Druckartikel: 20 Jahre "Comixart" - ein langer Weg

20 Jahre "Comixart" - ein langer Weg


Autor: Rudolf Görtler

Bamberg, Freitag, 20. Juni 2014

Der Bamberger Laden "Comixart" feiert in diesem Jahr Geburtstag. Inhaber Jürgen Reichert sieht für seine Ware "einen ganz anderen Stellenwert" als noch vor 20 Jahren.
Filialleiter Volker Zauner (li.) und sein Chef Jürgen Reichert sind selbst begeisterte Comic-Leser. Deshalb stecken sie in den Bamberger Laden "Comixart" jede Menge Herzblut.  Foto: Rudolf Görtler


Was sind das für Zeiten! Vor noch nicht gar so langer Zeit galt die Ware, mit der Jürgen Reichert handelt, als Schmutz und Schund. Heute sind die bunten Heftchen, die es längst auch als nobel gestaltete Hardcover-Bücher für 30 Euro und mehr gibt, zum Stoff für Kunstgeschichtler, Soziologen und Literaturwissenschaftler geworden und stehen in Schulbibliotheken.

Vielleicht bringt man die manisch auf ihren Smartphones herumtippenden Jugendlichen so zum Lesen und zum Buch, mag das Kalkül eifriger Pädagogen sein. Jürgen Reichert kann's nur recht sein. Der 44-jährige gelernte Industrieelektroniker, von klein auf Comic-Fan, arbeitete bereits in seiner Heimatstadt Heilbronn in einem Comic-Laden und suchte sich den Standort Bamberg ganz nüchtern aus - 20 Jahre ist das nun her, im Herbst feiert "Comixart" mit drei Angestellten in der Austraße Geburtstag. "Comix" waren ursprünglich Comics für Erwachsene zum Unterschied der für ein jugendliches Publikum gezeichneten Erzeugnisse von Disney, Kauka ("Fix und Foxi"), Ehapa ("Asterix", "Lucky Luke") und Marvel ("Spiderman").

Das weiß Filialleiter Volker Zauner (43), der auch sonst alles über die neunte Kunst weiß. Er liebt die Bildergeschichten ebenfalls von Kindheit an und war einmal als Kameramann beschäftigt. In einem Laden wie "Comixart" bekommt er die Trends auf dem Markt naturgemäß hautnah mit. Besonders die japanischen Mangas, von pubertierenden Jugendlichen auf der ganzen Welt heiß geliebt, für erwachsene Leser wegen der kindergesichtigen Protagonisten und des zum Teil unbefangenen Umgangs mit Erotik und Gewalt oft verstörend, haben der Branche enorm geholfen. Es gibt sie in den Genres Abenteuer, Alltag, Horror; auch so Skurriles wie "Boy Love" steht in den Regalen: Mädchen berauschen sich an der romantischen Liebe zwischen Jungen.

Unter den deutschen Verlagen ist Carlsen führend ("Die Schlümpfe"), und der unverwundbare Superman fliegt immer noch durch den Laden, befeuert immer mal wieder, wenn ein Hollywood-Blockbuster in die Kinos kommt. Underground wie die "U-Comix" gibt's nicht mehr, weil sich auch die Szene verflüchtigt hat. Amerikanische Horror-Geschichten stehen in "Comixart" ebenso wie jede Menge Fanartikel oder immer wieder gern gekaufte Cartoon-Bücher.

Die wichtigste Neuerung ist für Zauner das Aufkommen der "Graphic Novel", jener gezeichneten Literatur für ein erwachsenes Publikum. Zwar halten sich die Auflagenzahlen in Grenzen, Titel wie "Persepolis" von Marjane Satrapi oder Joann Sfars "Die Katze des Rabbiners" aus Frankreich, dem Comic-Land Nummer Eins, haben es längst in die Feuilletons geschafft, so wie es pädagogisch wertvolle Comics über Philosophen und Ökonomen gibt.

2001 hat Reichert seinen Laden - der zum Medienhaus Hübscher gehört - auf 80 Quadratmeter Verkaufsfläche erweitert. Um den Faktor drei bis vier ist der Umsatz in den 20 Jahren gestiegen, schätzt er. Touristen, Zehnjährige, deren Eltern und Großeltern kaufen im "Comixart" ein. Die früher verachteten Heftchen haben es in die Mitte der Gesellschaft geschafft.