Transporte stattgefunden hatten, festgenommen worden. Damals wurde er vom zuständigen Amtsgericht wegen Fahrens ohne Führerschein - den hatte er nicht - und eines gestohlenen Fahrzeugs zu zehn Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Der Mann saß in Dresden in Untersuchungshaft, konnte dann aber wieder nach Polen zurückkehren.
Die Kriminalpolizei Bayreuth war in der Zwischenzeit an dem Fall dran. Die Bande wurde nach und nach dingfest gemacht. Durch einen Abgleich von Bildern einer Überwachungskamera einer Tankstelle in Scheßlitz, wo der Mann ein gestohlenes Fahrzeug getankt hatte, sowie eines Fotos, das von einer Radarfalle stammte, und der Nachverfolgung der Handy-Verbindungen, konnte der Pole in seiner Heimat festgenommen werden.
Nach Revision: Urteil bestätigt
Der 35-Jährige wurde dann bereits im März dieses Jahres bei einer ersten Verhandlung vom Landgericht Bamberg verurteilt. Damals hatte die Verteidigung wegen eines Formfehlers der zweiten Strafkammer Revision gegen das Urteil beim Bundesgerichtshof eingelegt.
Grundlage des damaligen Urteils war bereits eine sogenannte Absprache zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung. Auch in der erneut aufgerollten Verhandlung am Montag verständigten sich beide Seiten auf eine Absprache. Das heißt: Der Angeklagte war erneut zu einem Geständnis bereit. Die erste Strafkammer am Landgericht Bamberg rechnete dem Mann an, dass er geständig war und kooperierte. Dieser saß bereits fast ein Jahr ununterbrochen in Überstellungs- und Untersuchungshaft.
Auch das wurde in der Bemessung der Strafe berücksichtigt. Der Angeklagte habe durch die Entfernung zu seiner Heimat einen entsprechenden "Hafteindruck", auch, da er kein Deutsch versteht.
Der 35-Jährige wurde am Ende zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Diese Verurteilung sei hoffentlich die letzte, so Vorsitzender Richter Uwe Bauer. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.