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Wie eine Kindergärtnerin zur Jazzsängerin wurde


Autor: Benedikt Borst

Bad Kissingen, Dienstag, 05. August 2014

Die Bad Kissinger Jazzsängerin Silke Straub hat ihre erste CD veröffentlicht. Viele Umwege liegen hinter ihr: Als Kind liebte sie Singen, wollte dafür aber kein Lob. Also wurde sie erst Kindergärtnerin.
Silke Straub studiert im heimischen Wohnzimmer das Stück "Lil Darlin" für einen anstehenden Auftritt.  Foto: Benedikt Borst


Silke Straub steckt voller Gegensätze: Quirlig und lebendig einerseits, wirkt sie doch zu jeder Zeit gelassen und in sich ruhend. Sie ist eine Sängerin, die das Publikum unterhält und mit ihrer glasklaren Stimme die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Sie genießt es, wenn die Zuhörer an ihren Lippen hängen, obwohl sie sich abseits der Bühne lieber im Hintergrund hält. Silke Straub ist intelligent, zielstrebig und trotzdem ein Karriere-Spätzünder.

"Als Kind mit der Familie habe ich immer gesungen", erzählt die 44-Jazzmusikerin. Gern und gut. Trotzdem nahm sie keinen Gesangsunterricht. Anders als ihre Klassenkameradinnen träumte sie nicht von einer Karriere als Sängerin. Warum? Weil sie als Kind immer viel positive Resonanz von Familie und Freunden bekommen habe. "Ich fand das doof. Damals wollte ich keine Sängerin werden." Sie wurde es dennoch, aber über Umwege.

Jazz ist frei

Nachdem das Singen vom Tisch war, trat Straub dem Jugendmusikkorps Bad Kissingen bei, lernte Saxophon und probte vier Mal wöchentlich. Vom Jazz war sie meilenweit entfernt. Straub übte brav klassische Blasmusik statt improvisierte Jazzsolos. Das änderte sich, als sie in paar Jahre später Mitglied in der Golden Brass Band in Bad Kissingen wurde. Die Zeit in der Bigband war prägend. "Ich habe mich dann voll verschossen in die Musik und bin immer tiefer eingetaucht", sagt die zierliche Frau.

In der Big Band fing sie wieder an zu singen. "Meine Schwester hatte mich dazu überredet. Es ging um ein Duett mit einem jungen Mann. Ab da hat mir das Singen wieder Spaß gemacht." Die Faszination für die Jazzmusik hatte sie fest gepackt, bis sie allerdings ihren Weg zur Berufssängerin beendet hat, sollte es noch dauern.

Silke Straub findet es nicht schlimm, dass ihr Lebensweg nicht geradlinig verlaufen ist, sondern krumm mit Schlenkern und Kurven. Das gehört für sie irgendwie zur Natur der Jazzmusik dazu. "Jazz ist lebendig, spannend und frei." Es sei Musik für eine Minderheit, man brauche sich nicht einengen lassen, sondern könne gegen den Strom schwimmen. Straub gefällt diese intelligente Haltung. "Ich mag es, wenn es sich reibt."

Straub arbeitete Mitte der 90er als Kindergärtnerin in Garitz, als sie von heute auf morgen den Wunsch hatte, doch Sängerin zu werden. "Ich hatte in dieser Zeit viel mit Profimusikern zu tun. Mir hat es dann gefehlt, dass ich mich fortbilden kann", schildert sie ihren Wandel. Sie nahm Unterricht und entschloss sich, Jazzgesang zu studieren. "Ich habe gemerkt, dass ich doch immer singen wollte, nur mein Weg war zwischendurch verloren." Mit der unerschütterlichen Gewissheit, dass alles klappt, bewarb sie sich an der Musikhochschule in Nürnberg, lernte für die Aufnahmeprüfung innerhalb weniger Wochen Klavier und wurde 1999 als einzige Studentin angenommen.

Oase Bad Kissingen

Vier Jahre später beendete Silke Straub ihr Studium mit Auszeichnung als Diplom-Musikerin und Musikpädagogin. "Seitdem bin ich Profimusikerin", sagt sie. Im Alter von 33 Jahren ist sie in ihrem Traumberuf angekommen. Sie unterrichtet in Nürnberg und Würzburg Jazzgesang, singt in diversen Ensembles unter anderem auf englisch, brasilianischem portugiesisch sowie französisch und tritt europaweit auf. "Ich habe viel Bühnenerfahrung gesammelt."

Ein weiteres Mal geht Silke Straub einen Umweg, passt sich nicht dem Mainstream an. Viele Jazzprofis setzen ihre Prioritäten darauf, als Live-Musiker zu arbeiten. Sie haben eigene Bands, schreiben Stücke, veröffentlichen CD`s und tingeln durch Clubs. Silke Straub dagegen unterrichtet hauptsächlich. Weil sie nicht nur Musikerin ist, sondern auch noch etwas Kindergärtnerin in ihr steckt. Es hat fast zehn Jahre gedauert, bis sie soweit war, um mit eigener Band ihre erste CD "Silk-Street" aufzunehmen. "Wenn man eigene Musik macht, macht man sich ein Stück weit nackt. Ich brauche dafür immer etwas Muße."

Obwohl sich ihr Arbeitsmittelpunkt verlagert hat, wohnt sie weiter mit ihrem Mann Klaus-Peter in Bad Kissingen. "Das hier ist meine Oase." Hier komponiert sie die Arrangements für ihren melodiösen Jazz, hier textet sie über alltägliche Dinge, hier arbeitet sie daran, dass ihre Stimme leicht, klar, schnörkellos klingt. "Die Stimme ist der Spiegel seiner selbst", sagt sie. Das passt. Silke Straubs Stimme ist ebenso gegensätzlich, wie ihr Charakter: Unbeschwert, klar und lebendig, aber auch gelassen und melancholisch.



Biografie und Musik

Silke Straub wurde 1970 in Bad Kissingen geboren und hat als Kind in Thulba gelebt. Sie besuchte die Realschule Bad Kissingen, machte ihr Fachabitur und eine Erzieherausbildung. Danach arbeitete sie als Kindergärtnerin in Garitz. Heute arbeitet sie als Jazzdozentin an mehreren Musikhoch- und Fachschulen in Nürnberg und Würzburg.

Als Teenager spielt sie im Jugendmusikkorps, mit 18 Jahren wird sie Sängerin in der Golden Brass Band. In dieser Zeit wird sie Jazz-Fan. Während ihrer Arbeit als Kindergärtnerin entschließt sie sich, Sängerin zu werden und studiert Jazzgesang in Nürnberg. Neben ihrer Tätigkeit als Dozentin singt sie in diversen Ensembles. 2014 hat sie ihre erste CD herausgebracht. Im Herbst folgt die Tour. Weitere Informationen finden Sie hier.

Ihr Erstwerk heißt Silk Street und ist über Amazon und in Bad Kissingen in den Buchhandlungen Reinisch und Schöningh erhältlich.