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Zuschuss für Bad Kissinger Tahara-Haus


Autor: Ralf Ruppert

Bad Kissingen, Mittwoch, 07. Dezember 2016

Der Landesverband der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern hat das Gebäude auf dem jüdischen Friedhof abdichten lassen.
Blick über den jüdischen Friedhof von Bad Kissingen auf das sanierte Tahara-Haus. Foto: Ralf Ruppert


Grabsteine und das Tahara-Haus auf dem jüdischen Friedhof in der Bergmannstraße zeugen von der Blütezeit jüdischen Lebens in Bad Kissingen. Bad Kissingen hatte einst eine der zehn größten jüdischen Gemeinden in ganz Bayern, der Nationalsozialismus beendete diese Tradition brutal.


Gesamtkosten rund 40 000 Euro

Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es zwar wieder Bestattungen auf dem jüdischen Friedhof, ab 1959 auch einen Betraum in der Innenstadt, aber jüdische Gemeinde hat sich keine mehr gegründet. Deshalb muss der Landesverband der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern einspringen: "Wir betreuen alles, was nicht mehr von einer Gemeinde vor Ort betreut wird", berichtet Friedhofsdezernent Joino Pollak.
"Das Dach war undicht, deshalb mussten wir handeln", berichtet Pollak. Bereits im Sommer seien die Arbeiten erledigt worden, das neue Schiefer-Dach schütze nun die Bausubstanz wieder. Genutzt werde das Gebäude nicht mehr. 40 000 Euro investierte der Landesverband. Das Geld stammt laut Pollak aus Fördertöpfen, Landes- und Bundesmitteln sowie Spenden.


Lob für Zusammenarbeit

Bei der Pflege helfe die Stadt: "Das ist eine hervorragende Zusammenarbeit", lobt Pollak. "Der Jüdische Friedhof ist als kulturhistorisches Zeugnis Bestandteil des historischen Erbes unserer Stadt", betont Kulturreferent Peter Weidisch. Im Rahmen der Jüdischen Kulturtage 2017 seien dort auch Veranstaltungen geplant. Laut Rathaus-Sprecher Thomas Hack übernimmt die Stadt die Bauleitung in Amtshilfe, der Servicebetrieb organisiere die Pflege sowie Prüfungen zur Standsicherheit von Grabsteinen und Bäumen.
Die Bayerische Landesstiftung förderte die Sanierung des Tahara-Hauses mit 3200 Euro. Insgesamt flossen heuer von dort 115 000 Euro in den Landkreis: Weitere 6800 Euro für die Außensanierung der Schönderlinger Kirche und 105 000 Euro für die bauliche Ertüchtigung und Neugestaltung der Dauerausstellung im Graf-Luxburg-Museum in Aschach.
"Gerade bei der Sanierung und Restaurierung der ortsbildprägenden Baudenkmäler ist die Unterstützung der Bayerischen Landesstiftung sehr wichtig", freut sich der CSU-Landtagsabgeordnete Sandro Kirchner über den Zuschuss. Insgesamt erhält Unterfranken heuer 458 150 Euro an Stiftungsmitteln, bayernweit werden 7 228 727 Euro ausgeschüttet. "Die Bewilligung der Fördermittel ist ein gutes Beispiel dafür, dass es sich lohnt Förderanträge zu stellen", sagt der Freie-Wähler-Landtagsabgeordnete Günther Felbinger.

Begriff Das hebräische WortTahara bezeichnet im Judentum die rituelle Reinheit, unter anderem wird er für die in Tahara-Häusern durchgeführten Leichenwaschungen vor der Bestattung verwendet.

Gemeinde Jüdische Mitbürger werden im Jahr 1298 zum ersten Mal in Kissingen erwähnt. Schutzjuden wohnten vor allem im bis heute erhaltenen Judenhof in der Bachstraße. Für das Jahr 1644 sind 163 jüdische Einwohner dokumentiert. Bis 1925 wuchs die Gemeinde auf 504 Mitglieder und war eine der zehn größten in ganz Bayern. 1942 endete das jüdische Leben in Kissingen mit der Deportation der letzten 69 Juden.

Friedhof Bis ins frühe 19. Jahrhundert wurden Kissinger Juden in Pfaffenhausen beigesetzt. 1817 richtete die jüdische Kultusgemeinde Kissingen einen eigenen Friedhof am Zückberg ein, heutige Bergmannstraße. 1932 wurde der Friedhof auf rund 4000 Quadratmeter erweitert. 1941 fand das letzte Begräbnis in der Nazi-Zeit statt. Allerdings gab es ab 1946 wieder Begräbnisse, die letzte wohl im Jahr 1989. Aktuell gibt es 488 Grabsteine, darunter viele von Bildhauer Valentin Weidner und Kriegsgräber von Soldaten jüdischen Glaubens aus der Schlacht bei Kissingen am 10. Juli 1866.

Gebäude Das Tahara-Haus wurde 1891 von Baumeister Gillich im neoromanischen Stil aus rotem Ziegel mit Gliederungselementen aus gelbem Sandstein erbaut. Den Eingangsbereich zieren drei große Steinbögen. Im Innern waren je ein Wächter-, Bet-, Wasch-, Leichen-, Utensilien- und Sektionsraum untergebracht.