Zwischen Pubertät und Pflegeheim
Autor: Klaus Werner
Bad Kissingen, Montag, 02. Dezember 2013
"Warum heiraten? Leasing tut's auch", fragte Stephan Bauer beim Kissinger Kabarettherbst. Er überzeugte damit alle Generationen im Publikum.
Ein Abend mit humorvollen Kalauern präsentierte Stephan Bauer beim Finale des Kissinger Kabarettherbstes. In seinem Programm "Warum heiraten? Leasing tut's auch!" drehte sich (fast) alles um die schönste Nebensache der Welt - und das auf eine Art und Weise, die die Gäste im ausverkauften Kurtheater sehr zum Lachen brachte.
Ein zerknautschter Vierzigjähriger steht da auf der Bühne, blickt in die Runde und meint: "Mir geht's richtig gut!" Und dann erzählt er
einem begeisterten Publikum mehr als zwei Stunden Alltägliches aus seinem aktuellen Liebes- und sonstigen Leben. Der Blick zurück wird dabei zu einem überaus unterhaltsamen Abend, in den Bauer so alles packt, was rund um die Zweisamkeit mit seiner "Sahneschnitte Sina" geschieht.
Das Komische ergibt sich in der Konfrontation zwischen einem Typen, der gerade die Mitte zwischen Pubertät und Pflegeheim erreicht hat, und einer 25-Jährigen, die er bildhaft mit seinem ersten Gedanken beschreibt: "So ein Arsch!" - ein Gedanke, den übrigens auch Sahneschnitte Sina beim ersten Aufeinandertreffen hatte.
Kichern fast nach jedem Satz
Es sind Bauers zweideutige Stilblüten, die er stilsicher in seine Haupt- und Nebengeschichten einbaut und die das Publikum auf einem hohen Heiterkeits-Niveau hält: Fast jeder Satz hat eine Pointe, fast nach jedem Satz wird gekichert oder gelacht - dabei ist es nicht dieses bequeme Lachen, das man entspannt im Zurückgelehntsein genießt. Nein, es diese tiefersitzende Heiterkeit, bei der man die Hände vors Gesicht schlägt, bei der alle Muskeln im Gesicht aktiv sind, bei der die Augen tränen, bei der sich der Oberkörper aufgrund der Zwerchfell-Reaktion windet.
Woher kommt diese Reaktion, die bei den 500 Gästen fast gleichzeitig und vor allem generationen- sowie geschlechtsübergreifend ablief? Es ist die unaufgeregte Art und Weise, in der Bauer seine Zoten und Anzüglichkeiten bringt, es ist die bildhafte Sprache, in der er seine Anekdoten schildert und die sofort humorvolle, weil bekannte Szenen in den Köpfen der Gäste erzeugt, und es ist dieser gehörige Schuss Selbstironie, mit der sich Bauer mal als Opfer inszeniert, mal als reuiger Täter präsentiert.
Konflikte der Zweierbeziehung
Dafür hat er sich den Typen "40 Jahre, seit sechs Jahre geschieden, keine Kinder, mit leichten Spuren körperlichen Verfalls" ausgedacht. Dem stellt er Sina gegenüber - 15 Jahre jünger und aus einem Kulturkreis kommend, der genügend Konfliktstoff für die Zweier-Beziehung bietet. Für diesen unterhaltsamen Konfliktstoff greift er auf alle Stichwörter und Vorurteile zurück, die unseren Alltag bestimmen. "Warum hat eine jüngere Frau einen älteren Herrn zum Freund?" "Geld!", lautet die Antwort des Publikums, worauf Bauer auf lässige Art kontert: "Bei mir nicht!" und ergänzt, dass er nix hat und sogar das billigste Parfüm der Welt benutzt: "Tester."
Der Erfolg des Abends hängt auch mit Bauers Tatsache zusammen, dass seine Geschichten nicht nur aus dem Alltag kommen, sondern in ihrer satirischen, teil absurden Übertreibung auch alltagstauglich bleiben und man sich ständig wünscht: "Den Kalauer merk ich mir." Mal geht es dabei um den Vorwurf der Freundin, dass er als Künstler erst um "12 Uhr morgens" aufstehe, worauf entgegnet wird: "Wer einatmet, muss auch ausatmen und wer einschläft ...." - das genügt.
Eine weitere Kunst Bauers ist die erkennbare Absurdität seiner Geschichten. So würden Frauen ein Dessert mit dem Hinweis "Ich probier' bei dir" in der irrigen Annahme nicht bestellen, dass Desserts von einem anderen Teller weniger Kalorien haben. Zum Älterwerden fällt ihm ein, dass man in Cafés sogar Fünf-Minuten-Frühstückseier schon im Voraus bezahlen muss. Zu Fesselspielen meint er, dass sein Bravo-Fachwissen nicht ausreicht, um Lustschreie von Hilferufen zu unterscheiden. Der Ehe ringt er den Vorteil ab, dass "man immer dieselbe Bezugsperson hat, die einen ablehnt", und dass Sex so regelmäßig ist wie vierteljährliche Umsatzsteuererklärung - verbunden mit der Publikumsfrage: "Jetzt mal ehrlich. Bei wem ist das so?"
Sinas Mops - "ist ein Wachhund, den kann man bei Bedarf werfen" - lässt er als "Rammel-Terminator" einen Schwan bespringen, Potenzprobleme bekämpft er mit Nashorn-Pulver, das aber nicht die gewünschte Wirkung zeigt, "vielmehr hab ich jeden Landrover angerempelt". Dazwischen lacht Stephan Bauer selbst und herzlich über den Freud'schen Versprechen "zwischen-scheidlich" ("Muss ich einbauen!"), amüsiert sich über "Beauty-Farm" als Ackerbau in der Hautfurche mit Gurken und sinniert über das andere Geschlecht an sich: "Wer Frauen versteht, der kann auch durch Null teilen."