Wieviel Verkehr kann Nüdlingen noch aushalten?
Autor: Paul Ziegler
Nüdlingen, Donnerstag, 09. Juli 2015
Der Straßenverkehr durch Nüdlingen ist für die Anlieger in der Hauptstraße eine ständige Belastung. Abhilfe könnte eine Umgehungsstraße bringen, aber die ist in weiter Ferne, auch wenn immer mehr Bürger auf die Barrikaden gehen.
Der zunehmende Durchgangsverkehr durch Nüdlingen wird seit Jahren für die Bürger immer unerträglicher. Bereits im Jahr 2012 wurden 10 800 Fahrzeuge pro Tag gezählt, die auf über 12 000 hochgerechnet wurden.
Vor diesem Hintergrund hat sich am 7. Mai 2015 im Dorf eine Bürgerinitiative gegründet, die den vordringlichen Bedarf einer Ortsumgehung bei der Neufeststellung des Bundesverkehrswegeplanes (BVWP) in diesem Jahr fordert.
Die Gemeinde hat dafür bereits einen Antrag gestellt, bestätigte Bürgermeister Harald Hofmann (CSU).
Viele sind betroffen
Die Sprecherin der Bürgerinitiative, Gemeinderätin Anita Haub, hat nach verschiedenen Gesprächen eine feste Meinung gewonnen: "Ohne dauerhaften Druck wird sich nichts bewegen". "Die Hauptstraße ist das Herzstück unserer Gemeinde", sagt sie, "nicht nur wegen des Rathauses und der Bücherei." An dieser Straße befänden sich zwei Bäckereien, zwei Metzgereien, zwei Banken, Gastwirtschaften, Arzt, Apotheke, Heimatmuseum, Pfarrhaus und Pfarrsaal. Hier seien die Bürger bei Einkäufen und Besorgungen unmittelbar dem Verkehrslärm und der gesundheitsschädlichen Feinstaubbelastung ausgesetzt.
Der Ortskern stirbt aus
An der 1,3 Kilometer langen Hauptstraße stehen 103 Wohnhäuser, von denen elf Prozent unbewohnt sind, hat die Bürgerinitiative ausgerechnet. In 14 Häusern wohne nur eine Person, in 23 nur zwei, in zehn nur drei Personen und in sieben Häusern leben vier Personen. Der Bevölkerungsrückgang sei in Nüdlingen mit sieben Prozent überdurchschnittlich hoch. Ist die Hauptstraße ein Grund dafür?
Möglicher Trassenverlauf
Als bisherigen Trassenverlauf einer Entlastungsstraße um Nüdlingen herum nannte sie die Nordumgehung, die seit Jahrzehnten vorgesehen war. Sie würde die Kreisstraße KG 17 und den Mühlweg kreuzen, den Durchgangsverkehr der engen Haardstraße umleiten und die Bürger im Ortskern nicht mehr belasten. Aber: Die Trassenfrage könnte neue Probleme aufwerfen, räumt der Bürgermeister ein. Ein geplantes Baugebiet birgt Konfliktpotenzial. Aber das ist die Musik von morgen.
Kein Planungsauftrag
Im Heute bestätigt Holger Bothe, der Leiter des Staatlichen Bauamtes Schweinfurt und Bereichsleiter Straßenbau, auf Nachfrage, dass eine Ortsumgehung für Nüdlingen im Rahmen der Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplanes angemeldet worden ist. Das war, ergänzte er, schon mal im Jahr 2003 der Fall, allerdings kam die Maßnahme nicht in den "vordringlichen Bedarf", was damals für das Straßenbauamt bedeutete: Kein Planungsauftrag.
Belastung mit viel Quellverkehr
Jetzt müsse man die erneute Bewertung und die Dringlichkeit für diese Umgehungsstraße abwarten. Bothe bestätigte, dass der Durchgangsverkehr (rund 10 000 Kfz/Tag) durch Nüdlingen sehr hoch sei. Er wies aber auch darauf hin, dass ein recht hoher Anteil an Quellverkehr dabei ist. Das Verkehrsaufkommen südlich von Nüdlingen (von der Pyramide bis Ortsbeginn) sei nicht so groß wie am Ortsausgang Richtung Winkels. Deshalb sei es auch eine Frage, die beantwortet werden muss, wieviel Entlastung die Umgehungsstraße wirklich bringt. Das wird mitentscheidend bei der Bewertung sein. Dass die Umgehungsstraße Entlastung schafft, steht außer Frage, so Bothe.
Mit Plakaten und Hinweisschildern will sich die Bürgerinitiative bei den Planungsstellen für eine Umgehungsstraße Gehör verschaffen, damit nach einer Dorferneuerung im Altortskern wieder dörfliches Leben einziehen kann. Auch die Mitstreiter von Anita Haub, allen voran Ewald Kiesel aus Haard, müssen dafür die politischen Entscheidungen abwarten.
Jede Straße wird neu bewertet
Zu einer Entlastungsstraße für Nüdlingen konnte Staatssekretärin Dorothee Bär (CSU) auf Nachfrage keine konkreten Aussagen machen. Der Bundes-Verkehrswegeplan werde derzeit nach einem neuen, einem Bewertungskonzept, zusammengestellt, sagte sie. Das heißt: "Jede einzelne Straße, jede einzelne Maßnahme wird nach bestimmten Kriterien bewertet", sagte Dorothee Bär dazu. Es geht dabei zum Beispiel um die Parameter Anzahl der Fahrzeuge, Umweltfaktoren, Raumordnung, Tourismus, Anbindung und Lückenschluss sowie einiges mehr. Diese Dinge werden derzeit erfasst und in den neuen Plan eingestellt. "Erst wenn alle Ergebnisse da sind, wird über den vordringlichen Bedarf entschieden." Mit Bürgermeister Harald Hofmann (CSU) sei sie im Gespräch und Austausch.
Für Landrat Thomas Bold (CSU) ist die geforderte Nüdlinger Umgehungsstraße nicht neu. "10 000 Fahrzeuge pro Tag sind eine hohe Belastung", sagte Bold. Man müsse jetzt allerdings abwarten, wie die Bewertung einer solchen Maßnahme für die Neufassung des Bundesverkehrswegeplanes ausfällt. Bis dahin werden in Nüdlingen weiter Schilder an die Hauswände montiert. "Zuviel Verkehr", "Verkehrsentlastung - Jetzt!!!" steht unter anderem drauf. Am Ende wird es aber nicht auf die Anzahl der Protestschilder ankommen, ob eine Umgehungsstraße gebaut wird. Am Ende zählt die Bewertung der Maßnahme und wie dringlich sie eingestuft wird.