Zerstörtes Naturdenkmal als Kunstobjekt
Autor: Marion Eckert
Oberbach, Sonntag, 27. November 2016
Ein Sturm warf eine hunderte Jahre alte Linde um. Bruchstücke des Naturdenkmals sind jetzt auf einer Ausstellung im Haus der Schwarzen Berge zu sehen.
Der Langenleitner Künstler Herbert Holzheimer zeigt erstmals seine neuen Arbeiten in einer Ausstellung im Haus der Schwarzen Berge. Im Obergeschoss sind Naturimpressionen zu sehen. Es sind überwiegend Holzbilder, die aus einer alten Linde entstanden. Die Linde stand im Hindenburgpark in Münnerstadt. Sie galt als begehbares Naturdenkmal. Vor wenigen Jahren warf der Sturm den begehbaren Baum um und Herbert Holzheimer kam in den Besitz des mächtigen Stammes, dessen Durchmesser 2,60 Meter misst. Auf mindestens 300 Jahre wird die Linde geschätzt, berichtet Holzheimer. Aus dem gut vier Meter hohen Stamm möchte er eine begehbare Baumkapelle machen.
Bruchstücke vor Ofen gerettet
Die Bruchstücke des unteren Bereichs musste er absägen, um für den Stamm eine gerade Standfläche zu schaffen. Eigentlich wollte er die Reste wegwerfen beziehungsweise im Ofen verheizen. "Ich dachte nicht, dass ich sie noch künstlerisch verwerten kann", erinnert sich Holzheimer. Doch kaum hielt er das Holz in der Hand, wurde ihm klar, dass da mehr draus zu machen ist. Verheizen war ihm nicht mehr möglich. Herbert Holzheimer arbeitet seit einigen Jahren vorrangig mit hölzernen Fundstücken, abgestorbenen und verwitterten Hölzern, Baumstämmen, Wurzeln und Rinden. "Das Verfallende und Verwitterte hat es mir angetan", sagt er.
Zerfall im Innern
Dass die Bruchstücke der Linde etwas ganz besonderes sind, zeigt er in der Ausstellung auf ganz unterschiedliche Weise. Der Zerfall im inneren des Baumes durch Pilze, Verwachsungen, Ameisen und Käferspuren hat nun einen künstlerischen Rahmen bekommen. Herbert Holzheimer sägte die Bruchstücke in Scheiben, halbierte sie und legte die jeweils seitengleichen Stücke zusammen. Nahezu perfekt passen die Stücke zueinander, spiegeln sich jeweils und lassen neue Bilder und Sichtweisen vom inneren der Linde entstehen. "Es sind für mich Röntgenaufnahmen des Baumes", sagt Holzheimer. Unterschiedliche Linien und Farbgebungen kommen zu Tage. Spuren von jahrhundertelangem Wachsen und Zersetzen.
Kaum Nachbearbeitung nötig
Wurmlöcher und Verwachsungen geben den Holzbildern Gesichter, lassen Tierfiguren entstehen oder geflügelte Himmelswesen. "Bildhaft und grafisch, die Natur erkennen und das Kunstwerk darin sehen", fasst Herbert Holzheimer die Unterschiede zusammen. "Das ist eben Kunst, wobei die Natur mehr gestaltet hat als ich." Geschliffen und geleimt hat er die Holzbilder, ansonsten aber nicht weiter bearbeitet. "Ich werde einige vielleicht noch ölen, dann kommt die Struktur noch deutlicher heraus", sagt der Künstler. Die neue Ausstellung passe zum Haus der Schwarzen Berge als Umweltbildungseinrichtung des Biosphärenreservates. Neben den Baumbildern der Linde hat er noch Bilder eines Platanens tammes ausgestellt. Analog zum Münnerstädter Lindenstamm hat er auch hier Bilder aus den Stammscheiben erstellt, allerdings jeweils vier Teile zusammen gesetzt. Da der Baum nur im Inneren vom Zerfall betroffen war, das äußere Holz aber unverletzt war, entstanden Kompositionen, die an gerahmte Bilder erinnern. Das Motiv hat Holzheimer weiter entwickelt, in dem er die Holzbilder nicht in der Baumform beließ, sondern zu Vierecken zersägte. "Es ist ein vielfältiges Experimentieren und immer wieder erscheinen neue Formen und Motive", erklärt er.
Ausstellung bis Januar
Außerdem zeigt Holzheimer in der Ausstellung noch einige Skulpturen. Da ist ein Gefäß zu sehen, das ähnlich wie die Bilder Spuren des Vergänglichen und des Verfalls aufzeigt. Eine andere Skulptur zeigt eine Kiefernwurzel, die in die Höhe ragt und zur Luftwurzel wird. Der gedrehte Apfelstamm ist eine liegende Skulptur, die außen geschliffen und mit Kupfer oxidiert und im Inneren naturbelassen wurde. Die Ausstellung ist bis 30. Januar zu sehen, täglich von 10 bis 17 Uhr, Montag ist geschlossen.