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20 Jahre Weltkulturerbe Bamberg - Diskussion im Alten E-Werk


Autor: Dieter Grams

Bamberg, Freitag, 13. Dezember 2013

Am 11. Dezember 2013 jährte sich die Ernennung der Bamberger Altstadt zum Weltkulturerbe durch die UNESCO zum 20. Mal. Grund genug für die Städtische Volkshochschule, zu einer Podiumsdiskussion ins Alte E-Werk einzuladen.
Bamberger "Ensemble": das herausgeputzte Brückenrathaus, in der Mitte die Ruine der Sterzersmühle, um deren Zukunft seit Jahren gerungen wird und rechts ein hellblau angestrichener Neubau Foto: Martin Köhl


"Welterbe Bamberg - Eine Bilanz nach 20 Jahren": Schon die Überschrift sei fast eine Anmaßung, so Martin Köhl, Leiter der VHS und Moderator des Abends. Ein Moderator, der sich, tief verbunden mit dem "1000-jährigen Gesamtkunstwerk" Bamberg, während der Diskussion durchaus nicht ausschließlich auf seine Rolle als Meinungsmakler beschränkte, dies allerdings im wahrsten Sinn des Wortes, nämlich sehr moderat. "80 Prozent der Jubiläumsveranstaltungen in diesem Jahr haben ihre Wurzeln in der VHS", so Köhl.

Vier Protagonisten waren so "anmaßend", ein vornehmlich bauliches, Stein gewordenes Erbe, in diesem Fall nicht auf, sondern am, weil publikumsnah aufgebautem Podium zu diskutieren: Karin Dengler-Schreiber, Jörg Händler, Prof.

Achim Hubel und Ottmar Strauss, in der jüngeren Vergangenheit langjähriger Baureferent der Stadt Bamberg; ein Job, den heute so recht eigentlich keiner haben will.

Die Diskussionsteilnehmer blickten nicht nur zurück auf Tops und Flops, wie den Maxplatz, sondern beleuchteten auch aktuelle Themen. Auf dem Weg von einer mitteltalterlichen Stadt bis hin zu einer neuzeitlichen Bebauung sei vieles gelungen, und manches auch nicht. "Häufig passen die Proportionen nicht mehr", so Dengler-Schreiber. Für eine alte Stadt wie Bamberg werde häufig zu hoch gebaut. "Die Kunst von damals beherrschen wir heute nicht mehr." Ein Mehr an Sorgfalt bei der Planung von Bauvorhaben innerhalb des Welterbes, aber auch innerhalb der von der Unesco geforderten Pufferzone um das Areal herum, sei unabdingbar.

Offensive Information nötig

Eine Pufferzone, die Achim Hubel für "unerträglich" hält. Auch die Fläche des Welterbes sei viel zu klein. Alte Bausubstanz abzureißen und dann Neubauten auf "Alt" zu trimmen, lehnte er kategorisch ab: "Damit geben wir das Erbe auf." Davon abgesehen - das Millionengrab Wolfsschlucht hätte er mit einer Gruppe Studierender für einen Bruchteil des Geldes zuschütten können. Vor 20 Jahren habe sich die Universität nicht einmal für ihren eigenen Standort interessiert, eine Haltung, die sich radikal verändert habe.

"Stimmt", bestätigte Dengler-Schreiber. "Die Uni macht viel, die VHS macht viel, die Heimatpfleger machen viel. Was wir brauchen, und Gott sei Dank auch schon lange haben, ist eine offensive Information nach draußen." Die Öffentlichkeitsarbeit sei eine kaum zu überschätzende Aufgabe von enormer Bedeutung. Für die "lokale Presse" gab es ein dickes Lob: "Der FT ist dabei." Bamberg werde gut informiert, über positive wie auch negative Dinge, so Hubel. Die Informationspolitik der Stadt geriet dabei einmal mehr in die Kritik: "Wenn wir nicht wären, gäbe es bestimmte Informationen oft erst dann, wenn es längst zu spät ist."

Bauvorhaben in der Stadt sollten einer besonderen Wertung unterworfen werden und mit Auflagen verbunden sein, so Ottmar Strauss. Auch dann, wenn ein Investor an die Tür klopft. Es gäbe genügend Parameter um hier eine grundsätzliche Qualität fest zu schreiben.

In einem Punkt herrschte absolute Einigkeit. "Ohne engagierte Bürger geht gar nichts. Kultur- und Denkmalpflege geht nur mit dem Bürger." Einig war man sich auch, dass Bamberg über diesen "Schatz" verfügt - engagierte Bürger. Dazu zählen auch jene, die im Zentrum des Geschehens wohnen, am Maxplatz oder am Grünen Markt, und ja durchaus schon mal von lautstarken "Events" überrollt werden. Die Altstadt als "Benutzeroberfläche" für Beach Volleyball, Zauberer und Artisten oder Public Viewing (eigentlich - die öffentliche Aufbahrung einer Leiche) stellte Martin Köhl in Frage.

"Eine Stadt lebt davon, dass da Menschen wohnen", so Strauss. Der Auftrag des Stadtmarketings sei klar definiert: Die Events sollen dem Einzelhandel helfen und die Stadt attraktiver machen, wobei der Handel sich längst umstrukturiert habe, und die Belästigungen für die Bürger könne man auch einschränken und auf ein vernünftiges Maß reduzieren: "Es geht auch anders." Verträglichkeit und Qualität seien verschwunden, so Jörg Händler. Nur noch Events um der Events willen lehnte er ab. Die Einbindung des Welterbes, des eigentlichen Kapitals der Stadt, und eines weiteren "dicken Pfundes", der Leute, die da wohnen, vermisste auch Karin Dengler-Schreiber: "Der besondere Charme unserer Stadt wird nicht berücksichtigt."

"Die Touristen kommen auch ohne Events", meinte Hubel, "und nur an den Handel zu denken ist viel zu vordergründig." Im übrigen sei auch die Verkehrsproblematik keineswegs gelöst. Es werde zwar viel geredet und geplant, aber passiert sei eigentlich nichts. Er wünschte sich abschließend ein mit weitreichenden Kompetenzen ausgestattetes Welterbezentrum und eine Diskussion ohne Vorbehalte und Maulkörbe für die Verantwortlichen, wie es sie in anderen Welterbestädten durchaus gäbe.