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Wirte klagten Söder ihr Leid


Autor: Dieter Britz

Bad Kissingen, Dienstag, 24. Oktober 2017

Beim 1. Gastgebertag des Bayerischen Hotel und Gaststättenverbandes in Bad Kissingen versprach Finanzminister Markus Söder, sich der Sorgen anzunehmen.
Finanzminister Markus Söder sprach vor 400 Hoteliers und Gastwirten beim  Gastgebertag des bayrischen Hotel- und Gaststättenverbandes in Bad Kissingen und versprach,  sich für die vielen vorgebrachten Anliegen einzusetzen.   Dieter Britz


Viele bayerische Gastwirte und Hoteliers plagen Existenzsorgen. Die unterschiedlichen Mehrwertsteuersätze für Lebensmittel sind ihnen ein Dorn im Auge, sie ärgern sich über nach ihrer Meinung zu starre und lebensfremde Arbeitszeitregelungen, über viel zu viel überflüssige und zeitraubende Bürokratie, strenge und ungerechte Kontrollen und manches mehr. Beim 1. Gastgebertag des Bayerischen Hotel und Gaststättenverbandes Dehoga in Bad Kissingen, zu dem rund 400 Hoteliers und Gastwirte aus dem ganzen Freistaat in den Arkandenbau gekommen waren,
versprach Finanz- und Heimatsminister Markus Söder,(CSU) ihre Anliegen zu den seinen zu machen und, soweit es in seiner Macht liegt, für Abhilfe zu sorgen.

Ein immer wieder angesprochenes Thema war das Gasthaus-Sterben in den kleineren Land-Gemeinden. Schon Dehoga-Landesgeschäftsführer Dr. Thomas Geppert beklagte: "Jeder kommt auf die Idee, Essen, Wohnraum und Veranstaltungsräume anzubieten. Und das nicht selten zu deutlich besseren Rahmenbedingungen, als sie für unsere Mitglieder gelten. Es wird Zeit, dass wir unseren Markt zurückholen, unsere Bedeutung, unsere unsere Einzigartigkeit."

Gasthäuser seien Schnittstelle in einem Dorf, Vereinsheime aber kalt und unpersönlich. Er forderte "nicht tatenlos zuzusehen, wie ein Wirtshaus nach dem anderen zu macht. Weil das schlecht
für unser Land wäre." Geppert : "Wir stehen vor der entscheidenden Frage: Einzigartiges und vielfältiges Gastgewerbe erhalten oder wie in Amerika Fast Food an Hotspots."

Geppert präsentierte auch Ideen zur Rettung und Stärkung der Gasthäuser. Sie könnten Semmeln, Brotzeiten zum Mitnehmen und Getränke, bayerische Spezialitäten oder im Sommer Grillfleisch verkaufen, "denn wir haben ja immer auf." Die Wirte könnten den örtlichen Kindergarten oder die Schule bekochen. Gasthäuser könnten auch als Paketannahmestellen fungieren, an Sonntagen Zeitungen anbieten, Seminare und Kochkurse ausrichten und sogar als Servicestationen mit der
Post oder Sparkasse kooperieren. "Wenn's hilft, dass unsere Wirtshäuser wieder in jeder bayerischen Gemeinde der soziale Mittelpunkt für die Bevölkerung sind, dann ist das zum Wohl des gesamten Freistaates", betonte Geppert unter dem Beifall der Gäste und bekam damit auch weitgehend
Zustimmung von Markus Söder.

Oberbürgermeister Kai Blankenburg (SPD) sagte, dass mit der Subventionierung des Flugbenzins auch Urlauber in die Türkei oder andere ausländische Ziele subventioniert würden. Das solle beendet werden. Er betonte auch "wir alle wollen ein neues Hotel. Minister Söder ist da an vorderster Front mit dabei." Man dürfe das Grundstück aber nicht Glücksrittern überlassen. Beim Freistaat sei die Angelegenheit in guter Hand.

Angela Inselkammer, Präsidentin des Bayerischen Hotel und Gaststättenverbandes, schrieb dem Minister ins Stammbuch "wir sind eine unterschätzte Branche, das muss sich ändern. Nur so werden wir die Wertschätzung erhalten, die uns zusteht." Das Gastgewerbe habe von 2010 bis 2016 ein stärkeres Wachstum als die Gesamtwirtschaft gehabt, jeder 17. Arbeitsplatz in Deutschland hänge direkt oder indirekt vom Gastgewerbe ab.

In dünn besiedelten oder strukturschwachen Räumen trage das Gastgewerbe überdurchschnittlich zur Beschäftigung bei und schaffe gleichwertige Lebensbedingungen. Das Gastgewerbe bilde auch überdurchschnittlich stark aus, "ich kenne keine spannenderen und interessanteren Berufe. Das
Gastgewerbe schafft Arbeitsplätze für alle Qualifikationsgruppen."

Von Markus Schröder forderte Angela Inselkammer, das Arbeitszeitgesetz zu flexibilisieren und im Bund mit aller Kraft für die Umstellung von einer täglichen auf eine wöchentliche Höchstarbeitszeit zu kämpfen, so wie es die EU-Richtlinie vorsieht. "Die CSU steht bei uns im Wort" erinnerte sie den
Minister. Eine tarifliche Lösung werde von der Gewerkschaft abgelehnt, aber in der FDP habe man einen starken Verbündeten.

Ihre nächste Forderung: Söder soll sich für ein weniger bürokratisches Umfeld stark machen, denn
"unsere Wirtinnen und Wirte wollen für den Gast und nicht für Statistiken da sein!" Sie schlug deshalb vor, bei Betrieben bis zu 20 Mitarbeitern auf erkennbar überflüssige und zeitraubende Bürokratie zu verzichten. Viel Beifall bekam sie, als sie eine faire Behandlung bei Betriebsprüfungen verlangte. Bei kleineren Formfehlern werde manchmal die gesamte Buchführung verworfen - "Unsere Branche darf nicht unter Generalverdacht gestellt werden."

Sie zitierte eine Studie zur besonderen gesellschaftlichen Bedeutung des Gastgewerbes: Dieses trage maßgeblich zur Lebensqualität bei, sei ein unverzichtbarer Teil des Lebens, ein wichtiger Beitrag zur Daseinsvorsorge und werde von der Bevölkerung positiv bewertet. Für mehr als die Hälfte der jungen Menschen sei das Gastgewerbe-Angebot maßgeblich für eine Wohnort-Entscheidung.

"Wir brauchen einen Richtungs- und Gesinnungswechsel in der gesamten Verwaltung" kommentierte Finanzminister Söder die vorgebrachten Klagen und betonte "ich bin wie Sie wissen für die Obergrenze, auch in der Bürokratie." Man müsse nicht nur vorhandene Vorschriften abbauen, sondern auch dafür sorgen, dass nicht jeden Tag neue erlassen werden. Noch vor der Flüchtlingskrise seien 1500 neue Mitarbeiter eingestellt worden, um die Vorschriften zum Mindestlohn zu kontrollieren. "Diejenigen, die Gesetze machen, sollten sich überlegen ob das wirklich notwendig ist" meinte er dazu. Wenn es um Kompromisse gehe, "dann kommt am Ende manchmal ein Gesetzeswerk heraus, das zwar keiner mehr versteht, aber mehrheitsfähig ist."

Auch zu den Klagen über die Betriebsprüfungen nahm er Stellung. Er stehe erst einmal hinter den Prüfern, aber es dürfe keine unterschiedlichen Maßstäbe geben und "Launen des Tages" dürften nicht ausschlaggebend sein.

Söder sagte, er wolle sich auch für die Vereinheitlichung der Mehrwertsteuer bei Lebensmitteln einsetzen, sei sich aber alles andere als sicher, ob das klappt. Gerade in Städten gebe es einen "Wildwuchs von allen Formen von Imbiss. Die werden nicht annähernd so geprüft wie Betriebe, die über Jahrzehnte Qualität erbracht haben" räumte er ein.

Auch er möchte die Dorfwirtschaften erhalten und gerade bei kleinen Familienbetrieben die Bürokratie stark reduzieren, denn "die jungen Leute machen das so nicht mehr mit." Um einen Anreiz zu bieten, sollen die 100 besten Dorfwirtschaften in Bayern gesucht und prämiert werden. Die Gastwirte im ländlichen Raum würden einen wichtigen Dienst ausüben und auch Steuern zahlen. Man müsse ihnen ermöglichen, dass sie von ihrer Arbeit leben können.