Druckartikel: Zu viel Ehrenamt?

Zu viel Ehrenamt?


Autor: Robert Huger

Bad Kissingen, Freitag, 20. März 2015

Oft engagieren sich Bürgermeister in mehreren Vereinen und Organisationen. Können sie dabei allen Ämtern gerecht werden? Wie gehen das die Verantwortlichen in der Region an?
Seine Tracht trägt Alexander Schneider sonst nur im Verein. Doch Musik ist sein Leben.  Foto: Robert Huger


Es gibt Menschen, die brauchen den Stress. Gerodas Bürgermeister Alexander Schneider (UWG) ist einer von ihnen. Er engagiert sich fast in jedem Verein des Ortes. Zudem ist er stellvertretender Vorsitzender der Rhönallianz. Das macht er neben seiner Arbeit als Garten- und Landschaftsbauer und seinem Bürgermeisteramt. Weiter hilft er seinem Vater im landwirtschaftlichen Betrieb oder kutschiert Fahrgäste mit dem Bus durch die Gegend.


"Bei mir funktioniert's nur, wenn ich unter Strom stehe", sagt Alexander Schneider. Man dürfe nur nicht den Überblick verlieren. Im Vordergrund steht immer die Gemeinde. Auch mache es keinen Sinn, sich komplett auszupowern. Jeder müsse sich mal eine Auszeit gönnen. Alexander Schneider macht das manchmal ganz spontan. "Die Trompete liegt immer im Auto", sagt er. Ab und zu spiele er zwischendurch darauf.

Ein entspannter Musikant

Musik ist Schneider sehr wichtig und ein entscheidender Entspannungsfaktor. "Mich kennt jeder als Musikant", erzählt er, "das gehört zu mir." Beim Spielen tanke er seine Energie. Ansonsten beugt er dem Burnout zum Beispiel mit Kurzurlauben in Österreich beim Skifahren vor. Die Musik ist jedoch allgegenwärtig. "Wenn ich mal keine Lust habe, stimmt etwas nicht", sagt Schneider.
Seine Position als zweiter Vorsitzender im Jugendblasorchester Scholz hat er jedoch abgegeben. "Ich habe genug Arbeit", begründet Schneider. Dass er das Amt übernommen hatte, lag am Mangel von Bewerbern für diese Position. Er sehe aber kein Problem darin, gleichzeitig Antragsteller und Entscheider zu sein. Falls der Bürgermeister in so eine Situation geraten sollte, würde er einfach die Sitzung verlassen und das Thema dem Stellvertreter überlassen. "Dann ist jeder Geist frei und jeder kann abstimmen, wie er möchte", sagt Schneider.

Zehn auf einen Streich

Einer anderer, der reichlich Arbeit hat, ist Mottens Bürgermeister Jochen Vogel (CSU). Unter anderem ist er Vorstand des Naturpark Rhön, Vorsitzender Rhönlink und Beisitzer im Landschaftspflegeverband. Vogel übernimmt derzeit zehn Ehrenämter. "Solange man Freude an dem hat, was man macht, kriegt man es auch gebacken", ist er überzeugt. Wenn es zu viel werde, sagt ihm das die Familie oder sein Gesundheitszustand.
"Durch die Rhönlink bedingt, haben alle anderen Aufgaben im vergangenen Jahr etwas gelitten", gesteht er ein. Es gebe oft Terminüberschneidungen. Da muss er den einen oder anderen Termin absagen. Daher überlegt er manchmal, ob er all seinen Funktionen noch gerecht wird. Den Posten als Beisitzer im CSU-Kreisvorstand hat er bereits abgegeben. Generell sei es schwer einzuschätzen, ob sich andere mit ihren Aufgaben übernehmen. "Das muss jeder selbst entscheiden", meint Jochen Vogel. Er selbst beugt dem Burnout mit Wanderungen mit der Familie und Tae Bo, einer Fitness-Sportart, die Elemente asiatischer Kampfkünste mit Aerobic verbindet, vor.

Ehrenamt muss nicht sein

Nicht jeder Bürgermeister übernimmt überhaupt ein Ehrenamt. Manche wollen sich ganz auf ihre Arbeit als Ortsvorstand konzentrieren. So zum Beispiel Franz Kuhn (CSU) aus Oerlenbach. "Ich will Interessenkollissionen vermeiden", sagt er, "daher bin ich nirgends in leitender Funktion tätig." Wenn er einen Antrag stelle und gleichzeitig darüber entscheide, sei das schlecht.
Kuhn ist Mitglied bei der freiwilligen Feuerwehr, bei den Jagdgenossen und im Musikverein. In letzterem war er sehr aktiv, gab das Ehrenamt des Vorstands aber im vergangenen Jahr ab. Deshalb kommt er nun weder in Zeit- noch in Erklärungsnot. Franz Kuhn glaubt nicht, dass die Ausübung von Ehrenämtern ein großes Problem der Bürgermeister ist.
Jürgen Karle (FWG) aus Wartmannsroth begnügt sich mit einer zusätzlichen Aufgabe. Der Bürgermeister ist Vorsitzender des Kindergartenvereins. Das hat allerdings einen einfachen Grund: "Es findet sich kein anderer für diese Arbeit."
"Wir haben zwei Kindergärten mit zwölf Angestellten", erläutert Jürgen Karle, "das ist schon ein kleines Unternehmen." Das sei schon kompliziert und anspruchsvoll, gerade wenn jemand nicht über Hintergrundwissen verfüge.
Seinen Posten als Schriftführer der Feuerwehr hat Karle abgegeben. "Einerseits war es zeitlich immer ein Problem, andererseits ist der Bürgermeister sowieso Oberdienstherr der Feuerwehren", sagt er.