Druckartikel: Ziemlich trübe Aussichten für Nüdlinger Umgehungsstraße

Ziemlich trübe Aussichten für Nüdlinger Umgehungsstraße


Autor: Sigismund von Dobschütz

Nüdlingen, Sonntag, 22. November 2015

Der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Deutschen Bundestag, Martin Burkert, machte den Nüdlingern nur wenig Hoffnung, dass sie in absehbarer Zeit eine Umgehungsstraße bekommen.
Mitten im Verkehrschaos: Bei strömendem Regen informierte Anita Haub (Mitte), die Vorsitzende der Bürgerinitiative Nüdlingen, in Begleitung der SPD-Bundestagsabgeordneten Sabine Dittmar (links) den Vorsitzenden des Verkehrsausschusses im Bundestag, Martin Burkert (SPD, rechts), über die Dringlichkeit der Ortsumgehung in Nüdlingen. Foto: Sigismund von Dobschütz


Bei strömendem Regen trafen sich die Mitglieder der Bürgerinitiative Nüdlingen mit Martin Burkert (SPD, 62), dem Vorsitzenden des Verkehrsausschusses im Deutschen Bundestag. An Ort und Stelle, mitten im dichten Feierabendverkehr, wollten sie ihn über die Dringlichkeit einer Ortsumgehung aufklären. Im nachfolgenden Gespräch konnte Burkert den etwa 20 Mitgliedern der Bürgerinitiative und den Gemeinderäten allerdings kaum Hoffnung machen.
"Angemeldet

ist sie ja zumindest", verwies der verkehrspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion auf den für die nächsten 15 Jahre gedachten Bundesverkehrswegeplan (BVWP). Allerdings wurden insgesamt 1600 Einzelprojekte gemeldet, davon allein 366 aus Bayern. Anfang Dezember soll diese Liste im Internet veröffentlicht werden, um erstmals auch den Bürgern die Möglichkeit zu Anmerkungen zu geben.
Danach wird eine Prioritätenliste erstellt, nach der die Bauprojekte abgearbeitet werden sollen - soweit das verfügbare Geld reicht. "Bei 1600 Bauprojekten ausgerechnet diese Nüdlinger Ortsumgehung zu bevorzugen, ist schwierig."
Alles zusammen würde 117 Milliarden Euro kosten, gab Burkert seinen Zuhörern zu bedenken und machte schon mit dieser Zahl die geringen Chancen für den Nüdlinger Wunsch nach einer Ortsumgehung deutlich. Alexander Dobrindt (CSU) kann zwar im kommenden Haushaltsjahr über 14 Milliarden Euro verfügen (Burkert: "Kein Verkehrsminister hatte jemals so viel Geld."), doch sei deutlich, dass auch auf Jahre nicht alle Wünsche der Kommunen und Landkreise erfüllt werden können. "Ich bin da sehr ehrlich."


Straße einen Meter vor dem Haus

Insgesamt wurden 220 Ortsumgehungen für den neuen BVWP angemeldet. Burkert: "Die meisten Anmeldungen kommen aus unserem Flächenland Bayern." Solche Umgehungen seien wichtig, weiß auch der Bundestagsabgeordnete, denn bis 2030 soll der Güterverkehr um 34 Prozent, der Pkw-Verkehr um acht Prozent steigen. "Das ist nur der Bundesdurchschnitt. In Bayern als Transitland rechnen wir sogar mit 30 Prozent Pkw-Anstieg."
Natürlich nannten Anita Haub (Bürgerblock) als Vorsitzende der Bürgerinitiative und ihre Mitstreiter viele Gründe für eine Umgehung: Schon heute ist die auf 1,3 Kilometer Länge mitten durch das Ortszentrum vorbei an 103 Wohnhäusern führende Bundesstraße 287 mit knapp 11 000 Fahrzeugen total überlastet.
Etliche Häuser stehen bereits leer, die Wohnqualität in der Ortsmitte ist stark gefallen. In 14 Häusern wohnt nur noch eine Person, in 23 nur zwei. "Die Autos fahren im Abstand von nur einem Meter am Haus vorbei", verdeutlichte Haub die Gefahr für die Fußgänger.
Auch der geplante Neubau des Autobahnzubringers B 286 von der A 71 bei Oerlenbach zur Weiterfahrt über Bad Kissingen zum Autobahnanschluss Oberthulba wird den Nüdlingern keine Entlastung bringen. "Kein Autofahrer macht fünf Kilometer Umweg." Das hätten selbst Fachleute gesagt. Vor allem für Speditionen bedeutet jeder Umweg Zeit und Geld.


Frage der Abwägung

Sogar Theodor Hein vom Bund Naturschutz sprach sich als Bürgerblock-Mitglied im Gemeinderat für die Ortsumgehung aus, selbst wenn dafür eine neue Schneise in die Natur geschlagen werden muss. "Es ist eine Frage der Abwägung." Durch die Umgehung würde die Lebensqualität in der Ortsmitte wieder steigen und dann das Zentrum wieder dichter besiedelt werden. "Zum Ausgleich dürfen am Gemeinderand keine Neubaugebiete mehr ausgewiesen werden", forderte er.
SPD-Ortsvorsitzender Volker Schäfer stimmte ihm zu: "Dann ist die Altortsanierung eher möglich." Dem hielt Martin Burkert entgegen, dass die Bundestagsfraktion der Grünen sich bereits gegen alle Ortsumgehungen ausgesprochen hat.
"Am Ende muss das Projekt bundespolitisch Sinn machen", ermunterte Burkert dennoch die Nüdlinger, ihre Argumente bei der geplanten Internet-Bürgerbeteiligung vorzubringen. Ab Jahresbeginn soll es in Unterfranken zusätzlich Konferenzen zum Ranking im BVWP geben. Nach der Sommerpause wird dann der Bundestag entscheiden. Deshalb forderte der Bundestagsabgeordnete die Bürgerinitiative auf: "Bis dahin müssen Sie kämpfen, kämpfen, kämpfen. Dafür sind Sie doch da."