Baden wie Sisi in Franken
Autor: Günter Flegel
Bad Kissingen, Freitag, 18. Oktober 2013
Gesundes Wasser, saubere Luft und Volldampf im Untergrund: Die Region ist schon seit Jahrhunderten ein Garten Eden für alle, die es sich gut gehen lassen wollen. Könige und Kaiserinnen vorneweg.
Das Frankenland schwimmt auf einer Erfolgswelle: Beim Freizeittrend zu Wellness, Gesundheit und Naturgenuss hat die Region die Nase vorn."Wir sind innovativ, und wir haben die Tradition", blickt man beim Tourismusverband Franken in Nürnberg zufrieden auf Zahlen, die für sich sprechen: Der Fremdenverkehr in Ober-, Unter- und Mittelfranken boomt, und die Wellnessoasen sind die Zugpferde.
Franken war schon immer Wellness-Land, nur hieß das früher nicht so, und das Publikum war ein ganz anderes. Den Beleg dafür liefert Bad Kissingen, die laut Umfragen bekannteste Kurstadt in Deutschland. Die Heilkraft der Quellen im nordöstlichen Unterfranken ist schon seit dem Mittelalter bekannt. Die Erhebung zum Staatsbad durch König Ludwig II. 1883 und die zahlreichen prominenten Kurgäste, vorneweg Kaiserin Elisabeth (Sisi), bescherten Bad Kissingen Wohlstand und den ersten Tourismus-Boom in Franken.
Auf dem Weg zum neuen Image
Heute geht man nicht mehr zur Kur, weil man krank ist, man macht Wellness, weil man gesund bleiben will. Auf diesen Trend hat man nicht nur in Bad Kissingen reagiert, wo Oberbürgermeister Kay Blankenburg (SPD) und die Gesundheitsunternehmen enorme Anstrengungen unternehmen, um das Image abzustauben. Nach Jahren des Wachstums stagnierten in den letzten Jahren die Übernachtungszahlen bei rund 1,5 Millionen Gästen.
"Wenn Bad Kissingen es nicht schafft, in seiner Kernkompetenz Tourismus etwas Neues zu wagen, wird es keine Zukunft haben", sagt der Bürgermeister. Zu diesem Neuanfang gehört die Kissalis-Therme, eine Wellnessoase, die mit dem ersten Spatenstich 2001 zu einem Trendsetter wurde: Abkehr vom klassischen Kurbetrieb (den es natürlich immer noch gibt), attraktive Angebote für den Tagesbesucher, der Erholung sucht, etwas für die Gesundheit tun will und eine Qualität schätzt, mit der Franken wuchern kann.
Natur und Kultur vereint
"Natur und Kultur sind die Zugpferde in Franken", wissen die Tourismusexperten in Nürnberg. In Abwandlung eines gängigen Sprichworts könnte man es so formulieren: In Bad Kissingen, Bayreuth, Coburg und all den anderen fränkischen Schatzkammern sind schon Könige und Kaiser zu Fuß gegangen. Wandern und Einkehren, sportliche Betätigung und Erholung, Kunstschätze und architektonische Juwelen geben dem Freizeitland Franken seine Alleinstellungsmerkmale.
Innerhalb des anhaltenden Wellness-Trends hat sich in den letzten Jahren eine Modewelle zum Schlager gemausert: die Sauna: Die Schwitzkur finnischer Prägung führte lange Zeit ein Mauerblümchendasein. In den 70er Jahren war es eine Zeitlang "in", das Eigenheim mit einer Dampfkabine auszustatten. Öffentliche Saunen waren rar, sie waren meist einfach ausgestattet und hatten ein durchaus anrüchiges Image. Im Schweiße baden - gerne, aber bitte nicht im Schweiß des Nachbarn.
Die modernen Saunalandschaften haben mit den simplen Holzkästen von einst gar nichts mehr gemein. Groß, luxuriös, vielseitig und exotisch: "Der Trend zur Premium-Sauna ist ungebrochen", heißt es beim Bundesfachverband für Saunabau.
2400 öffentliche Saunen
Der Deutsche Saunabund, der laut Geschäftsführer Rolf Pieper die Interessen von rund 30 Millionen Bundesbürger vertritt, die regelmäßig in die Sauna gehen, präzisiert die Trendwende: Bis zum Zweiten Weltkrieg gab es gerade mal eine Handvoll öffentliche Saunabetriebe in Deutschland; die erste entstand 1924 wohl in Potsdam.
Wirtschaftswunder und Wohlstand sorgten ab 1948 auch für einen Saunaboom: 1980 konnte man in mehr als 5000 öffentlichen Saunen in Deutschland schwitzen. "Durch die zahlreichen Reformen im Gesundheitswesen gerieten vor allem die Anlagen, die Teil von Kuranlagen waren, in Existenznöte", sagt Pieper. Die Gesundschrumpfung kam in den letzten Jahren zum Stillstand: Heute zählt der Saunabund 2400 öffentliche Sauna-Betriebe in Deutschland und einen anhaltenden Bauboom: Investiert wird in die Qualität.
In die Kissalis-Therme in Bad Kissingen flossen knapp 40 Millionen Euro, die Sauna-Landschaft mit gut 700 Quadratmetern und verschiedenen Themen ist neben zahlreichen Heilwasserbecken ein Kernstück des Komplexes.
Zusammen mit der Obermain-Therme im oberfränkischen Bad Staffelstein hat Bad Kissingen bei einem Bädertest des privaten Radiosenders Antenne Bayern unter 21 Betrieben bei der Hygiene am besten abgeschnitten.
Größer, schöner, moderner
Auch die oberfränkische Konkurrenz setzt auf heiße Luft: Bis Ende 2014 soll die Saunawelt in Bad Staffelstein eine der größten, schönsten und modernsten im weiten Umkreis sein, verspricht der Werkleiter der Obermain-Therme, Hans-Josef Stich.
7,2 Millionen Euro investiert die Therme, und die Besucherzahlen geben den Planern schon während der Bauzeit Recht: 370.000 Badegäste besuchten die Therme im ersten Halbjahr 2013 - 2,5 Prozent mehr im Vergleich zum Vorjahr. Noch deutlicher fiel das Plus im Saunabereich mit 6,9 Prozent aus. 97 000 Besucher sind "ein neuer Rekord", sagt Stich. Was mit Kaiserin Sisi begann, ist bis heute in Franken ein Kassenschlager: Der Trend zum Wellnessurlaub zuhause beschert Franken trotz Wirtschaftsflaute traumhafte Zuwachsraten beim Tourismus.
Ein Milliardengeschäft
Olaf Seifert, der Geschäftsführer von Franken-Tourismus, hat 2012 mehr als 20 Millionen Gästeübernachtungen in Franken gezählt. Die Region war damit eine der wenigen in Deutschland, die beim Fremdenverkehr kräftig zulegen konnte (+3,5 Prozent, Bamberg war der Spitzenreiter mit +11,5 Prozent).
Den Umsatz im fränkischen Gastgewerbe beziffert Seifert auf 9,1 Milliarden Euro im Jahr, wobei immer mehr Geld mit den Tagesbesuchern verdient wird. Bei so viel Andrang geraten langsam auch die Gastgeber ins Schwitzen!