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Wie der Ganztagsunterricht im Gymnasium funktioniert


Autor: Elisabeth Assmann

Hammelburg, Donnerstag, 29. November 2012

Seit diesem Schuljahr bietet das Frobenius-Gymnasium eine gebundene Ganztagesklasse an. Ein Besuch zeigt, wie Lehrer und Schüler davon profitieren.
Ella, Luisa, Nicole, Selina beim Mittagessen im Gymnasium. Foto: Elisabeth Assmann


Es ist 12.15 Uhr. In der Kantine des Frobenius-Gymnasiums ist schon richtig was los. Die Schüler der Ganztagesklasse 5c nehmen gemeinsam ihr Mittagessen ein: Pizzabrötchen, Salat und Nachspeise. Gerade kommen die drei Tutoren der Klasse Johanna, Anne und Timothy in die Mensa und stellen vor, was sie sich für den Advent ausgedacht haben.
Nach dem Mittagessen können die Schüler die Bibliothek als Kreativraum für sich nutzen. Zwei Freundinnen bekleben Sterne mit Glitzerpailletten. Andere suchen gemeinsam Walter in einem Bilderbuch oder schmökern alleine in einem "Was ist was"-Buch. Der Großteil der Klasse begrüßt stürmisch die Tutorinnen Lena und Sina, mit denen die Schüler zum Basketball- und Fußballspielen nach draußen gehen.
Die Stimmung in der 5c ist entspannt, die Kinder fühlen sich in ihrer Klasse wohl.

"Der Unterricht am Nachmittag ist in der Ganztagesklasse viel gelöster als in manch anderen Klassen in der sechsten Stunde vormittags," kommentiert Mathematiklehrerin Silke Heid. "Deutsch um 15.30 Uhr ist gar kein Problem. Am Schluss wünschen die Schüler mir noch fröhlich einen schönen Nachmittag, freuen sich auf ihren eigenen und sind noch total wach," pflichtet Kollegin Jana Melzer bei. Fast ins Schwärmen gerät das Lehrerteam, wenn es seine positiven Erfahrungen schildert. So hat es sich bewährt, Kernfächer als Doppelstunden zu unterrichten. Das verringert den Vorbereitungsaufwand des Schülers für den nächsten Tag. Auch die gemeinsamen Teamsitzungen erleichtern den Umgang mit der Klasse.
"Man kann auf die Bedürfnisse der Kinder besser eingehen. Die Schwachen fallen eher auf und können unterstützt werden," sagt Schulleiter Helmut Schreiner. Er räumt aber ein: "Die Ganztagsschule ist nicht für jedes Kind geeignet. Es gibt sicher auch Kinder mit extremem Ruhebedürfnis, die am Nachmittag lieber ihre Hausaufgaben daheim erledigen möchten. Schön wäre es auch die positiven Erfahrungen der Ganztagesklasse auf die anderen Klassen zu übertragen. Alles ist aber vom Zeitaufwand nicht übertragbar."
Lehrerin Eva-Maria Lemmerich schätzt die Rhythmisierung des Schulalltags. "Die Schüler lernen das Organisieren und Lernen zu lernen." Durch den strukturierten Aufenthalt, den Wechsel von Unterricht, "Zebrastunden" und Freizeitangeboten können die Schüler angenehmer arbeiten. "Da die Ganztagsschüler auch die normalen zusätzlichen Angebote in Musik, Sport und Chor nutzen können, sind sie voll in das Schulleben integriert," erklärt Musiklehrer Andreas Strehler. Im Klassenzimmer der 5c sieht es gemütlich aus: Sitzkissen auf den Stühlen, ein buntes Regal für Materialien zur Freiarbeit. Im angegliederten Differenzierungsraum laden ein grün-weiß gestreiftes Sofa und farbige Sitzhocker ein, einen Teil der Mittagspause zu verbringen und sich auch zeitweise zurückzuziehen.
"Ich bin froh, dass ich unter der Woche daheim keine schriftlichen Hausaufgaben mehr machen muss. Das erledige ich in den Zebrastunden", sagt die zehnjährige Ella. In den "Zebrastunden" sollen Schriftliches und Lernstoff vertieft werden. Dazu steht neben dem Klassenzimmer ein Differenzierungsraum zur Verfügung. Auch für die Lehrer sind die "Zebrastunden" eine wertvolle Bereicherung. "Da bekommen wir leichter mit, was in anderen Fächern gerade läuft, und können unseren Unterricht und die Prüfungen darauf abstimmen", bemerkt Klassenleiterin Sonja Büttner.
Umstellungsschwierigkeiten von der Grundschule in die gebundene Ganztagesklasse gab es keine. Denn neun der 15 Schüler hatten schon vorher Betreuungsangebote der Schulen und Horte besucht. "Die berufstätigen Eltern wünschen sich so ein Angebot", sagt Schreiner. "Wir werden auch für das kommende Schuljahr die Ganztagesklasse in der fünften und sechsten Jahrgangsstufe anbieten. Ein Wechsel von der normalen in die Ganztagesklasse ist auch in der sechsten Klasse möglich."
Dass die neun zusätzlichen Lehrstunden für die Ganztagesklasse und die kleine Klassenstärke ein wertvolles Plus darstellen, ist allen Beteiligten klar.
Auch Eltern stehen dem Konzept des gebundenen Zuges positiv gegenüber: "Ich habe ein gutes Gefühl dabei, dass meine Tochter in der gebundenen Ganztagesklasse ist. Wir spüren, sie ist dort gut aufgehoben und fühlt sich wohl. Denn die Kinder haben Gelegenheit, auch privat Zeit miteinander zu verbringen", bestätigt Susanne Siebenlist den Eindruck vor Ort. Das stärke die Klassengemeinschaft, aber auch die Persönlichkeit des Kindes. Siebenlist fügt hinzu: "Auch daheim ist das Verhältnis in der Familie entspannter. Die Last des Lernens ist gemindert, und unsere Tochter hat mehr Lust, den Stoff selbstständig zu wiederholen."


So sieht der Tag aus

Von Montag bis Donnerstag sind die Kinder nachmittags bis 16 Uhr in der Schule. Freitags endet der Unterricht um 13 Uhr. Der Unterricht ist auf Vor- und Nachmittag verteilt. An vier Tagen gibt es je eine "Zebrastunde" zur selbstständigen Vertiefung des Unterrichtsstoffs.

In der Mittagspause werden die Kinder in Kooperation mit dem Kolpingwerk von Michaela Greim betreut. Unterstützt wird sie von drei Schülern der elften Klasse, die sich eine Stunde nach dem Mittagessen um die Schüler kümmern. Auch der TV/ DJK beteiligt sich: Fabian Hockgeiger macht im Rahmen seines freiwilligen sozialen Jahrs zwei Stunden Sport mit den Ganztagsschülern. Ein Team aus zehn Lehrern hat das auf das Gymnasium zugeschneiderte Modell entworfen.