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Wie das Museum zum Erlebnis wird


Autor: Werner Vogel

Aschach bei Bad Kissingen, Freitag, 03. Juli 2015

Für ein paar Stunden Schlossherr spielen durften Kinder der Franz-von Prümmer Schule im Aschacher Museum. Ein Kooperationsprojekt soll helfen, den Museumsbesuch auch für Menschen mit anderen Wahrnehmung interessant zu machen.
Moderne Technik macht die Vergangenheit lebendig: Studenten wollten als Bauer Ben und Bäuerin Tonia das Volkskundemuseum im Schloss Aschach via Laptop für die Kinder der Franz-von Prümmer Schule erlebbar machen. Foto: Werner Vogel


Ein Museum ist für alle da. Wie aber nehmen Menschen mit Beeinträchtigung wahr, was da gezeigt wird? Wenn verstehen nicht leicht fällt und wenn die Kommunikation, das Erlebte auszudrücken zum Problem wird? Studentinnen und Studenten im Fach Museologie der Uni Würzburg haben Antworten dazu gesucht. In einem Kooperationsprojekt mit dem Museum Schloss Aschach und der Franz-von- Prümmer Schule haben sie Ideen entwickelt, wie Museumsbesuche für Menschen mit anderer

Wahrnehmung zum Erlebnis werden können.
Im Schlosshof von Aschach trafen Museumsleiterin Annette Späth M.A., die Studierenden mit ihrer Dozentin, Museumspädagogin Simone Doll-Gerstendörfer und die Kinder der Förderschule mit ihren Betreuerinnen erneut aufeinander. Zum gegenseitigen Kennenlernen, um erste Eindrücke von den Museen im Schloss zu sammeln, hatte man als Einstieg in die Seminararbeit der angehenden Museumskundler vor einigen Wochen eine gemeinsame Führung organisiert.
Die Reaktionen der Kinder waren die Basis für Studenten, das museale Erlebnis anders aufzubereiten. Wie sah der Tagesablauf eines Bauern aus und wie lebte ein angehender Graf, was trennt, was haben sie gemeinsam und wie bringe ich das Kindern mit Handicap bei? Welche Medien setze ich ein, wie kann ich zum Mitmachen anregen? Viele kreative Ideen waren entstanden und bei der Projektvorstellung ganz erfolgreich mit den Kindern ausprobiert.

Ausprobieren statt zeigen

Nicht zeigen und erklären war angesagt, sondern mitmachen, ausprobieren, anfassen, fühlen, riechen und schmecken. Dazu hatten sich Benedikt aus Estenfeld wie ein Bauer und Tonia aus Kassel wie eine Bäuerin gekleidet. So zeigten sie den Kindern im Volkskunde Museum wie früher Gras gemäht, gebunden und getrocknet wurde.
Leon von der Prümmer Schule durfte den Bauernbuben Ludwig spielen und musste auf dem Feld mitarbeiten. Das Mähen mit der handgebauten Kindersense war gar nicht so einfach, stellten auch Isabell Anthony und Kay fest. Auch ein Weizenkorn aus der Ähre zu fingern, gelang nicht auf Anhieb und wie daraus Mehl, später Brotteig und endlich der Brotlaib wird, konnten die Kinder nicht nur sehen. Sie durften den Teig kneten und probieren. Daniela meinte zum Bauernbrot: "Schmeckt besser als daheim".
Ganz anders, nämlich vornehm ging's dann im Schloss zu. Man musste erst an der Haustürklingel ziehen, bevor beim Hausdiener die mitgebrachte Visitenkarte abgeben werden musste. Erst als die Kinder mit Umhang standesgemäß gekleidet waren, durften die noblen Räume betreten werden. Jetzt war Nils (erkennbar am Zylinder) der Grafensohn Karl, und die Kinder durften raten, was der Bauernbub Ludwig wohl zu essen bekam und was auf der Speisekarte von Karl stand. Brotsuppe und Kartoffel für Ludwig und Rebhuhn und Wein für Karl war schnell klar. Wie Melisse riecht und schmeckt, dass Lavendel Motten vertreibt und wie Kölnisch Wasser erfrischt, probierten die Kinder aus. "Genau das wollen wir", meinte Annette Späth, "als Museum auch einen kleinen Beitrag zur Inklusion leisten".
Zu Schluss sitzt Nils - jetzt wieder ohne Zylinder -, im Kreis am Boden im Hof, und spielt mit Isabell, Kay und Daniela das "Schlösschenspiel" mit Murmeln. Museumspädagogin Renate Kiesel meinte: "Jetzt sind sie so richtig angekommen und würden sich noch eine ganze Weile richtig wohlfühlen". Das hätten die Studenten richtig prima gemacht und auch sie habe für ihre Führungen wieder einiges dazugelernt.