Die Deutsche Palliativstiftung stellt Fotografien ihres Jahreskalenders in der Capio Franz von Prümmer Klinik aus - und will damit ein Tabu aufbrechen.
Es ist das April-Foto geworden. Heute steht Angelika Reith aus Fulda vor dem Kalenderblatt, auf dem sie und ihr Mann abgebildet sind. Vor zwei Jahren ist ihr Mann gestorben. Zu Hause im Wohnzimmer. Er hat sich für Lebensqualität anstelle von Länge entschieden, sagt seine Frau.
Einblick in die Hospizarbeit
Ein Dreivierteljahr war er in Palliativbehandlung. So wie die Momentaufnahme der Familie Reith, stellt die Deutsche Palliativstiftung elf weitere Fotografien ihres Jahreskalenders in der Capio Franz von Prümmer Klinik in Bad Brückenau aus - und will damit ein Tabu aufbrechen.
"Das Sterben gehört genauso wie die Geburt zum Leben", sagt Sturmius Schneider Pressesprecher der Deutschen Palliativstiftung. Die will sensibilisieren für eine "neue Kultur des Lebensendes". "Jeder soll selbst entscheiden können, wie er seine letzten Tage verbringt", sagt Sturmius Schneider. Die Bilder des Palliativkalenders sollen einen Einblick in die Hospizarbeit gewähren. In den nächsten Wochen wird die Ausstellung in der Empfangshalle der Capio Franz von Prümmer Klinik in Bad Brückenau zu sehen sein.
Zeit und seelische Sorgen
"Das Lebensende kann schön sein", sagt Sabine Hein, Verwaltungsdirektorin der Klinik. Eine, die dafür sorgt, ist Christina Schneider. Die Hospizbegleiterin macht den Job seit fünf Jahren. Sie ist da, wenn sich plötzlich alles ändert. Demenz, Bewegungsunfähigkeit - "die Menschen sind mit einem Mal mit Hilflosigkeit konfrontiert", sagt sie. Im Krankenhausalltag bleibt wenig Zeit für seelische Sorgen. Christina Schneider ist da und hört zu.
Bedürfnisse der Betroffenen
"Ich darf als Begleiter die Geschichte der Menschen nicht zu meiner machen." Fremde tun sich leichter, Menschen dazuzubringen, sich zu öffnen, sagt sie. Sie wertet die Situation nicht, in der Patienten sind. Es falle Menschen oft schwer, ihre Liebsten in die Obhut anderer zu geben. Sie betreut nicht nur Betroffene, sondern auch deren Angehörige.
"Wie geht es Ihnen heute?", fragt sie dann. Sie beginnt Gespräche langsam. Der Rest kommt von allein. Doch ganz oft hilft das Reden nicht mehr.
Menschen, die nur noch schreien, versucht sie zu beruhigen. Die meiste Zeit arbeitet sie mit Schwerkranken, die sich nicht mehr artikulieren können. Die Hand halten, auf sie eingehen, was für die Hospizbegleiterin zählt, sind die Bedürfnisse der Betroffenen.
Plötzlich allein
Manchmal sitzt sie mit den Betroffenen da und spielt "Mensch ärgere Dich nicht". Christina Schneider ist da. In kurzer Zeit hat sie ihren Mann und ihren Vater verloren. Plötzlich war sie allein. Unterstützung bekam sie von einer Hospitzbegleiterin. Heute ist sie selbst eine. Christina Schneider will etwas zurückgeben. Sie engagiert sich ehrenamtlich in der Malteser Hospizgruppe Bad Brückenau, im Krankenhaus und bei der Arbeiterwohlfahrt. Die Nähe und Dankbarkeit der Menschen gibt ihr viel. "Ich profitiere nur positiv davon", sagt sie.
"So wie mein Mann auf dem Bild schaut, zeigt es mir, dass der Weg, den wir gegangen sind, genau der richtige war", sagt Angelika Reith.