Wettstreit auf 176 Tasten
Autor: Thomas Ahnert
Bad Kissingen, Dienstag, 19. Juli 2016
Das zweite Konzert gab Daniil Trifonov mit seinem Lehrer Sergej Babayan.
Jetzt also Lehrer und Schüler: Sergej Babayan und Daniil Trifonov -an zwei Flügeln im Rossini-Saal. Also zwei Leute, die ihre Stärken und Schwächen kennen und die so unabhängig voneinander sind, dass sie damit spielen können. Die beiden Steinway-Flügel auf dem Podium waren bestens aufeinander abgestimmt. Und gerade deshalb wurde einiges deutlich.
Die beiden Musiker verstehen das Spiel an zwei Flügeln nicht als Demonstration
größtmöglicher Synchronität - die sehen sie eher als Voraussetzung - sondern sie nutzen ihre Freiräume, um in dem engen Rahmen möglichst viel anders zu machen als der andere, Kopien zu vermeiden.
Das gab ihrem Spiel einen kaum spürbaren, aber ständig präsenten Überraschungsaspekt. Und noch etwas wurde aufgrund der gleichen technischen Voraussetzungen deutlich: Sergej Babayan mag es verzeihen, aber Daniil Trifonov hatte den differenzierteren Anschlag. Es fiel vor allem auf, wenn er eine Phrase nachspielte.
Man merkte am Zugriff, dass das Vergnügen mitspielte. Auch wenn der nicht ganz überdecken konnte, dass Robert Schumann bei seinem Andante und Variationen B-dur op. 46 trotz des vielversprechenden Titels nicht allzu viel eingefallen war. Umso mehr entschädigte Franz Schuberts Fantasie f-moll mit dem wunderbar singenden, innigen Thema, das in seiner Verletzlichkeit ungemein spannend in die bedrohlichen Zwischenspiele eingebettet war, sodass sein Auftauchen wie eine Erleichterung empfunden werden konnte. Der Satz hätte ruhig länger sein können.
Spielmusik für zwei Freunde der deftigen Rhythmen und Klangfarben waren fünf der Ungarischen Tänze von Johannes Brahms in der Originalfassung für zwei Klaviere. Da flogen die Bälle und kleinen Provokationen hin und her.
Der zweite Teil des Konzerts stellte den virtuosen Aspekt in den Vordergrund, wobei das Rondo des 18-jährigen Chopin nochj einen gemäßigten Salonstil spiegelte und babayan und Trifonov auch gar nicht versuchten mehr hineinzupacken als drin ist. Aber bei den beiden Suiten op. 5 und 15 von Sergej Rachmaninoff, da langten sie hin. Da wurde die Klaviermusik plötzlich sinfonisch, obwohl sie bei aller Wucht dank des gemeinsamen Atmens immer durchhörbar blieb. Da dröhnten die Osterglocken, da tobte die Tarantella, da feierte die Übersteigerung fröhliche Urständ.Da saß man davor und wusste nicht, wo man zuerst hinhören sollte.