Willkommen in der zweiten Heimat
Autor: Sigismund von Dobschütz
Bad Kissingen, Dienstag, 20. Januar 2015
Der neue Integrationsbeirat von Bad Kissingen hat sich konstituiert. Er will sich besonders um Asylbewerber kümmern.
Bad Kissingen — Erwartungsgemäß wurde Ana Maria Benevides Werner jetzt von allen Mitgliedern des im November neu gewählten Integrationsbeirates einstimmig zur Vorsitzenden gewählt. Die gebürtige Brasilianerin trat damit ihre zweite Amtszeit bis 2020 an. Stellvertreterin ist Anna Magutova aus der Slowakei. Zweite Stellvertreterin, allerdings ohne Stimmrecht, ist gemäß Satzung Stadträtin Karin Reinshagen in ihrer Funktion als
Integrationsbeauftragte des Stadtrates. Schriftführerin wurde Natalie Denisiuk aus Kirgisistan.
Aufgabe des Integrationsbeirates ist die Interessenvertretung aller in Bad Kissingen wohnenden Menschen mit Migrationshintergrund als Vermittler zu kommunalen und politischen Einrichtungen sowie einheimischen Bürgern.
Nicht alle der 35 zur Wahl in den Integrationsbeirat vorgeschlagenen Einwohner hatten letztlich auch zur Wahl gestanden. Wie Sozialreferent David Rybak zum Auftakt der konstituierenden Sitzung mitteilte, hatten manche ihre Kandidatur zurückgezogen, andere hatten die Bedingungen für das passive Wahlrecht nicht erfüllt. Somit blieben letztlich nur 19 Namensvorschläge. In der Wahlwoche bis zum 15. November hatten 75 Wahlberechtigte ihre maximal elf Stimmen im Wahllokal abgegeben. Das beste Ergebnis mit 60 Stimmen erreichte die jetzige Vorsitzende, Zweitplatzierte war mit 47 Stimmen die Kirgisin Tatjana Baranov, auf den dritten Platz kam mit 30 Wählerstimmen ihre Landsmännin Natalie Denisiuk.
Rybak dankte den bisherigen Aktiven für die geleistete Arbeit seit Beiratsgründung vor fünf Jahren. Höhepunkt eines jeden Jahres sei seitdem die vom Beirat gegründete Interkulturelle Woche gewesen. Doch wichtiger als die offizielle Tätigkeit sei die unsichtbare Integrationsarbeit gewesen, von Rybak als "Beratung über den Gartenzaun" bezeichnet. "Der kurze Weg ist oft der beste Weg."
In der Vorstellungsrunde der elf Beiratsmitglieder offenbarte sich die kulturelle und gesellschaftliche Vielfalt, mit der die große Zahl aller Migranten "das Leben in Bad Kissingen noch bunter machen können" (Rybak). Aus Osteuropa und Vorderasien, aus Lateinamerika und Nordafrika oder den Kanarischen Inseln waren manche schon vor Jahrzehnten, andere erst vor ein paar Monaten nach Bad Kissingen gekommen. "Wir fühlen uns hier wohl und sind dankbar", war immer wieder zu hören. Auch die Vielzahl ihrer Berufe passt in die Stadt - Sozialarbeiterin und Krankenschwester, Musiker und Einzelhändlerin, Tierarzt und Lehrerin.
"Wir haben eine neue Heimat gefunden", waren sich alle einig. Dies bedeute aber keineswegs, die alte Heimat vergessen zu müssen. Gerade die Zweisprachigkeit ihrer in Bad Kissingen aufwachsenden Kinder wurde von allen Sitzungsteilnehmern als wertvolles Gut angesehen. Beruflich sei dies nur von Vorteil. Deshalb verurteilte Benevides Werner die Forderung der CSU, alle Migranten sollten auch zuhause Deutsch sprechen.
Als wichtige Aufgabe sieht der Integrationsbeirat, bei den Einheimischen offene oder auch nur unterschwellige Vorurteile gegenüber Ausländern abzubauen. "Es gibt nicht die(!) Ausländer", erklärte die gebürtige Türkin Melike Treutlein. Jeder sei unterschiedlich in Herkunft, Kultur und Religion - eine Bereicherung für Bad Kissingen. Es sei traurig, in diesen Tagen die Fernsehnachrichten zu sehen, klagte die aus Marokko stammende Hafida Kirmsse: "Ich bin Muslimin."
Nicht nur um ausländische Mitbürger, auch um die hier untergebrachten Asylbewerber will sich der Integrationsbeirat kümmern. Vorsitzende Benevides Werner, die mit Karin Reinshagen schon dem Helferkreis in Garitz angehört, hatte bereits vor Jahren gute Erfahrungen mit Asylbewerbern aus Münnerstadt gemacht, die immer gern zu ihr ins Bad Kissinger Mehrgenerationenhaus gekommen waren. Ob Einwanderer oder Zuwanderer, ob Übersiedler oder Aussiedler oder jetzt die Asylbewerber - das macht also keinen Unterschied. "Wir sind offen, weil wir alle Ausländer sind", meinte ihre Stellvertreterin Anna Magutova. Nur einen Unterschied gibt es: "Wir kamen freiwillig, sie mussten fliehen."
Die Mitglieder des Integrationsbeirates
Stimmberechtigte Mitglieder sind Tatjana Baranov, Ana Maria Benevides Werner (Vorsitzende), Natalie Denisiuk (Schriftführerin), Maria Hack, Herland Hernandez Morales, Hafida Kirmsse, Enma Kleinhenz-Dominguez, Anna Magutova (Stellvertretende Vorsitzende), Yevgen und Ganna Okuhyev und Melike Treutlein.
Nicht stimmberechtigte Mitglieder sind Oberbürgermeister Kay Blankenburg, Stadträtin und Integrationsbeauftragte Karin Reinshagen (Stellvertretende Vorsitzende), ein Vertreter des Landkreis-Netzwerkes für Migrationsarbeit und ein Vertreter des städtischen Sozialreferats.