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Wie von der Fledermaus jeder profitiert


Autor: Carmen Schmitt

Bad Kissingen, Freitag, 26. Februar 2016

Die Fledermaus wird immer prominenter. Ein Grund dafür, dass sich die Bestände erholen - wie die Zahlen zeigen. Gut so, denn von dem Tier hat jeder etwas.
Dieter Fünfstück kontrolliert die Bestände beim Winterschlaf im Sulzthaler Bierkeller Foto: Carmen Schmitt


Zwei Dutzend Stufen führen in die Dunkelheit. Viele Tausend Tritte haben glatte Kuhlen in den Sandstein geschliffen. Es tropft von der Decke. Kalk schichtet sich zu Türmchen. Nur eine Handvoll Menschen hat einen Schlüssel zu dem unterirdischen Gewölbe. Schon früher lagerte Wertvolles in dem Keller: Bierfässer stapelten sich zwischen dem feuchten Gemäuer. Wertvoll ist auch das, was sich heute in den Ritzen und Spalten verkriecht.

Während draußen dicke Flocken aus den Wolken segeln, haben sich Fledermäuse nach drinnen in den Keller zurückgezogen. Das Große Mausohr schlummert am liebsten bei Kühlschranktemperaturen. Experten freuen sich, dass die Vorurteile gegenüber den Insektenfressern weniger und die Tiere im Landkreis mehr werden. Kein Wunder: Von der Fledermaus profitiert jeder.

Dieter Fünfstück leuchtet mit seiner Taschenlampe in den linken Gang des Gewölbes. Er ist Kreisvorsitzender des Landesverbands für Vogelschutz und hat die Tiere gezählt. So wie jedes Jahr. Für die sogenannte Winterquartierskontrolle reisen Fachleute an und patrouillieren durch bekannte Winterlager der Fledermäuse. Im Sulzthaler Bierkeller vermuten sie zwei- bis dreimal so viele wie sie gezählt haben: 52. Eine gute Zahl für Claudia Beyer.


Kontrolle bringt Schutz

Sie arbeitet seit über zehn Jahren in der Abteilung Umweltschutz der Regierung von Unterfranken. Was die Zahlen angeht, steht der Landkreis im unterfränkischen Vergleich gut da - im vorderen Mittelfeld, schätzt Claudia Beyer. "Die Zählung ist sehr aufwendig, aber die Kontrolle ist wichtig", sagt sie. Die jährliche Erfassung ist Grundlage für den Schutz.

Seit 1936 steht die Fledermaus unter Naturschutz. In Bayern leben 25 Arten. Die wohnen auf Dachböden, in Bäumen und Kellern. Heute geht es den Fledermäusen wieder besser. Holzschutzmittel und Insektenvernichtungsmittel hatten ihnen über Jahrzehnte zugesetzt. Seit Ende der 80er-Jahre erholen sich die Bestände langsam. Trotzdem gibt es Arten wie die Kleine Hufeisennase, von denen es schätzungsweise nur noch bis zu 30 Stück gibt. Sie ist vom Aussterben bedroht und in manchen Bundesländern bereits verschwunden. Für Matthias Hammer ein Zeichen dafür, dass am Bewusstsein für dieses hochentwickelte Säugetier weiter gearbeitet werden muss.


Fledermaus-Datenbank

Matthias Hammer leitet die Koordinationsstelle für Fledermausschutz in Nordbayern. Am Lehrstuhl für Tierpsychologie an der Friedrich-Alexander Universität in Erlangen pflegt er mit seinen Mitarbeitern eine riesige Fledermaus-Datenbank. Der Zoologe ist fasziniert von dem Tier: "Die Fledermaus lebt unverändert seit 50 Millionen Jahren auf der Erde."

Auf ihrer Tour durch den Landkreis hat das Zähl-Komitee in Kellern und Ruinen neun Arten und 163 Tiere aufgespürt. Die guten Werte haben die Fledermäuse Naturschützern zu verdanken, die wichtige Keller für ihre Winterruhe gesichert haben und sich für die Arten einsetzen. Mitmachen kann jeder: Der Schutz fängt nicht erst bei der Gartenarbeit an. "Jeder Keller ist ein potenzieller Fleder-mauskeller. Er darf nur nicht hermetisch abgeriegelt werden", sagt Claudia Beyer. Ein zwei Finger breiter Schlitz reicht ihnen. Wer es schafft, dass sich die Tiere bei ihm wohlfühlen, soll sich bei den Ehrenamtlichen wie Dieter Fünfstück melden. "Damit unsere Zahlen aussagekräftig sind", sagt sie. Beratung und Tipps gibt´s oben drauf.

"In ihrem Winterquartier hängen sie nur rum und machen gar nichts", sagt Dieter Fünfstück. Kein Gift im Gemüsebeet, Nistkästen und reichlich Blüten für die Insekten, rät Dieter Fünfstück. Die Tiere sind nicht nur schützenswert, sondern auch nützlich: Sie fressen nicht nur sogenannte Schadinsekten, die Probleme in der Landwirtschaft machen, sondern auch Stechmücken, die in den warmen Monaten herumschwirren.

Ein halbes Jahr verbringen die Fledermäuse im Sulzthaler Bierkeller. Sie haben sich in Fugen verkrochen, hängen alleine, zu zweit oder in kleinen Gruppen von der Steindecke. Das Herz schlägt zehn Mal in der Minute. Stoffwechsel auf Sparflamme. Sie zehren von bis zu einem Drittel ihrer Körpermasse bis sie im Frühjahr wieder aufwachen und ausschwärmen. Dann kann man sie in der Dämmerung beobachten. Beste Zeit: 21.30 Uhr.