Wie nimmt man richtig ab? Fitness-Experte klärt auf
Autor: Carmen Schmitt
Bad Kissingen, Mittwoch, 02. März 2016
Um das Thema Abnehmen halten sich hartnäckig viele Mythen. Fitnesscoach Holger Klemm über die wahren Fatburner und Schlankmacher, die keine sind.
1.Die besten Fatburner sind Schwimmen, Laufen und Walken.
"So steht es zumindest in sämtlichen Gazetten. Was oft nicht erwähnt wird: Krafttraining ist der wahre Fatburner, er formt den Körper in Rekordzeit, wovon ein Ausdauersportler nur träumen kann. Ein gezieltes Krafttraining aktiviert hunderte von Muskeln, die wahren Brennöfen für eine optimale Fettverbrennung.
In Verbindung mit einem Ausdauertraining hat man den größten Effekt bei der Gewichtsreduktion."
2.Krafttraining mit hohen Gewichten macht dicke Muskeln bei Frauen.
"Als Fitnesstrainer kämpft man seit vielen Jahren mit diesem Mythos. Die Folge: viele Frauen trainieren mit zu leichten Gewichten. In Untersuchungen hat man festgestellt, dass Krafttraining bei Frauen eher zu einer Straffung des Bindegewebes und besseren Formung der Muskulatur beiträgt, wohingegen Männer tatsächlich einen stärkeren Muskelaufbau zu verzeichnen haben. Einen festen, straffen Körper erhält man nur mit Gewichten, die an die individuelle Leistungsfähigkeit angepasst sind."
3.Mit viel Bauchtraining schmilzt das Fett am Bauch.
"Viele Abnehmwillige machen regelmäßig ihre Bauchmuskelübungen zuhause und wundern sich, warum das Fett am Bauch einfach nicht schwindet. Bauchübungen trainieren die Bauchmuskulatur, aber nicht das Fett. Das Unterhautfettgewebe, das über der Bauchmuskulatur liegt, verliert man so nicht. Erst ein ganzheitliches Kräftigungsprogramm mit einer zuckerreduzierten und eiweißreichen Ernährung bringt langfristig auch das Bauchfett zum Schmelzen."
4.Fett wird beim Sport erst nach 30 Minuten verbrannt.
"Diese Behauptung hält sich seit vielen Jahren. Wann der Körper Fett verbrennt, hängt stark von der Ernährung vor dem Training ab. Esse ich sehr kohlenhydratreich vor dem Sport, greift der Körper während der Trainingsphase vorwiegend auf seine prall gefüllten Zuckerdepots zurück und lässt das Fett links liegen. Esse ich 60 bis 90 Minuten vor dem Training eiweißreich und kohlenhydratarm, springt die Fettverbrennung bereits ab der ersten Minute an."
5.Je öfter ich Sport mache, umso mehr nehme ich ab.
"Viel hilft viel ist ein weit verbreitetes Vorurteil in Sportlerkreisen. Gönnt man dem Körper jedoch zu wenig Ruhe und Erholung, drohen Überforderung und Leistungsabfall. Je nachdem, wie intensiv das Training ausgefallen ist, sollte man seinem Körper zwei bis drei Tage nicht belasten. Die Trainingseffekte stellen sich erst während der Erholungsphase ein, nicht vorher!"
6. Durch spezielles Training kann ich gezielt Fett an Bauch, Beinen und Po verlieren.
"An welcher Stelle der Körper das Fett verbrennt, bleibt entgegen vieler windiger Werbeversprechen der Diätgurus und Abnehmpillenverkäufer dem Körper selbst überlassen. Die Reihenfolge der Fetteinlagerung wird durch die Erbinformationen, die in unseren Körperzellen gespeichert sind, festgelegt. Bauen wir Fettgewebe ab, geschieht dies genau in der umgekehrten Reihenfolge in der es eingelagert wurde. Die Stellen, die zuletzt an Umfang gewonnen haben, werden also zuerst wieder schlanker."
7.Obst ist der ideale Schlankmacher.
"Vorsicht! Obst und Gemüse sollten zwar die Grundlage einer vollwertigen Ernährung bilden, jedoch ist der hohe Fruchtzuckergehalt für Abnehmwillige im Obst eher kontraproduktiv. Der Körper unterscheidet nicht, ob der Zucker aus der Cola oder aus dem Apfel kommt. Obst in Maßen zum Frühstück oder als Zwischenmahlzeit ist erlaubt."
8.Kalorien sind Kalorien - die Quelle ist egal.
"Das ist so nicht korrekt. Fette und Kohlenhydrate sind Brennstoffe und werden im Körper als Energiequelle bevorzugt. Überschüssige Fett- und Zuckerkalorien lagert der Organismus in den klassischen Fettdepots an Bauch, Beinen und Po ab. Kalorien aus Eiweißquellen wie Fisch, Joghurt oder Quark verwendet der Körper nicht als Brennstoff, sondern als Baustoff für sein Bindegewebe, sein Immunsystem und seine Muskeln. Überschüssige Eiweiß-Kalorien werden ausgeschieden. "
9.Nach 18 Uhr darf man keine Kohlenhydrate essen.
"Diese Aussage ist zum Teil richtig. Am Abend sind wir in der Regel weniger aktiv und unser Stoffwechsel wird langsamer. Zu viele Zuckerbausteine beim Abendessen kann der Körper nicht mehr gebrauchen und lagert sie in Form von Fett ein. Komplett auf Kohlenhydrate zu verzichten ist aber nur dann sinnvoll, wenn ich spätestens drei Stunden nach dem Abendessen zu Bett gehe. In Maßen genossen und am besten vollwertig dürfen Kohlenhydrate auch nach 18 Uhr in den Speiseplan eingebaut werden."
10.Nach dem Sport soll man nichts mehr essen, damit mehr Fett verbrennt wird.
"Diese Aussage galt lange Zeit als unumstößlich. Mittlerweile weiß man, dass der Körper wertvolles Muskeleiweiß abbaut, wenn er nach dem Training keine Nahrung erhält. Auch hier gilt: eine eiweißreiche und zuckerreduzierte Mahlzeit möglichst sofort nach dem Training gibt dem Körper die notwendige Energie, um sein Immunsystem, seine Muskulatur und sein Bindegewebe optimal zu versorgen."
Das Gespräch führte
Carmen Schmitt