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Wild-App soll mehr Sicherheit bringen


Autor: Kerstin Väth

Bad Kissingen, Montag, 18. Februar 2019

Alle zwei Minuten kommt es in Deutschland zu einem Wildunfall. Hoffnung macht eine App, die Autofahrer warnt und die bei einem Wildunfall hilft.
Die Wildwarner-App ist aktiv, meldet das auch über die Auto-Sprechanlage. Der Warnton ertönt jedoch nur, wenn es an dieser Stelle zu dieser Uhrzeit schon einmal einen Unfall gegeben hat oder Jäger Wildwechsel dort gemeldet haben.Kerstin Väth


Jeden Tag stehen in unserer Zeitung gleich mehrere Wildunfälle im Landkreis. Sie stellen eine der häufigsten Unfallursachen im Straßenverkehr dar. Und dabei wird nur ein Bruchteil der Wildunfälle gemeldet, nämlich wenn Menschen zu Schaden kommen oder die Versicherung Autoreparaturen bezahlen soll. Ein Hilfsmittel, um Wildunfälle zu vermeiden, ist die Wildwarner-App Wuidi und sie hilft auch demjenigen, dem ein Wildunfall passiert ist.

Frei nach dem Motto "Aus Schaden wird man klug", entwickelten die drei Erfinder Alfons Weinzierl, Alexander Böckl und Jozo Lagetar diese App, nachdem sie selbst im Dezember 2014 einen Unfall hatten und weder wussten, wo sie gerade sind, noch was jetzt zu tun ist. Sie riefen die Initiative Wuidi ins Leben, um die Unfallgefahr erstmals nachhaltig zu reduzieren. Der digitale Wildwarner warnt Autofahrer bei der Fahrt durch Gefahrengebiete mit erhöhtem Wildwechsel orts- und zeitabhängig. Die Warnung erfolgt entweder über eine App oder dank Bluetooth-Kopplung direkt über das Automobil. Dank eines Hintergrundmodus ist keine Bedienung während der Fahrt notwendig und kann dadurch problemlos im Straßenverkehr eingesetzt werden.

"Und das funktioniert seit Juli 2017 flächendeckend bundesweit", bestätigt Alfons Weinzierl auf Nachfrage. Inzwischen soll die Initiative auch auf Österreich und die Schweiz ausgedehnt werden. Seit knapp zehn Jahren liefert das Bayerische Innenministerium Weinzierl und seinen Kollegen, die inzwischen eine Firma in Geiselhöring haben, Daten von Wildunfällen, anhand derer nach einer algorhythmischen Berechnung die App immer wieder aktualisiert wird.

Inzwischen werden nicht nur die von der Polizei gemeldeten Wildunfälle berücksichtigt, auch Jäger können Gefahrenschwerpunkte melden. Seit 2018 schreiben auch immer wieder Berufspendler, die regelmäßig Wildwechsel an neuralgischen Punkten beobachten. Inzwischen hat die App bereits über 50 000 Nutzer. "Genauer können wir es nicht sagen, weil sie sich nicht mit Daten registrieren oder Fahrtstrecken angeben müssen ", erklärt Weinzierl. Man nehme den Datenschutz sehr ernst.

Kommt es dennoch zu einem Wildunfall, erhält der Nutzer eine Schritt-für-Schritt-Anleitung und auf

Basis der GPS-Lokalisierung die Kontaktdaten des zuständigen Ansprechpartners, der

Polizeidienststelle oder des Jagdrevier-Inhabers.

Natürlich könne man schlecht messen, wie viele Wildunfälle durch die App verhindert würden, sagt Weinzierl. "Aber uns schreiben immer wieder Autofahrer, die sich bedanken." Im Landkreis Bad Kissingen sind die Wildunfälle tatsächlich um sechs Prozent zurückgegangen, bestätigt Polizeihauptkommissar Lothar Manger, Verkehrsfachmann bei der Polizeiinspektion Bad Kissingen. Waren es im Jahr 2017 noch 1142, wurde für 2018 insgesamt 1050 registriert. "Das sind immer noch sehr viele Wildunfälle, jeden Tag fast drei", sagt der Sachbearbeiter. Er selbst glaube nicht, "dass die App bei uns funktioniert". Ihm seien Stellen, zum Beispiel zwischen Oerlenbach und Bad Kissingen bekannt, wo viel Wildwechsel ist, aber wenig Unfälle geschehen. Da zeige die App dann auch nichts an. "Die App macht nur dort Sinn, wo sie auch bedient wird", meint er.

Es gebe jedoch einige Versuche, Wildunfälle zu verhindern. Zum Beispiel verwende die Landwirtschaft Duftzäune, um Wildschweinrotten von Maisfeldern fern zu halten, so Manger. Und inzwischen werden auch blaue Reflektoren verwendet, weil festgestellt wurde, dass Wild das blaue Licht abschreckt. Neueste wissenschaftliche Studien hätte jedoch ergeben, dass auch das nicht funktioniert. Die Reflektoren seien höchstens eine Warnung für den Autofahrer.

Hans-Peter Donislreiter von der Unteren Jagdbehörde hat die Wuidi-App zwar schon seit geraumer Zeit, nutzt sie allerdings nicht regelmäßig. "Bei mir hat sie noch nie angeschlagen", sagt er auf Nachfrage. Er achte allerdings auf leuchtende Augen am Straßenrand und Vorsicht sollte natürlich jeder walten lassen, mit oder ohne App. Darüber hinaus weisen auch Verkehrsschilder auf Gefahrenstellen für Wildwechsel hin. Er habe selbst noch nie einen Wildunfall gehabt.

Sein Kollege Klaus Plescher dagegen schon. Zum Unfallzeitpunkt hatte er die App allerdings noch nicht. Er habe einfach die Polizei informiert, die eine Liste von zuständigen Jagdpächtern hat. Die Wildwarner-App hat er sich erst vor ein paar Tagen heruntergeladen und "ich wurde bisher immer nur über die Freisprecheinrichtung des Autos informiert, dass der Wildwarner aktiv ist, mehr nicht".

5000 Wildunfälle gemeldet

Nichtsdestotrotz trägt die Initiative Wuidi mit Partnern wie Behörden, Verbänden, der Polizei und Fahrschulen zur Erhöhung der Sicherheit auf den Straßen bei und verhilft im Falle eines Wildunfalls zu einer effizienten Abwicklung des Vorgangs. Dafür ist sie auch bereits mehrfach ausgezeichnet worden.

Inzwischen werden etwa 5000 Wildunfälle pro Jahr gemeldet, meist von Jägern. Weil es aus einigen Ecken des Landes noch gar keine Meldungen gibt, werden inzwischen auch die Bürger um Mithilfe gebeten. Unter www.wuidi.com pflegt der Jäger oder auch Autofahrer Gefahren-Abschnitte mit erhöhtem Wildwechsel ein, je mehr das machen, desto besser. Diese werden analysiert und dem Verkehrsteilnehmer in der Wildwarner App bereitgestellt.