Winterschäden: Frost fordert seinen Tribut
Autor: Edgar Bartl
Bad Kissingen, Sonntag, 07. April 2013
Der lange und kalte Winter hat den Straßen vor allem der Stadt Bad Kissingen und des Landkreises wieder schwer zugesetzt. Für die Reparaturen ist eine Menge Geld aufzubringen. Oft muss man sich mit Provisorien bescheiden.
Das erinnert an die Sisyphos-Sage. Michael Rüttinger und sein Kollege Andrzej Sadowski können die Schlaglöcher stopfen, wie sie wollen, es gibt immer wieder neue. Die Mitarbeiter des kommunalen Service-Betriebes schwärmen täglich aus, die dringendsten Reparaturen im Asphalt zu reparieren. Sie haben gut zu tun, bis sie die Liste der Schäden abgearbeitet haben, die Straßenbegeher festgestellt haben.
Das ist im Prinzip einfach: Einer entnimmt aus einem Eimer Kaltasphalt und füllt ihn in das Schlagloch, der andere stampft die Masse fest, die in der Luft aushärtet. Allerdings: Beide wissen, dass das nur provisorisch ist. Kaltasphalt ist viel teurer als Warmasphalt, dafür hält er auch nicht so lange, lästert Michael Rüttinger. Denn an den Rändern dringt Wasser in die Reparaturstelle ein, der "Straßen-Karies" geht weiter - wie bei einem schlecht plombierten Zahn. In spätestens zwei Jahren, je nach Belastung, ist eine erneute Reparatur notwendig. Das geht richtig ins Geld. Ein 25-Liter-Eimer kostet um die 40 Euro. Das ist drei Mal so viel, wie für Warmasphalt verlangt wird.
"Eklatante Zunahme"
"Wir mussten überproportional viel Kaltasphalt" gegen Schlaglöcher einsetzen, sagt Jürgen Dobler, der Chef der Straßenbauverwaltung des Landkreises. Er ist zuständig für 240 Kilometer und kennt die Sorgenkinder genau. So wurde als Sofortmaßnahme die Reparatur der KG24 bei Speicherz auf einer Länge von 300 Metern ausgeschrieben. Nicht nur dort haben Vorschäden zu massiven Aufbrüchen geführt. Auch die KG43 zwischen Eltingshausen und der früheren B 19 hat gelitten. Hier seien über kurz oder lang Verkehrsbeschränkungen zu erwarten, so Dobler. Wenn auch eine Bestandsaufnahme noch nicht stattgefunden habe, so sei doch absehbar, dass es bei dem harten Winter eine eklatante Zunahme bei den Reparaturfällen gegeben hat. Viele seien für Autofahrer als solche noch nicht erkennbar.
Für den Straßenunterhalt stehen im Kreishaushalt 550.000 Euro bereit, das sind 70.000 Euro mehr als 2012. Dazu kommen noch Restmittel. Und das reicht? "Wir müssen uns beschränken", sagt Jürgen Dobler. Thomas Hornung, Tiefbauchef im Rathaus, weiß noch nichts Genaues, ahnt aber Schlimmes: Die Reparatur der vielen Schlaglöcher in den 132 Kilometern der Bad Kissinger Straßen werde viel Geld kosten. Näheres wird in den nächsten Wochen bei Begehungen ermittelt. Thomas Hornung erwartet schon jetzt "massive" Schäden und wesentlich mehr Schlaglöcher als in den Vorjahren.
600.000 Euro stehen im Haushalt der Stadt bereit für Aufträge an Fachfirmen. Dazu kommen noch interne Leistungen durch die Mitarbeiter des Service-Betriebes für rund 150.000 Euro. Zurückzuführen ist dieser hohe Aufwand auf den "Sonderfall Fußgängerzone" und die Kurhausstraße. Alleine dafür sind rund 150.000 Euro aufzubringen. 80.000 Euro (oder auch mehr) wird alleine die Reparatur der Schlaglöcher verschlingen.
Mittel reichen wohl wieder nicht
Vermutlich wird das Geld auch in diesem Jahr nicht reichen. 2012 waren die Mittel für den Straßenunterhalt bereits Ende Juni aufgebraucht, man musste sich mit Provisorien zufrieden geben. Ein Bad Kissinger Problem: Zwei Drittel der Straßen sind alt und haben eine extrem dünne Asphaltschicht von nur fünf bis acht Zentimeter, während heute mindestens 20 Zentimeter üblich sind. Wenn hier erst mal ein Schaden auftritt, breitet der sich rasant aus.
Das Staatliche Bauamt Schweinfurt betreut in der Region 1300 Kilometer Bundes- und Staatsstraßen. Ein Viertel davon liegt im Landkreis Bad Kissingen. Behördenleiter Holger Bothe sagte, mehr Schäden als in den Vorjahren seien "sicherlich nicht" entstanden, da es keine übergroßen Schneemengen und häufigen Frost-/Tauwechsel gegeben habe. Er hoffe, dass man mit einem blauen Auge davon gekommen sei. Eine exakte Bilanz liege noch nicht vor. Holger Bothe geht davon aus, dass sein Etat für den Straßenerhalt auch heuer ausreichen wird.
Ein Großteil der Schäden wird von der Straßenmeisterei Hammelburg repariert. Dort ist Thomas Leitschuh Kolonnenführer. Er hat keine Besonderheiten festgestellt. Die Schäden in diesem Winter seien nicht schlimmer als in den Vorjahren. Alles sei "ganz normal", sagt er.
Ähnliches gilt für A7 und A71. Probleme bereiteten auf der Rhön-Autobahn die Bereiche mit Dünnschichten, sagte Jens Ehmke (Autobahndirektion). Keine Sorgen machen die kürzlich hergerichteten Abschnitte und die neue A71.
Schlaglöcher sind die Folge von Frostaufbrüchen: Wasser dringt durch die defekte Oberfläche oder Risse ein. Wenn es gefriert, dehnt es sich aus. Dadurch vergrößern sich die Schadstellen. Bei wiederholtem Frost- und Tauwetter werden Teile des Asphalts richtiggehend abgesprengt. Dadurch beschleunigt sich der Zerfallsprozess. Denn nun kann noch mehr Wasser eindringen. Außerdem werden die Bruchränder mechanisch beansprucht. Schlaglöcher können bis zu 20 Zentimeter tief werden.
Es gibt drei Reparaturmöglichkeiten: Warmasphalt muss mindestens 130 Grad beim Einbau haben. Das ist sehr aufwändig. Deshalb kommt im Winter bei kleineren Schäden meist Kalt- oder Reparaturasphalt zum Einsatz. Das ist für den Straßenbaufachmann Jürgen Dobler (Landkreis) die schlechteste von drei Möglichkeiten. Besser sei die Verwendung von Warmasphalt. Optimal sei eine "normale Instandsetzung": Die Schadstelle wird bis zum Unterbau gesäubert, zwischen alter und neuer Deckschicht wird außerdem ein Dichtband eingebracht.