Druckartikel: Zauberei und Solidität

Zauberei und Solidität


Autor: Thomas Ahnert

Bad Kissingen, Freitag, 10. Januar 2014

Der junge Gypsy-Jazz- Gitarrist Diknu Schneeberger und seine Kollegen brachten den Rossini-Saal zum Staunen und Swingen.
Das Staunen hielt an: Diknu Schneeberger, Joschi Schneeberger und Martin Spitzer. Foto: Ahnert


Der Ruf, der ihm vorauseilte, war ja schon legendär, machte skeptisch: So gut kann kein 23-Jähriger sein: "Weltmeister des Gypsy Jazz" ist nur ein Titel, den man über ihn lesen konnte. Seine Debüt-CD, "Rubina", die vor sechs Jahren herausbrachte - da war er 17 - sorgte für Furore. Ein ernsthaftes, einschätzbares Signal war allerdings die Verleihung des Hans-Koller-Preises, des wichtigsten seriösen österreichischen Jazzpreises, den er 2008 erhielt.

So schlimm konnte es also auf keinen Fall werden.

Wurde es auch nicht. Um es gleich zusagen: Nichts war übertrieben. Der Auftritt des Diknu-Schneeberger-Trios im Rossini-Saal war vielleicht das beste, auf jeden Fall das überraschendste Konzertt des 15. Kissinger Winterzaubers.

Wer soll's denn sonst spielen?

Gut, bei seinen vernuschelten Moderationen kann er noch zulegen. Da ist er zweifellos ein Opfer seiner Wiener Herkunftmit ihrer verräterischen Sprache. Aber ein wenig ist es wohl auch coole Attitüde, die das Anbandeln mit dem Publikum relativiert. Denn er weiß schon, wie er mit wenigen Worten sein Sinti-Sein zunächst einmal als latentes Problem vorne an die Rampe stellt. Aber er weiß auch, dass das die Musik sehr schnell ins Abseits schiebt. Es ist ja auch eine gewisse Notwendigkeit dabei: Wer kann denn so spielen? Wenn Nicht-Sinti und Roma Gypsy Jazz spielen, wird's meistens nur peinlich.

Außerdem: Für Titel interessieren sich letztlich nur die Gema-Agenten. Für Otto Normalhörer ist es zu allererst wichtig, dass Musik gemacht wird - vor allem, wenn das so atemberaubend geschieht. Diknu Schneeberger ist ein phänomenaler Techniker, für den es keine Grenzen in den Tempi und in der Verdichtung zu geben scheint und der in der Klangbildung immer blitzsauber bleibt.

Andererseits ist er aber auch ein glänzender Improvisator., der weite, rhythmisch einfallsreiche Ausflüge in eine eigenständige Phantasie unternimmt, aber dabei nie die Verbindung zum Ausgangspunkt aus den Augen verliert, für den der Swing ein ganz natürliches Musikgefühl ist. Man staunt irritiert und fühlt sich gleichzeitig wohl, wenn man ihn spielen hört.

Django Reinhardt reloaded

Wobei er allerdings auch ein attraktives Programm hat: natürlich viele Nummern seines großen Vorgängers Django Reinhardt, die er sich verschwierigt, aber auch Improvisationen über Musik der Beatles, die er witzig neu beleuchtet, aber auch einige Eigenkompositionen: Bei "Bina" - das ist seine Nichte", wird er plötzlich geradezu sentimental; sein "Swing de Vienne" atmet das Aroma des "Dritten Manns", ist aber wesentlich pfiffiger und moderner.

Allerdings hat Diknu Schneeberger auch zwei Partner, die ihm eine wunderbar stabile und elastische Basis liefern: das Elastische von seinem Vater Joschi Schneeberger, der einen geradezu feurigen, hochvirtuosen Zupfbass spieltD; das Stabile von dem Jazz- und Rhythmusgitarristen Martin Spitzer, einem wahren "Akkordarbeiter", der unverdrossen den ganzen Abend "schrumm schrumm" in allen Tonarten spielt und dabei stets freudlich und manchmal auch ein bisschen stolz schaut. Schließlich war Diknu Schneeberger einmal sein Schüler.